Michael Breuninger bedauert, dass er die Module einfach installiert hat. Aber jetzt, sagt er, zieht er es durch. Foto: privat

Michael Breuninger aus Konstanz zieht wegen seines Balkonkraftwerks vors Landgericht in Karlsruhe. Der Fortgang ist längst nicht nur für den 62-Jährigen von Belang.

Michael Breuninger aus Konstanz hat jetzt nicht mehr nur Freunde in der Nachbarschaft. Mit manchen hat er es sich ganz schön verscherzt. „Nein, es ist keine gute Stimmung mehr.“ Auch durchs Telefon merkt man dem 62-Jährigen an, dass er das bedauert. Aber lockerlassen kann er jetzt trotzdem nicht mehr, sagt er. „Ich bin ja längst nicht mehr allein.“

Der Zuspruch von Menschen mit demselben Problem sei enorm. Er begreift sich als Pionier, der das grundsätzliche Recht auf ein Balkonkraftwerk klären will. Deshalb zieht er vors Landgericht in Karlsruhe. Seit 23 Jahren lebt Breuninger in einer Eigentumswohnung in Konstanz. Vor drei Jahren hat er sich ein Balkonkraftwerk gekauft, 2020 fiel die Versammlung der Eigentümergemeinschaft wegen Corona aus, 2021 sei sein Antrag mit zwölf zu acht Stimmen abgelehnt worden.

Im Februar 2022 dann der Überfall Putins auf die Ukraine und die damit verbundene Energiekrise. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe die Bevölkerung gebeten, den Waschlappen wiederzubeleben und Energie zu sparen. Michael Breuninger lässt deshalb sein Balkonkraftwerk mit einer Spitzenleistung von 600 Watt von einem Handwerker installieren und meldet es an. In der Rückschau eine „provokante Aktion“, wie er sagt.

Zweimal Ablehnung von den Eigentümern

Bei einer Versammlung im August 2022 kassierte Breuninger erneut ein Nein, diesmal elf zu neun. Außerdem verlangten die Miteigentümer in derselben Sitzung den Rückbau des Kraftwerkchens. Weil die Abstimmung allerdings vorab nicht wie vorgeschrieben, angekündigt war, ernten die Module nach wie vor am Balkon von Michael Breuninger Sonnenstrom.

Dass er das Kraftwerk bereits vor der Abstimmung aufgehängt hat, findet er heute falsch. Aber, sagt er, nun fechte er es durch bis zum Ende. Vor ein paar Tagen hat er eine Absage vom Amtsgericht bekommen. „Ein Amtsgericht kann nicht ein Bundesgesetz kippen“, sagt er. Deshalb zieht er weiter und hat Berufung eingelegt beim Landgericht Karlsruhe. Es könnte bis zu zwei Jahre dauern, bis das Thema verhandelt werde.

Balkonkraftwerke nutzen der Umwelt, sagt Breuninger

Seit sein Fall öffentlich geworden ist, könne er sich vor Unterstützung kaum retten. Es sei verrückt, was seither los sei. Ihm werde auch finanzielle Hilfe angeboten, berichtet Breuninger. Aber das wolle er nicht. Er trage die Kosten allein. „Ich gehe davon aus, dass wir irgendwann gewinnen werden.“ Sie seien etwas früh dran, in ein bis zwei Jahren sei der Widerstand vermutlich bereits geringer.

Dass es einen Bedarf gibt, schließt Michael Breuninger aus den Rückmeldungen. „Ich kämpfe längst nicht mehr um mein Balkonkraftwerk, sondern ums Grundsätzliche.“ Dass jeder das Recht habe, auf seinem Balkon oder an der Fassade Sonnenergie einzusammeln. „Wir tun ja auch was für die Umwelt“, findet er. Deshalb hält er den Kopf hin. Es gebe viele, „die wollen den Ärger in ihrer Eigentümergemeinschaft nicht, den ich jetzt habe“. Sollten seine Nachbarn verlangen, dass er seine Module abhängt, komme er dem nach. Dass das passieren werde, glaubt er indes nicht. Das würde doch einen Mordswirbel verursachen, auch schon im Jahr 2023.