Ein Spartipp ist, den Herd nach Hälfte der Garzeit abzudrehen. Aber schmecken die Nudeln dann auch? Foto: Adobe Stock/kazoka303030

Muss Pasta eigentlich wirklich minutenlang im sprudelnden Wasserbad sein, bevor sie al dente ist? Das sagen italienische Köche und Physiker dazu.

Die Anleitung auf der Nudelverpackung ist eindeutig: pro 100 Gramm Pasta einen Liter Wasser zum Kochen bringen, Salz hinzufügen, die Pasta zugeben und zehn Minuten sprudelnd kochen lassen. Ohne Deckel. Aber muss diese Energieverschwendung in Zeiten hoher Strompreise wirklich sein? Kann man Nudeln nicht auch energiesparender zubereiten? Das fragte sich vor einigen Wochen Giorgio Parisi, Physiknobelpreisträger aus Italien. Er kam zu dem Schluss: Man kann auch zur Halbzeit der angegebenen Kochdauer die Hitze abdrehen, einen Deckel auf den Topf geben und dann warten, bis die Restwärme im Wasser die Nudeln fertig gegart hat. „Bloß nicht!“, warnen seitdem italienische Sterneköche in den sozialen Medien. Die Nudeln würden so schrecklich gummiartig – und keinesfalls „al dente“. Was stimmt denn nun? Hier jedenfalls der Versuch einer Klärung.

Was passiert beim Nudelkochen eigentlich?

Wenn Nudeln getrocknet werden, verfilzen sich die Eiweißfäden darin zu einer Art Gerüst. Gibt man sie nun in kochendes Wasser, nehmen die Stärkekörnchen in den Nudeln durch die Hitze Wasser auf. Dadurch quellen sie auf und sprengen das Gerüst aus Eiweißfäden – die Nudeln werden weich.

Und dazu muss das Wasser die ganze Zeit kochen?

Nein, wenn das Wasser für rund fünf Minuten 71 bis 72 Grad hat, kann man die Hitze abdrehen und warten, bis die Nudeln weich sind. Das sagt auch Thomas Vilgis, Physiker am Mainzer Max-Planck-Institut und Autor des Buches „Perfektion Pasta“. Er sagt aber auch: „So kann man Nudeln weich kochen, aber nicht ,al dente‘.“ Denn damit der typisch italienische Biss in der Nudeln erhalten bleibt, darf ein Teil der Stärke im Inneren der Nudel nicht aufquellen. Und das gelingt nicht, wenn man diese gar ziehen lässt.

Ist das auch die einhellige Meinung italienischer Köche?

Nein. Guido Mondi, Chef eines italienischen Restaurants in Regensburg und Sprecher des Netzwerks „Echte Italiener“, sieht kein Problem darin, Nudeln die letzten paar Minuten bei ausgeschalteter Herdplatte fertig zu kochen – zumindest zu Hause. „Man muss aber daneben stehen und immer wieder probieren, damit man den ,al-dente‘-Zeitpunkt nicht verpasst.“ Für ein Restaurant sei das jedoch nicht zu leisten. „Aber wir kochen unsere Nudeln ohnehin nicht im Topf, sondern in einer Art Wasserkocher, und der läuft bei uns rund um die Uhr“, sagt Mondi.

Wie viel Strom spart das frühzeitige Ausschalten der Herdplatte?

Ein Physikerteam der englischen Nottingham Trent University hat den Energieverbrauch für das Kochen einer Portion (100 Gramm) Standardnudeln (zehn Minuten Kochdauer) aufgeschlüsselt: fünf Prozent Energieverbrauch für das Erhitzen des Topfes; 34 Prozent, um das Wasser zum Kochen zu bringen; ein Prozent, um die Nudeln zum Kochen zu bringen; 60 Prozent, um sie zehn Minuten lang zu kochen. Schaltet man den Herd nach der Hälfte der angegeben Kochzeit aus und nutzt die Restwärme, senkt man die Kochkosten um rund ein Drittel. Je nach Herd und Energiepreis kostet die klassische Zubereitung der Nudeln zehn Cent. Einspareffekt lediglich drei Cent. Nun isst aber vermutlich jeder der 84 Millionen Menschen in Deutschland mindestens einmal in der Woche Nudeln. Das spart dann wöchentlich schon 2,4 Millionen Euro an Stromkosten.

Bei One-Pot-Pasta werden die Nudeln in der Soße gekocht. Das spart Geschirr – und auch Energie?

Da bei diesen Rezepten nicht mehrere Liter Wasser erhitzt werden, um die Nudeln zu kochen, sondern lediglich die benötigte Soßenmenge, spart das auf jeden Fall Energie. „Man muss die Nudeln dabei aber regelmäßig probieren, ob sie schon fertig sind“, sagt Thomas Vilgis. Denn die Säure einer Tomatensoße oder zugefügtes Öl verändern die Kochzeit der Nudeln. „Ich mag diese Kochvariante deshalb nicht gern“, so Vilgis. Auch davon, die Nudeln über Nacht einzuweichen, um die Kochzeit zu reduzieren – ein Tipp aus dem Internet – rät er ab. „Durch das lange Einweichen löst sich viel zu viel Protein aus der Nudel.“ Werden die Nudeln nach dem Einweichen erwärmt, bleibe nur noch eine breiige Konsistenz übrig. Vilgis empfiehlt, die Nudeln in der Pfanne zu kochen, mit wenig Wasser. „Um das zu erhitzen, brauche ich kaum Energie. Die Nudeln muss man aber regelmäßig umrühren dabei.“ Wenn sie „stark al dente“ sind, gibt er die Soße zur Pasta in die Pfanne und kocht die Nudeln zu Ende. „So habe ich die Stärke aus dem Nudelwasser mit drin, um die Soße zu binden.“ Pasta und Soße werden dabei wie in Italien üblich vermengt. „Einen Berg Nudeln auf den Teller und dann einen Klecks Soße obendrauf, so essen das nur die Deutschen“, sagt Vilgis.

Muss man Nudeln für einen Auflauf vorkochen – oder kann man sich die Energie sparen?

Sind die Nudeln ausreichend mit Flüssigkeit bedeckt, werden sie auch im Ofen gar. Auch hier gilt: öfter mal probieren. Und nur nutzen, wenn die Nudeln überbacken werden sollen. Denn der Backofen verbraucht mehr Strom als der Herd – einfach nur Nudeln mit Tomatensoße gehören also nicht hinein.

Wasser im Wasserkocher erhitzen: Was bringt der bekannteste Energiespartipp?

Beim Wasserkocher wird weniger Abwärme freigesetzt als beim Kochen im Topf, weshalb Wasserkocher Wasser tatsächlich sehr effizient erhitzen können. Der Energiebedarf, um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen, liegt laut Stiftung Warentest bei 0,115 Kilowattstunden. Auf dem Elektroherd sind es 0,208 Kilowattstunden, auf dem Induktionskochfeld 0,123 Kilowattstunden. Wer einen Elektroherd nutzt, kann demnach im Jahr etwa zehn Euro bei der Stromrechnung einsparen, wenn er einen Liter Wasser täglich im Wasserkocher statt auf dem Herd erhitzt.