Könnte aus dem Abwasser – im Bild die Kläranlage Stetten – Wärmeenergie gewonnen werden? Diese Frage beschäftigt den Gemeinderat in Leinfelden-Echterdingen. Foto: Thomas Krämer

Die Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen sehen keine Möglichkeit, Energie aus Abwasser zu gewinnen – und dabei wirtschaftlich zu bleiben. Teile des Gemeinderates wollen das Thema trotzdem weiter vorantreiben.

Die Technik hat zweifellos ihren Charme. Das genutzte Wasser, das aus Wohnungen und Betrieben als Abfallprodukt in die Kanäle gespült wird, beinhaltet immer noch Energie in Form von Wärme. Selbst im tiefen Winter ist das Abwasser noch sieben bis acht Grad Celsius warm. Diese Wärme kann genutzt werden, um Gebäude zu beheizen.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Dieses Haus produziert mehr Energie als es verbraucht

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte beantragt, dass die Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen untersuchen, ob die Energiegewinnung aus Abwasser in der Stadt möglich ist. Am vergangenen Dienstag präsentierte der Leiter der Stadtwerke, Peter Friedrich, seinen Bericht dazu. Er ist skeptisch, dass die beschriebene Technik in Leinfelden-Echterdingen sinnvoll zum Einsatz kommen kann. Vor allem wirtschaftliche Gründe sprechen aus Friedrichs Sicht dagegen.

Der Haken: die Abwassermengen sind zu gering

„Wenn ich große Abwassermengen habe, geht es relativ gut“, erklärte der Stadtwerkeleiter. Doch genau das ist einer der großen Haken in Leinfelden-Echterdingen. Die Abwassermengen sind in der Stadt laut Friedrich zu gering, was auch daran liegt, dass ein Teil des Abwassers aus Leinfelden-Echterdingen aus topografischen Gründen nach Möhringen läuft. Hinzu komme, dass die Technik nur sinnvoll einzusetzen sei, wenn die angeschlossenen Gebäude sehr gut isoliert seien.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Damit die Energiewende vor Ort gelingt

Mehrere Bereiche in der Stadt wurden genauer unter die Lupe genommen. „Das Thema beschäftigt uns seit zehn Jahren“, meinte Friedrich. Zu den untersuchten Bereichen zählt die Kläranlage in Musberg, das neue Jugendhaus in den Schelmenäckern, der Neubau der Stadtwerke, die Bernhäuserstraße in Stetten und eine Bebauung in der Kläranlage in Stetten. Doch alle untersuchten Bereiche seien unterm Strich nicht für den Einsatz der Technik geeignet, befand Friedrich.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Zwei Stadtwerke landen fast zeitgleich in der Zukunft

Der Stadtwerkeleiter erklärte, dass die Wärmerückgewinnung aus Abwasser technisch in einigen Bereichen Leinfelden-Echterdingens zwar möglich sei. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sei sie aber wirtschaftlich nicht sinnvoll. „Man kann es trotzdem machen“, stellte Friedrich klar. Sollte die Technik trotzdem zum Einsatz kommen, könne dies vom Gemeinderat im Rahmen eines Richtungsentscheids beschlossen werden. „Das haben wir im Moment nicht“, sagte er.

Technisch möglich ist die Wärmerückgewinnung, aber nicht wirtschaftlich

Diesen Gedanken griffen Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf. „Das Fazit ist spannend“, meinte der Stadtrat David Armbruster. Die Wärmerückgewinnung aus Abwasser könne für den Klimaschutz eingesetzt werden, auch wenn es zunächst nicht ökonomisch sei. „Da wird Wärme verschwendet“, verdeutlichte er. Die Stadt müsse außerdem gemäß Landesvorgabe bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein. Dafür sei noch einiges zu tun.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Kleine Zäsur auf dem Weg zur Energiewende

Armbrusters Fraktionskollege Frank Mailänder kritisierte, dass dem Bericht des Stadtwerkeleiters Friedrich ein Gutachten aus dem Jahr 2010 zugrunde lag. „Die Effizienzen werden immer besser“, meinte er. Würde dasselbe Gutachten heute erneut erstellt, würde es anders aussehen, vermutete Mailänder. Dem entgegnete Friedrich, dass die Physik sich in den vergangenen zehn Jahren nicht verändert habe. „Die Studie ist noch genauso gut wie vor zehn Jahren“, sagte der Stadtwerkeleiter.