Die EnBW sieht sich gerüstet für die drohende Energiekrise. Foto: picture alliance / dpa/Uli Deck

Die EnBW sieht die gegenwärtige Gasknappheit als vorübergehend an und rüstet Kohlekraftwerke auf Gas um. Der Vorstand schließt höhere Preise für Kunden nicht aus.

Trotz ausbleibender Erdgaslieferungen aus Russland und daraus resultierender Gasknappheit hält der Karlsruher Energiekonzern EnBW an seinem Vorhaben fest, seine Kohlekraftwerke auf Erdgas umzurüsten. Gas sei die beste Alternative als Brückentechnologie hin zu einer grünen Energieversorgung, sagte das zuständige EnBW-Vorstandsmitglied Georg Stamatelopoulos im Gespräch mit unserer Zeitung. „Gas verursacht viel weniger CO2-Emissionen als Kohle. Und es ist keine Sackgassentechnologie, weil wir in denselben Kraftwerken eines Tages grüne, mithilfe von Ökostrom hergestellte Gase einsetzen können. Die Anlagen, die wir im Begriff sind zu bauen, werden auf Wasserstoff umgestellt, sobald er in ausreichendem Maß verfügbar ist“, so der Leiter der Task Force Ukraine. „Deshalb halten wir an unseren Projekten fest.“

„Gas aus dem Mittelmeer oder der Nordsee“

Die EnBW gehe zudem davon aus, dass „die Gasknappheit voraussichtlich nur in diesem und im kommenden Winter eine Rolle spielen wird“, prognostizierte Stamatelopoulos, da der Aufbau einer Infrastruktur für verflüssigtes Erdgas – sogenanntes LNG – sichtbar vorankomme. Zugleich regte der Manager eine europäische Gasförderung an: „Man könnte übrigens auch erwägen, in Europa neue Gasquellen zu erschließen, beispielsweise im Mittelmeer, oder wieder Gas aus der Nordsee zu fördern.“

Weitere Preiserhöhungen für EnBW-Kunden konnte das Vorstandsmitglied nicht ausschließen. „Wir beziehen auch jetzt schon Gas zu höheren Preisen“, betonte Stamatelopoulos, „und wenn die Beschaffungskosten so hoch bleiben oder sogar noch weiter steigen, wird es sehr schwierig, den Preis zu halten.“ Der Konzern hatte bereits zweimal in diesem Jahr die Gaspreise erhöht – im Januar zunächst um etwa 19, dann im Mai nochmals um bis zu 34,8 Prozent.

„Reservekraftwerke innerhalb weniger Stunden im Betrieb“

Gegenüber einer Laufzeitverlängerung des letzten in Baden-Württemberg verbliebenen Atomreaktors Neckarwestheim 2 zeigte sich Stamatelopoulos kritisch. „Alle Prozesse bis hin zu den personalwirtschaftlichen laufen auf die Abschaltung Ende 2022 hinaus.“ Er schränkte allerdings ein: „Aber natürlich wären wir bereit, in einer Notsituation zu tun, was wir können – wenn die Politik meint, dass das erforderlich ist.“ Der Betrieb der EnBW-Kohlekraftwerke – um die Lücke bei der Stromerzeugung durch den Erdgasmangel zu schließen – sei indes gesichert, betonte Stamatelopoulos. „Wir sind darauf vorbereitet, die komplette installierte Leistung unserer Kohlekraftwerke in Baden-Württemberg zur Verfügung zu stellen.“ Auch die Reservekraftwerke könnten „in wenigen Stunden“ hochgefahren werden.

Uniper bittet Staat um Hilfe

Angesichts der drohenden Energiekrise hat der Bundesrat den Einsatz von mehr Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung am Freitag gebilligt, nachdem der Bundestag zuvor dafür votiert hatte. Zudem sollen Hilfen des Bundes für angeschlagene Energieversorger erleichtert werden. Der in Finanzschwierigkeiten steckende Konzern Uniper hat am Freitag bei der Bundesregierung bereits einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt.