Fitnessgeräte mit Stellwänden ersetzen in der Mannheimer Kunststraße nun Parkplätze. Foto: Julius Paul Prior/Julius Paul Prior

Ein Fitness-Parcours in der Mannheimer City soll den Verkehr beruhigen und Passanten zum Sport animieren. Doch die Kritik ist vernichtend.

Wie wäre es mit ein paar Freiübungen auf der „schwebenden Plattform“ und anschließend einem lässigen Gang über das „Balancier-Kantholz“? Oder doch lieber ein kleines Dribbling mit dem Ball entlang der Bordsteinkante und noch ein wenig Oberschenkelwippen auf der Fitness-Bank? Das alles ist seit ein paar Wochen problemlos möglich, mitten in der Mannheimer City.

Kurzzeitparkplätze ersetzt

Die Stadt hat dafür in der Kunststraße, der laut Duden ältesten Geschäftsmeile der Kurpfalzmetropole, etliche Kurzzeitparkplätze frei gemacht und mit Stellwänden, ein paar Geräten und einem schrill-grünen Teppich eine Art Fitness-Parcours installiert. Die nicht allzu verlockend wirkende Anlage ist Teil eines größeren Experiments, dessen Ziel es ist, die Stadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten. „Es ist ein innovativer Versuch“, erklärt die Pressesprecherin von Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD), aus dessen Dezernat die Idee stammt. „Wir wollen damit mehr Freiräume und Anregung zur Bewegung für Passanten schaffen.“

Die allerdings haben für die amtlichen Bemühungen bislang allenfalls ein müdes Lächeln übrig. Man kann fragen, wen man will, und auch bei schönstem Wetter stundenlang auf die erhoffte Fitnesskundschaft warten: Es findet sich niemand, der beim Schaufensterbummel ein paar Kniebeugen machen oder beim Bankdrücken am Straßenrand kurz die Muskeln stählen möchte. „Die Leute schütteln nur die Köpfe“, hat der „Mannheimer Morgen“ festgestellt. „Die Bemühungen der Stadtoberen, die Innenstadt zu ruinieren, wurden um ein weiteres Projekt bereichert“, schreibt ein Lokalzeitungsleser.

Die betroffenen Einzelhändler, deren Läden – durchweg alteingesessene Fachgeschäfte – nun hinter den Sichtschutzwänden der Anlage so gut wie unsichtbar geworden sind, klagen über massive Umsatzeinbußen. „Die Geräte werden praktisch nicht genutzt; so etwas Sinnloses mit Steuergeldern zu finanzieren, da fehlen mir die Worte“, sagt Christian Bausback, Inhaber eines 75 Jahre alten Teppichgeschäfts. Die Kunststraße habe gerade Corona überlebt, „und jetzt ist die Stadt dabei, den Handel mit aller Gewalt kaputt zu machen“, meint er.

Händler fühlen sich übergangen

„Wir werden als Händler überhaupt nicht zur Kenntnis genommen“, sagt auch Rosy Knoll, Inhaberin eines Bettenfachgeschäfts schräg gegenüber. „Was mich furchtbar aufregt, ist, wenn die Obrigkeit uns nicht einmal fragt, ehe sie uns eine derartige Missgeburt vor die Tür stellt“, gesteht sie. „Ein Kunstwerk“ statt der Fitnessgeräte wäre ihr Vorschlag gewesen. Fürs Erste versucht sie es mit Humor. In der Lokalzeitung hat sie eine Anzeige veröffentlicht: „Erst turnen in der Kunststraße und dann direkt zu Betten Knoll“, rät ein dickes Schäfchen und hüpft vom Reck direkt auf die Komfortmatratze.

Indessen hat die CDU eine offizielle Anfrage an Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) geschickt, um in Erfahrung zu bringen, wer die Aufgabe der Parkplätze beschlossen und was das Projekt bisher gekostet hat. Am 8. November, in einer Sitzung des zuständigen Ausschusses, soll die Antwort kommen.