Gitarrist Philipp Feldtkeller, Sänger und Laudator Dieter Thomas Kuhn und die Preisträgerin, die Tübinger Ärztin Lisa Federle, auf der Bühne der Barbara-Künkelin-Halle Foto: Gottfried Stoppel

Der mittlerweile 20. Barbara-Künkelin-Preis geht an die Ärztin Lisa Federle aus Tübingen. Die 61-Jährige hat zur Zeremonie in Schorndorf den Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn mitgebracht, dazu gibt es amüsante Anekdoten über Jan Josef Liefers oder Boris Palmer.

Eine derart launige Zeremonie mit amüsanten Einlagen, ernsten Passagen, ergreifenden Appellen und chansonesken Schlagern hat es wohl noch nie gegeben in der knapp 40-jährigen Geschichte des Barbara-Künkelin-Preises. Zur Unterstützung mitgebracht hat die Ärztin Dr. Lisa Federle bei dieser 20. Verleihung des Preises zwei Musiker: Neben ihr auf dem Podium der Schorndorfer Barbara-Künkelin-Halle sitzen Popmusiker und Barde Dieter Thomas Kuhn und Gitarrist Philipp Feldtkeller.

Autobiografie: „Auf krummen Wegen geradeaus“

Das Trio harmoniert bestens – kein Wunder, da die drei seit eineinhalb Jahren immer wieder mit Federles Autobiografie „Auf krummen Wegen geradeaus“ unterwegs sind. Kürzlich erlebte als Augenzeugin Elsbeth Rommels, Vorsitzende des Preisgerichts, im Stuttgarter Theaterhaus „echte weibliche Fans, die standen Schlange, um mit Dieter Thomas Kuhn ein Selfie zu machen, unglaublich, wie die Mädchen und Frauen aufgeblüht und aus dem Theaterhaus rausgeschwebt sind“.

Doch im Mittelpunkt in Schorndorf steht natürlich die Preisträgerin Federle. 2015 entwickelte sie die „rollende Arztpraxis“ für Geflüchtete. Ihre umfangreiche Teststrategie nach Ausbruch der Pandemie fand als „Tübinger Modell“ Resonanz in den Medien bis nach Japan. Dabei musste Federle oft heftigen Gegenwind aushalten. Rommel blickt zurück auf die bisherigen Preisträgerinnen: „Diese Reihe der vorbildhaften Widerständlerinnen setzen Sie fort, Frau Dr. Federle!“

Die 61-jährige Ärztin gibt Einblicke in ihre Anfänge im pietistischen Elternhaus. Sie bleibt zweimal sitzen, wird mit 17 „sofort schwanger“ und zum zweiten Mal mit 19. Es folgt die Mittlere Reife „und das dritte Kind“, mit 30 das Abitur, das Medizinstudium, das vierte Kind „und mit 37 war ich Ärztin“. Federle erzählt bei allem Ernst auch lustige Begebenheiten: Etwa als Schauspieler Jan Josef Liefers, mit dem sie gemeinsam mit Fernsehmoderator Michael Antwerpes den Verein „Bewegt euch“ gegründet hat, vor dem Notartermin am nächsten Tag im Gästezimmer der Ärztin übernachtete – und am Morgen prompt in Shorts und mit verstrubbelten Haaren im voll besetzten Wartezimmer landete und spontan auf die verblüfften Patienten reagierte: „Guten Morgen, wissen Sie, wo hier die Toilette ist?“

Reihenweise ohnmächtige Mädchen

Als Laudator erinnert Dieter Thomas Kuhn, wie er Lisa vor 30 Jahren in der Tübinger Kneipenszene kennenlernt hat „als jüngste Wirtin, das hat dich damals schon zur Legende gemacht“. Und sie wiederum half kurze Zeit später als junge Rettungsärztin bei Kuhns Konzerten aus. „Ich dachte, ich könnte dort seine Lieder anhören, aber die Mädchen wurden eine nach der anderen ohnmächtig“, erzählt sie lachend.

Kuhn berichtet von den gemeinsam organisierten Corona-Testreihen auf dem Tübinger Marktplatz mit 400 Meter langen Menschenschlangen. Und er schildert schelmisch die Geburtstagsfeier des gemeinsamen Freundes Boris Palmer, der reichlich Apfelsaft, aber bei 26 Grad Außentemperatur nur eine auf dem Balkon bereitstehende Kiste alkoholfreies Weizen vorrätig hatte.

„Schillernd wie ein Regenbooooogen“

Zwischendurch stimmt Kuhn Lieder wie Reinhard Meys „Über den Wolken“ an, bei dem fast der ganze Saal mitsingt, inklusive des „Tremolo-O“ bei „schillernd wie ein Regenboooogen“. Kuhns Fazit kurz vor der Übergabe der Urkunde und Medaille durch OB Bernd Hornikel: „Dieser Barbara-Künkelin-Preis heute kommt in die goldrichtigen Hände – Lisa, du hast es verdient!“

Stiftung Barbara-Künkelin-Preis

Barbara-Künkelin
Seit dem Jahr 1984 wird der von Schorndorfs Ehrenbürger Fritz Abele gestiftete Barbara-Künkelin-Preis an Frauen verliehen, die Mut beweisen, die Missstände aufzeigen, unbequeme Wahrheiten aussprechen, die gegen den Strom schwimmen und sich für die Zukunft einsetzen.

Stadtheldin
Erinnert wird damit an die „Stadtheldin“ Anna Barbara Walch-Künkelin. Die Gattin des damaligen Bürgermeisters führte 1688 den Aufstand der sogenannten Schorndorfer Weiber an und verhinderte so die Kapitulation Schorndorf vor den französischen Truppen des Generals Mélac im Pfälzischen Erbfolgekrieg.

Preisträgerinnen
Zuletzt mit dem Preis ausgezeichnet wurde 2021 die ZDF-Journalistin und Fernsehmoderatorin Dunja Hayali (Morgenmagazin, Sportstudio, heute-journal). Weitere bekannte Namen waren Sabine Costabel (2018), Anja Reschke (2016), Suzanna Lipovac (1994) oder Marie Marcks (1988).