Im Winter sinkt die Reichweite von Elektroautos um durchschnittlich 20 Prozent. Foto: imago images/Joerg Boethling

Geringere Reichweite, längere Ladezeiten: Wer ein Elektroauto fährt, muss sich im Winter auf einige Veränderungen einstellen. Mit ein wenig Übung lassen sich viele Probleme aber vermeiden.

Stuttgart - Das Elektroauto wird immer beliebter. Rund 1,1 Millionen Käufer entschieden sich laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) allein im vergangenen Jahr für einen alternativen Antrieb. Im Winter zeigen sich manche Tücken, die man jedoch gut in den Griff bekommen kann.

Warum sinkt die Reichweite im Winter?

Anders als beim Verbrennungsmotor entsteht bei Elektroautos keine Abwärme. Um den Innenraum zu heizen, müssen E-Autos also Strom aus ihren Akkus ziehen. Auch die Batterie an sich muss auf Betriebstemperatur gebracht werden. Generell gilt: je niedriger die Außentemperatur, desto höher der Verbrauch.

Wie groß sind die Einbußen?

Im Winter sinkt die Reichweite von Elektroautos um durchschnittlich 20 Prozent. Das legt ein Praxistest des norwegischen Automobilclubs NAF von 2020 nahe. Die 20 getesteten Modelle unterschieden sich erheblich. So büßte der Opel Ampera-e bei Eis und Schnee 30 Prozent seiner Normreichweite ein, beim Tesla Model S waren es 26 Prozent. Am besten schnitt der Hyundai Kona ab (minus neun Prozent).

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Wie lässt sich die Reichweite erhöhen?

Grundsätzlich hilft es, den Ökomodus zu aktivieren, um weniger Energie zu verbrauchen. Statt die Heizung voll aufzudrehen, lieber nur 20 Grad einstellen und stattdessen die Sitzheizung nutzen. Diese verbraucht deutlich weniger Strom. Wer alleine unterwegs ist: „Driver only“-Funktion nutzen. So wird der Beifahrerbereich nicht beheizt. Wer zu Hause eine Wallbox hat, kann das Auto schon vor dem Losfahren aufwärmen.

Spart man mit Lichtausstellen Strom?

„Energie zu sparen darf niemals auf Kosten der Sicherheit gehen!“, warnt der ADAC. So sollten Scheiben stets eis- und beschlagfrei sein. Auch am Licht dürfe keineswegs gespart werden. Der dafür benötigte Strom sei ohnehin minimal.

Dauert das Aufladen an einer Ladestation bei Kälte länger?

Ja, vor allem, wenn man kurz vor dem Losfahren lädt, also der Akku noch kalt ist.

Wie beschleunigt man die Ladezeiten?

Indem man erst lädt, wenn das Auto aufgeheizt ist – also möglichst nach einer längeren Fahrt. Auch bei schnellen Autobahnfahrten über eine längere Zeit erwärmt sich der Akku (wenngleich dadurch auch mehr Strom verbraucht wird). Manche Fahrzeuge wärmen die Batterie automatisch vor, wenn ein Ladestopp im Navi eingeplant ist.

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Muss ich Angst haben, dass im Stau die Batterie leer wird?

In der Regel nicht, weil E-Autos im Stand nur wenig Strom verbrauchen. Der ADAC hat dazu im vergangenen Jahr einen Test gemacht. Ein Renault Zoe und ein VW e-Up standen zwölf Stunden im Freien. Heizung und Standlicht waren eingeschaltet, die Außentemperaturen lagen zwischen minus neun und minus 14 Grad Celsius. Nach zwölf Stunden waren 70 Prozent des Akkus beim Renault Zoe und 80 Prozent beim VW e-Up verbraucht. „Unser Test zeigt, dass die Urangst, im Stau liegen zu bleiben, unbegründet ist“, sagt ADAC-Sprecherin Katja Legner. Natürlich kommt es darauf an, wie voll der Akku zu Beginn des Staus ist – genau wie beim Benzintank.

Warum liegt an Ladestationen oft Schnee?

Immer wieder kommt es vor, dass Stromtankstellen entlang der Autobahnen nicht oder nur unzureichend geräumt werden. Die Verantwortung dafür schieben die Beteiligten gerne hin und her. Das Raststätten-Konsortium Tank & Rast verweist auf die Autobahn GmbH, die für Verkehrsanlagen zuständig sei. Diese wiederum antwortet, die Konzessionsnehmer organisierten den Winterdienst auf ihrem Gelände in der Regel selbst. Wer im Winter nicht liegen bleiben möchte, packt am besten eine Schaufel ein, um die Stromquelle im Notfall selbst freiräumen zu können.

Darf ich mein Elektroauto mit fast leerem Akku abstellen, wenn es friert?

Besser nicht. Da sich Akkus geringfügig selbstentladen, kann es sonst vorkommen, dass das Auto am nächsten Morgen nicht mehr startet. Um die Lebensdauer zu erhöhen, sollte der Akku beim Parken noch mindestens 20 Prozent voll sein, egal ob im Sommer oder Winter. Unterschreitet man diese Werte, kann das mitunter sogar zu Garantieverlust führen.

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Was sollte man sonst noch beachten?

Die altbekannten Wintertipps von Verbrennern treffen auch auf batteriebetriebene Fahrzeuge zu: Winterreifen benutzen, Luftdruck kontrollieren, Schnee vorm Losfahren vom Auto fegen. Dichtungen und Gummis mit Pflegemittel einsprühen, damit sie nicht spröde werden. So gehen Tür und Ladeklappe auch bei Minusgraden noch auf.

Hat ein Elektroauto im Winter Vorteile?

Vom Wegfall schädlicher Abgase einmal abgesehen: Im Gegensatz zum Verbrenner läuft die Heizung im E-Auto direkt nach dem Anschalten. Das verbraucht zwar Strom, schafft aber sofort Wärme. Dadurch heizt sich nicht nur der Innenraum schnell auf, sondern auch die Frontscheibe: Im E-Auto gehört Eiskratzen der Vergangenheit an.