Josef Ackermann: selbstzufrieden in seiner Zeit als Chef der Deutschen Bank Foto: ZDF/Tobias Lenz, Autorenkombinat

In der Doku „Zeit der Gier – Josef Ackermann und die Deutsche Bank“ in der ZDF-Mediathek werden Aufstieg und Fall eines Managers aufgearbeitet.

Kann ein Banker ein ehrlicher Kaufmann sein? Das ist angesichts der Macht der globalen Finanzwirtschaft eine ziemlich drängende Frage. Josef Ackermann, der in heftiges Zwielicht geratene frühere Chef der Deutschen Bank, hat darauf eine Antwort, die so stabil ist wie Butter in einer sehr heißen Pfanne. „Man muss moralisch sein, ethisch hochstehend, aber man hat auch eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und Aktionären“, sagt er leise, verständig, mit einem weltmüden Schmunzeln abgeklärter Nachsicht gegenüber eifernden Moralisten. „Sie können nicht immer der bestmögliche Bürger sein und gleichzeitig im Wettbewerb stehen.“

Das klingt sehr pragmatisch, aber Egmont R. Kochs wichtiger Dokumentarfilm „Zeit der Gier – Josef Ackermann und die Deutsche Bank“ ordnet das gut ein. Ackermann, von 2002 bis 2006 Vorstandssprecher der Deutschen Bank und von 2006 bis 2012 ihr alleiniger Vorstandsvorsitzender, sagt letztlich, eine Bank könne immer nur so seriös sein wie der Markt, in dem sie sich bewegt. Diesen Finanzmarkt selbst um einiges unseriöser gemacht, die Zockermentalität und den gemeingefährlichen Handel mit Schrottprodukten vorangetrieben zu haben, wird dem mittlerweile 74-jährigen Ackermann jedoch vorgeworfen. „Zeit der Gier“ zeichnet die Ära Ackermann nach – den Aufstieg der Hausbank der deutschen Wirtschaft zum Global Player, den Einstieg ins globale Investment-Roulette, das Hochschnellen der Bankaktie und ihren Absturz.

Ein Opfer gieriger Untergebener?

Dieser Wirtschaftskrimi ist mehr als einmal erzählt worden. Ackermann schien bislang der elegante Zyniker, der mit dem Victory-Zeichen Regelverstöße, Wertezersetzung und Opferklagen kommentierte. Für Kochs „Zeit der Gier“ hat sich Ackermann erstmals zu einem Interview vor die Kamera gesetzt, das er selbst nonchalant aus dem Mundwinkel eine Beichte nennt. Dabei ist es das Gegenteil davon, auch wenn er Fehler eingesteht. Ackermann zeichnet sich als Manager, dem seine gierigen Untergebenen und Fachbereichsleiter aus dem Ruder liefen, der teils hintergangen wurde und teils in einem Markt des Wahnsinns so wenig den Kurs bestimmen konnte wie der Kapitän eines kleinen Kutters im großen Sturm.

Man muss das nicht alles glauben. Aber es ist spannend zuzuhören, wie jener Banker, der das irrwitzige Ziel einer 25-Prozent-Rendite ausgab, sich leise, charmant, sensibel und unaufgeregt geriert. Man versteht sehr viel besser, warum nicht mehr Politiker, Finanzexperten, Medien früher alarmierter von seinem Treiben waren. Später haben amerikanische und europäische Bankenaufsichten das Treiben seines Hauses zumindest teilweise aufgearbeitet. Schmerzhafte Strafzahlungen und Entschädigungen wurden fällig.

Abladen der Verantwortung

Der Dokumentarfilmer Egmont R. Koch („Seveso ist überall“) setzt ein mit Handyaufnahmen einer großkotzigen Party der Banker, Go-Go-Girls inklusive. Es folgt aber keine saftige, bissige Polemikshow, sondern ein eher noch zurückhaltender Abriss der großen Finanzschwindler-Ära. Auch behält Koch im Blick, dass Leute, die im Bankengeschäft weiter Karriere machten, nun nachträglich gerne Verantwortung für Verfehlungen und Entgleisungen bei Ackermann abladen. Auch Ackermann selbst ätzt, dass nun Leute, die er wegen mangelnder Qualifikation nicht habe vorankommen lassen, schräge Bilder der Verhältnisse lieferten. Daraus nimmt man die Beunruhigung mit, dass Banker, die vom skrupellosen Zockermarkt geprägt wurden, weiterhin aktiv sind.

Zeit der Gier – Josef Ackermann und die Deutsche Bank. Abrufbar hier in der ZDF-Mediathek.