Selenskyj hofft auf Waffenhilfe aus Südkorea. (Archivbild) Foto: Susan Walsh/AP/dpa

Die USA gehen von einem baldigen Einsatz tausender Soldaten aus Nordkorea in der Ukraine aus. Der ukrainische Präsident Selenskyj bittet im Gegenzug Südkorea um Waffenhilfe.

New York/Kiew - Nach Ansicht der USA stehen nordkoreanische Soldaten an der Seite Russlands kurz vor ihrem Einsatz im Krieg gegen die Ukraine. Bis zu 8.000 befinden sich demnach nahe der ukrainischen Grenze. "Wir gehen jetzt davon aus, dass sich insgesamt etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten in Russland befinden, und den neuesten Informationen zufolge wurden bis zu 8.000 dieser nordkoreanischen Streitkräfte in der Region Kursk stationiert", sagte US-Außenminister Antony Blinken. Zwar habe die US-Regierung noch keine Kampfhandlungen der Nordkoreaner gegen ukrainische Streitkräfte gesehen, "aber wir gehen davon aus, dass dies in den nächsten Tagen geschieht", so Blinken weiter. Ein solcher Einsatz würde die Truppen zu legitimen Zielen im Krieg machen. Es sei das erste Mal seit 100 Jahren, dass Russland ausländische Truppen in sein Land eingeladen habe.

Unklar blieb, ob nordkoreanische Soldaten zu Kampfhandlungen auf ukrainischem Staatsgebiet eingesetzt werden könnten oder in von der Ukraine besetzten Gebieten in Russland kämpfen sollen. Auch ist nach Angaben von UN-Diplomaten möglich, dass die Nordkoreaner hinter der Front eingesetzt werden und dort etwa logistische Aufgaben übernehmen könnten.

Selenskyj hofft auf Waffenhilfe aus Südkorea

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft in diesem Zusammenhang auf Militärhilfe aus Südkorea. "Wir werden über Waffen reden", kündigte Selenskyj auf seinem Telegram-Kanal an. Die Ukraine sei stark an der Hilfe interessiert, speziell an Artillerie und Flugabwehr. 

Seinen Angaben nach befinden sich etwa 3.000 nordkoreanische Soldaten in russischen Ausbildungslagern für den Krieg. Ihre Zahl werde bald auf 12.000 steigen, schrieb Selenskyj. Zudem verhandelten Moskau und Pjöngjang über die Entsendung von Pioniertruppen sowie Zivilisten für die Arbeit in russischen Rüstungsbetrieben.

Selenskyj gab auf Telegram die aus seiner Sicht wichtigsten Punkte seines Interviews mit dem südkoreanischen Fernsehsender KBS wieder. Demnach nutzt der Kreml die Soldaten aus Nordkorea, um eine unpopuläre Mobilmachung im eigenen Land zu vermeiden, die ansonsten wegen der hohen Verluste nötig wäre. "Nordkorea ist für (Kremlchef Wladimir) Putin ein Ausweg." 

Putin teste die Reaktion des Westens, der Nato und Südkoreas und werde, wenn möglich, noch mehr Soldaten aus Nordkorea für den Krieg rekrutieren. Für Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un habe die Entsendung den Vorteil, dass seine Armee kriegserprobt werde vor einer möglichen Auseinandersetzung mit dem Süden. 

Nach übereinstimmenden Informationen aus Seoul, Washington und Kiew sind Tausende nordkoreanischer Soldaten in den vergangenen Wochen nach Russland verlegt worden. Der südkoreanische Geheimdienst hatte etwa mitgeteilt, dass nordkoreanische Truppen in Russland russische Uniformen tragen sollen sowie Falschidentitäten erhalten haben, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern. Die Nato sieht darin eine erhebliche Eskalation des Konflikts. Putin bestreitet die Anwesenheit der Soldaten nicht und verweist darauf, dass auch die Ukraine auf Personal aus Nato-Staaten zurückgreife.

Ukraine attackiert russische Region nahe dem Ural

Derweil intensiviert sich der Drohnen- und Raketenkrieg zwischen Russland und der Ukraine. Industriebetriebe in der russischen Teilrepublik Baschkortostan im Vorland des Ural-Gebirges sind nach offiziellen Angaben von Drohnen angegriffen worden. In einem Energiekonzern seien Fensterscheiben zerstört worden, zwei andere feindliche Drohnen seien im Industriegebiet eingeschlagen, teilte Republikchef Radi Chabirow bei Telegram mit. Es habe keine Schäden oder Opfer gegeben. Die Republikhauptstadt Ufa liegt mehr als 1.300 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Baschkortostan wurde bereits im Mai einmal von ukrainischen Drohnen attackiert. Die Region liegt dabei weiter von der Ukraine entfernt als etwa Kasan, wo erst kürzlich der Brics-Gipfel aufstrebender Industrienationen stattfand.

Gouverneur: Verletzter bei Drohnenangriff in Brjansk

Bei einem ukrainischen Drohnenangriff in der russischen Stadt Brjansk wurde unterdessen nach Angaben des regionalen Gouverneurs ein Mensch verletzt. Die Drohne habe auf einen Wohnblock der Gebietshauptstadt gezielt, teilte Gouverneur Alexander Bogomas in der Nacht bei Telegram mit. In einem Stockwerk wurden demnach die Fenster, der Balkon und die Fassade des Gebäudes beschädigt. Bei der verletzten Person handle es sich um einen Anwohner. 

Zudem habe die russische Luftverteidigung mehrere weitere Drohnen über dem grenznahen Gebiet abgewehrt, teilte Bogomas weiter mit. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Raketenattacke auf Odessa

Auf der Gegenseite hat Russland einmal mehr die ukrainische Hafenstadt Odessa mit Raketen beschossen. Getroffen worden sei eine Feuerwehrstelle, teilte der Militärgouverneur der Region, Oleh Kiper, mit. Zwei Feuerwehrleute seien bei dem Angriff verletzt worden. Die beiden Männer mussten ins Krankenhaus gebracht werden.