Der Internet-Ärger um das Deutschland-Ticket nimmt kafkaeske Züge an. (Eine Beitrag aus den "Bonbons", der wöchentlichen Humorkolumne dieser Zeitung)
Jemand musste Josef K. auf dem Kieker haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, bekam er eines Morgens eine E-Mail von der Deutschen Bahn. So in etwa könnte der Roman „Der Prozess“ beginnen, wenn Franz Kafka ihn heute schreiben würde.
Die Rolle der undurchsichtigen Machtinstanz übernimmt hier die Deutsche Bahn. Mit einer E-Mail zur Preisanpassung des Deutschland-Tickets treibt sie einen Vater – nennen wir ihn K. – in die Verzweiflung, weil er auf dem Abo-Portal der Bahn vergeblich versucht, das Schülerbusticket für sein Kind zu verlängern. Besagtes Portal entpuppt sich hier als Pforte zur digitalen Bürokratiehölle.
Anfangs ist K. noch guter Dinge
Dabei ist K. anfangs noch guter Dinge. Er summt den A-Cappella-Song „Senk ju vor träwelling“ vor sich hin und trägt brav Kartennummer, Name sowie Geburtsdatum seines Kindes in ein Formular ein. Danach klickt er auf „Preiserhöhung zustimmen“, landet auf einem Textfeld, das auf das am 30. November auslaufende Abo hinweist, bekommt aber keine Bestätigung, dass man seine Zustimmung registriert hätte. K. kratzt sich am Kopf, findet dann ein Kontaktformular und fragt nach. Sicherheitshalber schreibt er seine Zustimmung auch gleich noch einmal dazu – doppelt hält bekanntlich besser.
Er erhält eine wenig hilfreiche Antwort-Mail vom „DB Abo-Team“, in der vom „Besteller“ die Rede ist, der als „rechtsverbindlicher Ansprechpartner“ die „Gesamtverantwortung“ trage. „Aha“, denkt K., kratzt sich am Kopf und schreibt noch einmal, dass er, der „Besteller“, der Preisanpassung ja wirklich gerne zustimmen wolle, aber der verfluchte Link leider auf einem digitalen Abstellgleis lande.
Es kommt wieder eine Mail (diesmal merkwürdigerweise an sein Kind adressiert), in der steht, was er längst weiß: Er soll aufs Abo-Portal gehen, die Daten ausfüllen und der Preiserhöhung zustimmen. „Senk ju for gar nix, Deutsche Bahn“, denkt K., kratzt sich am Kopf und will schon eine zornige Antwortmail schreiben. Dann aber hat er die rettende Idee: Er wählt die Info-Nummer des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS).
Am Ende die Erlösung
Hätte er das nur gleich gemacht. Dank der netten Dame am Telefon ist die Abokalypse im D-Zugtempo abgewendet: „Der Fehler war das Feld für das Geburtsdatum – da müssen Sie ihr EIGENES angeben, nicht das von ihrem Kind“, spricht sie die erlösenden Worte, die so leider weder auf dem Abo-Portal noch in einer der Antwortmails standen.
„Typisch Deutsche Bahn, das ist echt idiotisch gemacht“, fügt die VVS-Frau mit sympathischer Offenheit hinzu. K. lächelt – und stimmt zu.