19 Millionen an 9-Euro-Tickets wurden verkauft. Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Das 9-Euro-Ticket offenbart die Defizite der Deutschen Bahn und den enormen Reformbedarf im deutschen Schienenverkehr, kommentiert Thomas Wüpper.

Überfüllte Züge, massive Verspätungen, genervte Fahrgäste und Beschäftigte – das 9-Euro-Ticket offenbart schonungslos die massiven Defizite im deutschen Schienenverkehr, die Politiker und Manager so lange verdrängt haben. Nun meldet die Deutsche Bahn AG zwar schwarze Zahlen, doch das ist bloß die halbe Wahrheit.

Nur dank boomender weltweiter Geschäfte mit Lkw-, Luft- und Seefracht der Speditionstochter Schenker und Gewinnen aus dem Betrieb des bundeseigenen Schienennetzes kann der Staatskonzern zumindest auf dem Papier Gewinne ausweisen. Im Kerngeschäft und im Wettbewerb mit Personen- und Güterzügen auf der Schiene dagegen fährt der DB-Konzern weiterhin durchweg hohe Verluste ein – trotz 19 Millionen verkaufter 9-Euro-Tickets und Fahrgastrekorden.

Das zeigt einmal mehr, welch großer Reformbedarf sich aufgestaut hat, seit die frühere Bundesbahn 1994 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, in die der Fern-, Regional- und Güterverkehr sowie die gesamte Infrastruktur integriert wurden. Dieses Konstrukt hat sich längst als wenig effizient erwiesen und ist zum Fass ohne Boden für den Steuerzahler geworden, was die aufgehäuften DB-Schulden von bereits mehr als 30 Milliarden Euro und massive Finanzhilfen beweisen.

Wenn die Ampelkoalition leistungsfähigeren Schienenverkehr für mehr Klimaschutz will, müssen endlich mutige Reformen her. Die wertvolle und so lange vernachlässigte Infrastruktur darf nicht länger von Konzerninteressen abhängig sein, der Wettbewerb auf der Schiene muss gestärkt und das Reisen und Pendeln mit dem Zug viel attraktiver werden. Höchste Zeit, dass Verkehrsminister Volker Wissing liefert – nachdem seine Vorgänger zumeist nur viel versprochen haben.