Bahnreisende können künftig kein Ticket mehr beim Schaffner lösen. Foto: imago/Westend61/Florian Küttler

Wer ohne Fahrkarte in den Zug steigt, muss binnen zehn Minuten nach Abfahrt online eine buchen, sonst fährt er schwarz. Auch für Autofahrer, Rentner und gesetzlich Krankenversicherte bringt das Jahr 2022 einige Änderungen.

Berlin - Zum Jahreswechsel stehen zahlreiche Veränderungen an, die die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland unmittelbar zu spüren bekommen werden. Ein Überblick.

Unterwegs mit Auto und Bahn Kraftstoffe unterliegen seit Anfang 2021 einer nationalen CO2-Bepreisung. Das soll die Verbraucher zu einem klimaschonenden Verhalten animieren. Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid steigt jetzt zum Jahreswechsel planmäßig von 25 auf 30 Euro. Das dürfte nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Benzin und Diesel um jeweils 1,5 Cent je Liter verteuern. Die CO2-Abgabe müssen die Mineralölkonzerne an den Staat abführen, sie holen sich das Geld aber an den Zapfsäulen von den Autofahrern zurück. Anfang 2021 waren die Spritpreise deshalb bereits gestiegen. Als Ausgleich hob der Gesetzgeber ehedem die Pendlerpauschale an, sie beträgt ab dem 21. Kilometer bei einfacher Strecke jetzt 35 statt 30 Cent. Wenn Arbeitnehmer ihre Steuererklärung für 2021 erstellen, können sie erstmals den neuen Betrag ansetzen.

Wichtig auch für Autofahrer: Die alten Führerscheine aus rosa oder grauer Pappe verlieren nach und nach ihre Gültigkeit, sie müssen bei den zuständigen Behörden in Plastikkarten umgetauscht werden. Wer zwischen 1953 und 1958 geboren ist, muss das bis zum 19. Januar in Angriff nehmen. Die Jahrgänge 1959 bis 1964 haben ein Jahr länger Zeit. All das gilt aber nur für Führerscheine, die vor dem 31. Dezember 1998 ausgestellt wurden. Danach wird nicht mehr nach Geburtsjahr, sondern nach Ausstellungsjahr gestaffelt. Hier beginnt die Umtauschpflicht erst Anfang 2026.

Bahnfahrer können vom 1. Januar an kein Ticket mehr beim Schaffner kaufen. Bisher ist das – mit einem Aufschlag in Höhe von 17 Euro – noch möglich. Ausnahmen wird es künftig nur für Schwerbehinderte geben. Wer kein Ticket hat, gilt als Schwarzfahrer und muss den doppelten Fahrpreis zahlen, mindestens aber 60 Euro. In der DB-App oder auf der Webseite der Bahn können Kunden aber weiterhin bis zu zehn Minuten nach der Abfahrt ein Ticket lösen.

Portopreise steigen Die Deutsche Post erhöht zum 1. Januar die Portogebühren. Grund sind gestiegene Löhne und Kosten. Wer einen Standardbrief verschickt, muss 85 Cent zahlen – fünf mehr als bisher. Für eine Postkarte werden 70 statt 60 Cent fällig. Auch andere Sendungsarten werden um ein paar Cent teurer.

Mehr Pfandflaschen Die Pfandpflicht wird ab 1. Januar auf alle Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff mit bis zu drei Litern Inhalt ausgeweitet. Betroffen sind Säfte, Smoothies und alkoholische Mischgetränke. Für sie wird ein Pfand von 25 Cent fällig.

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Mehr Mindestlohn, höherer Grundfreibetrag Die neue Bundesregierung plant, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen. So weit ist es aber noch nicht. Zum 1. Januar steigt der Mindestlohn erst einmal um 22 Cent auf 9,82 Euro pro Stunde. Mitte des Jahres ist eine weitere Anhebung um 63 Cent auf 10,45 Euro geplant. Auch für viele Azubis gibt es mehr Geld. Die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr steigt um 35 Euro auf 585 Euro.

Bezieher von Hartz IV erhalten von Januar an geringfügig mehr Geld: Der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene steigt um drei Euro auf 449 Euro pro Monat. Für Kinder bis fünf Jahre gibt es 285 Euro (plus zwei Euro), für Kinder von sechs bis 13 Jahren 311 Euro (plus zwei) und für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren 376 Euro (plus drei).

Wer Geld verdient, muss Steuern zahlen. Zum Jahreswechsel steigt der Grundfreibetrag jedoch um 204 Euro auf 9948 Euro. Damit soll das Existenzminium für Erwachsene steuerfrei gestellt werden. Bei Ehepaaren verdoppelt sich der Betrag. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift künftig ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 58 597 Euro. Zahlen Arbeitgeber ihren Beschäftigten einen Coronabonus, ist dieser noch bis zum 31. März steuerfrei – bis zu einer Höhe von 1500 Euro. Die Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Tag (für maximal 120 Tage im Jahr) dürfte bis Ende 2022 verlängert werden.

Kindergeld unverändert Das Kindergeld und die Kinderfreibeträge verändern sich nicht. Für Alleinerziehende gibt es allerdings eine gute Nachricht: Der Entlastungsbetrag, den man in der Steuererklärung geltend machen kann, liegt jetzt dauerhaft bei 4008 Euro. Er war 2020 aufgrund der Coronakrise verdoppelt worden. Die Regelung sollte zunächst nur für 2020 und 2021 gelten. Dies hat der Gesetzgeber entfristet.

Rezepte und Krankschreibung digital Wer als gesetzlich Krankenversicherter ein Rezept vom Arzt für verschreibungspflichtige Arzneien erhält, soll das fortan nur noch in digitaler Form bekommen. Das gilt vom 1. Januar an, bei technischen Problemen in den Praxen gilt aber eine Übergangsfrist bis Ende Juni. Um das E-Rezept in der Apotheke einzulösen, braucht man die E-Rezept-App auf dem Smartphone, die Gesundheitskarte und eine PIN-Nummer von der Krankenkasse. Wer kein Smartphone hat, kann das E-Rezept mitsamt Code von der Arztpraxis ausdrucken lassen.

Auch die Krankschreibung durch den Arzt wird digital: Ab Januar müssen die Mediziner die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für gesetzlich Versicherte zwingend online an die Krankenkassen übermitteln, von Juli an dann auch an den Arbeitgeber. Der klassische „gelbe Schein“ hat damit ausgedient.

In der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben die gültigen Grenzen bestehen: Bis zu einem Jahresbrutto von 64 350 Euro müssen Arbeitnehmer gesetzlich versichert sein. Verdienen sie mehr, können sie ins private System wechseln. Die Beitragsbemessungsgrenze beträgt unverändert 58 050 Euro.

In der gesetzlichen Pflegeversicherung zahlen Kinderlose im neuen Jahr mehr: Der sogenannte Beitragszuschlag, der neben dem allgemeinen Beitragssatz von 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens zu zahlen ist, steigt um 0,1 Punkte auf 0,35 Prozent.

Heizen wird teurer Auch Heizöl und Gas unterliegen seit Anfang 2021 der nationalen CO2-Bepreisung. Zum Jahreswechsel steigt abermals die Kohlendioxid-Abgabe, was Heizöl um knapp 1,5 Cent je Liter und Erdgas um 0,1 Cent je Kilowattstunde verteuern dürfte. Die Mehrkosten fürs Heizen gehen nach geltender Rechtslage allein zulasten der Mieter. Die neue Regierungskoalition im Bund hat jedoch eine Änderung in Aussicht gestellt. Sie will eine Aufteilung zwischen Mieter und Vermieter prüfen, die die Energieeffizienz des Gebäudes berücksichtigt. Sollte daraus nichts werden, ist vorgesehen, dass sich Mieter und Vermieter vom 1. Juni an die Mehrkosten hälftig teilen.

Die deutschen Haushalte zahlen die höchsten Strompreise in Europa. Der Staat wendet viel Geld auf, um einen weiteren Preisanstieg zu bremsen. So sinkt die EEG-Umlage, mit der der Ökostrom-Ausbau gefördert wird, im neuen Jahr von 6,5 Cent auf 3,7 Cent. Laut Vermittlungsportal Check 24 wird damit ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2500 Kilowattstunden um gut 83 Euro entlastet. Dem stehen auf der Seite der Stromanbieter aber gestiegene Beschaffungskosten gegenüber. Zahlreiche Versorger hatten ihren Kunden deshalb zuletzt mitgeteilt, dass ihr Strom insgesamt teurer wird.

In Baden-Württemberg kommt im neuen Jahr die Solardachpflicht: Wer ein neues Wohngebäude errichten lässt, muss vom 1. Mai an eine Solaranlage installieren. Beim Neubau von Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen, gilt das bereits ab dem 1. Januar.

Höhere Renten, hoher Hinzuverdienst Ruheständler können mit deutlich höheren Renten rechnen. Diese sollen nach Angaben der Bundesregierung zur Jahresmitte um voraussichtlich 4,4 Prozent steigen. Frührentner können auch im neuen Jahr kräftig Geld hinzuverdienen, ohne dass ihre gesetzliche Rente gekürzt wird. Die Grenze liegt weiterhin bei 46 060 Euro. 2020 und 2021 war die ursprüngliche Hinzuverdienstgrenze bereits angehoben worden. Der Gesetzgeber wollte damit Personalengpässen infolge der Pandemie entgegentreten.

Wer in Westdeutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, muss im neuen Jahr bis zu einem Einkommen von 7050 Euro Beiträge an die Rentenkasse zahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze sinkt um 50 Euro. Im Osten steigt sie hingegen um 50 Euro auf 6750 Euro.

Beschäftigte, die seit 2019 eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen haben, bekommen 15 Prozent Zuschuss vom Arbeitgeber. Vom neuen Jahr an gilt das auch für Altverträge. Den vollen Zuschuss bekommen aber nur jene Arbeitnehmer, deren Verdienst unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung liegt.

Schlechte Nachrichten für jene, die eine Lebensversicherung abschließen wollen: Der Garantiezins sinkt abermals, und zwar von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent. „Betroffen sind Neuverträge bei Lebens- und Rentenversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds. Auch bei Neuabschlüssen von staatlich geförderten Riester- oder Rürup-Versicherungen sinkt die garantierte Verzinsung“, schreibt die Stiftung Warentest.