Als Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik war er von Anfang an umstritten: Arne Schönbohm. Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Dem Chef des Amtes, das für die deutsche Cybersicherheit verantwortlich ist, wird eine Nähe zu russischen Geheimdienstkreisen vorgeworfen.

Am Donnerstag sollte der Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, den jährlichen Lagebericht seines Hauses präsentieren. Die Pressekonferenz fällt aus. So ernst ist die Lage. Vor allem für Schönbohm. Alles spricht dafür, dass der Behördenleiter vor seiner Ablösung steht.

Im Bundesinnenministerium ist der Geduldsfaden mit Schönbohm offenbar endgültig gerissen, nachdem Jan Böhmermann in seinem „ZDF-Magazin Royale“ nicht neue, aber doch schwere Vorwürfe gegen den BSI-Chef erhoben hat. Böhmermann legte Kontakte zu russischen Geheimdienstkreisen nahe. Schönbohm ist Gründungspräsident eines Vereins mit dem pompösen Titel „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“. In diesem Verein ist auch ein Unternehmen namens „Protelion“ Mitglied; dieses wiederum ist die deutsche Tochter einer russischen Firma für Sicherheitstechnik, deren Gründer nicht nur KGB-Mitarbeiter gewesen sei, sondern von Wladimir Putin auch eine Ehrenmedaille verliehen bekommen haben soll. Obwohl der Verein von der Bundesregierung seit Langem kritisch beäugt wird, ist Schönbohm im September beim zehnjährigen Bestehens der Organisation aufgetreten und hat eine Rede gehalten.

Schönbohm seit langem umstritten

Böhmermann hatte die Vorwürfe auch auf Twitter unter dem Hashtag „Cyberclown“ dargelegt. Der Begriff stammt aber nicht von ihm, sondern wurde schon 2015 von Constanze Kurz, der damaligen Sprecherin des Chaos-Computer-Clubs verwendet. Sie wandte sich damit gegen Schönbohms geplante und 2016 bestätigte Berufung zum Chef des BSI, weil der der Regierung schon „häufiger teure, aber überflüssige IT-Lösungen angedreht habe.“ Tatsächlich hatte die Berufung durch den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) allgemein für große Verblüffung gesorgt. Schönbohm galt in der Branche als ausgesprochen karrierefixiert und als Interessenvertreter von Firmen der IT-Sicherheitsbranche. Seinen Vorstandsposten in der Berliner Firma BSS AG, die im Datenschutz tätig war, gab Schönbohm für die BSI-Leitung auf.

Das Ministerium war lange kritisch

Auch politisch hatte die Schönbohm-Berufung hohe Wellen geschlagen. Nicht nur, weil sich der Sohn des früheren CDU-Innenpolitikers Jörg Schönbohm bis zur spektakulären Beförderung vor allem als scharfer Kritiker der IT-Sicherheitspolitik der Bundesregierung einen Namen gemacht hatte. Der grüne Sicherheitspolitiker Constantin von Notz sagte damals: „In diesen Zeiten an die Spitze des BSI einen Lobbyisten aus der Privatwirtschaft zu setzen, ist nicht nur eine Taktlosigkeit, es zeugt von massiver Ahnungslosigkeit des Innenministers.“

Ganz so ahnungslos waren die Fachleute im BMI schon damals nicht. Am 27. Mai 2015 schrieb der zuständige Ministerialdirigent Stefan Paris, alle Mitglieder des von der Regierung berufenen „Nationalen Cyber-Sicherheitsrat“ – Schönbohm hatte bei seiner Vereinsgründung bewusst einen ähnlichklingenden Namen verwendet – hätten zu Schönbohms Truppe „eine Abgrenzung sicherzustellen“. Jegliche Aufwertung des Vereins hätte zu unterbleiben. Umso erstaunlicher, dass die Berufung zum BSI-Chef dennoch zustande kam.

Angelegenheit bleibt rätselhaft

Die gesamte Angelegenheit bleibt bis zuletzt ziemlich rätselhaft. Schönbohm kann nach Recherchen von Business Insider darauf verweisen, dass das BMI vorab von der Festrede Schönbohms informiert worden war. Demnach genehmigte Faesers Staatssekretär Markus Richter den Vortrag auf Bitten von Schönbohm am 24. August. Die Schirmherrschaft der Veranstaltung lag bei Manuel Höferlin, einem FDP-Politiker, der von 2019 bis 2021 Vorsitzender des Bundestagsausschusses Digitale Agenda gewesen war. Am Mittwoch befasst sich der Innenausschuss des Bundestags mit dem Vorgang. CDU-Innenpolitiker Alexander Throm sagte unserer Zeitung, die Vorwürfe müssten „zügig und umfassend aufgeklärt werden“. Die Ministerin müsse ihr Vorgehen in der Ausschusssitzung rechtfertigen.