Cem Özdemir war zu Gast bei ZDF-Talkmaster Markus Lanz. (Archivbild) Foto: AFP/HENDRIK SCHMIDT

Bei „Markus Lanz“ wird unter anderem über die Landtagswahl gesprochen. Cem Özdemir äußert sich zu seinen Schwierigkeiten mit der FDP, wettert gegen die Linkspartei und nennt die Probleme der CDU in Baden-Württemberg „homegrown“.

Hamburg - Die Landtagswahl in Baden-Württemberg hat am Mittwochabend auch die Talkrunde im ZDF bei „Markus Lanz“ beschäftigt. Gleich zwei Polit-Promis aus dem Südwesten waren geladen: AfD-Parteichef Jörg Meuthen, der, wie Lanz in der Vorstellungsrunde etwas süffisant bemerkte, rechts außen in der Runde saß – wobei, genau genommen, noch weiter rechts die „taz“-Redakteurin Sabine am Orde Platz genommen hatte. Auf der anderen Seite der Grünen-Politiker Cem Özdemir, dessen Partei in Baden-Württemberg am Sonntag einen historischen Wahlsieg verbuchen konnte.

Blau der Verlierer, grün der Gewinner, möchte man mit Blick auf die Zahlen vom Wahlsonntag meinen, wo die AfD sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz Stimmen einbüßte und nur einstellige Ergebnisse einfuhr. Wie bei Markus Lanz üblich, ging es aber auch an diesem Abend um unterschiedliche Themen, zunächst um Corona mit dem aus Brasilien zugeschalteten ZDF-Südamerikakorrespondenten Christoph Röckerath.

Nach Bildern von Strand und Sonnenschein und unschönen Pandemienachrichten ging es schließlich ins Ländle, wo das Virus von den Bergen über die Nadelwälder bis hin zur Auto- und Landeshauptstadt natürlich auch das bestimmende Thema ist. Der erste Schlagabtausch wartete aber den Themenwechsel gar nicht ab. „Darf ich mal eine Laienfrage stellen?“, sagte Cem Özdemir zu der Virologin Helga Rübsamen-Schaeff und fragte, ob es möglich sei, sich den umstrittenen Impfstoff Astrazeneca vom Hausarzt trotz möglicher Nebenwirkungen spritzen zu lassen – was der Grünen-Politiker nach eigener Aussage tun würde. Am Dienstag hatte Winfried Kretschmann dasselbe in Lanz’ Studio in Hamburg gesagt.

Möglicher Kretschmann-Nachfolger?

Um wenige Ecken steuerte Özdemir das Gespräch dann zu einer „Querdenken“-Demo in Dresden, wo die Demonstranten ein Impfzentrum bedrängt haben und laut Özdemir auch der sächsische AfD-Landeschef zugegen gewesen sei. Meuthen wusste nicht, ob das so war. Konfrontiert mit Video-Einspielungen seiner Parteikollegen, die die Corona-Pandemie leugneten, wiegelte Meuthen mit dem Einwand ab, dass es in der Partei unterschiedliche Positionen gebe. Özdemir konterte: „Sind Sie von irgendwas begeistert, was Ihre Partei anstellt?“

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Es folgten gute zwanzig Minuten Streitigkeiten der beiden, altbekannte Argumente wurden ausgetauscht: Die AfD sei nicht bürgerlich, „Impfzentren zu belagern ist unglaublich widerlich“, Meuthen warf den Grünen vor, angebliche Antifa-Unterstützer zu sein. „Ich würde gerne raus aus dieser Spirale“, sagte Lanz schließlich.

In einer Einstellung wurden dann endlich auch die Wahlergebnisse vom Sonntag hinter Jörg Meuthen eingeblendet. Lanz wollte seine erste Frage zur Landtagswahl in Baden-Württemberg aber Cem Özdemir stellen: „Wenn Winfried Kretschmann irgendwann einen Nachfolger sucht...“, konnte sie aber nicht aussprechen, nachdem ihm Özdemir signalisierte, nicht darauf zu antworten und stattdessen darauf hinwies, was für einen großartigen Job Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg mache.

Grüne und FDP vertragen sich nicht in Klimafragen

Dafür verlor Özdemir einige Worte über die jetzt möglichen Koalitionen. Er erinnerte daran, nach den vorletzten Wahlen zusammen mit der SPD regiert zu haben und das gerne fortgesetzt hätte. Er gab aber wegen einer denkbaren Ampel-Koalition zu bedenken: „Die FDP ist in Klimafragen am weitesten von uns weg“, und: „In erster Linie geht’s ums Land.“ Eine Empfehlung für Grün-Schwarz?

Die Journalistin Sabine am Orde, physisch rechts neben Meuthen, sagte zum historischen Wahldebakel der Christdemokraten in Baden-Württemberg, die Partei habe sich hier „zu lange nicht modernisiert“ und als „Staatspartei“ verstanden. Özdemir nannte die Probleme der CDU „homegrown“.

Rot-rot-grün? Nicht mit Özdemir

Zu spekulativen Bündnissen im Bund nach der Bundestagswahl im September demonstrierte Özdemir Offenheit – zum traditionellen Modell mit der SPD wie zum baden-württembergischen Weg mit der CDU. Nur eine Variante kommt für ihn offenbar nicht infrage: Rot-rot-grün. „Derzeit kann ich mir kein Bündnis mit der Linkspartei vorstellen“, sagte Özdemir und beließ es nicht dabei: Dort seien Ansichten zu Datenthemen vorhanden, die die europäischen Nachbarn verunsichern würden, außerdem Putin-Sympathien unter den Parteimitgliedern, wetterte er.

Eine klare Abgrenzung zur Linken? Damit holt man im bürgerlichen Baden-Württemberg womöglich auch einige CDU-Wähler ab. Vielleicht bewirbt sich der Schwabe Özdemir ja doch noch als Landesvater, wenn der 72-jährige Kretschmann eines Tages abtritt.