Gastkonzert bei der Cello Akademie in Rutesheim: Das Orchester der Württembergischen Philharmonie Reutlingen unter der Leitung von Alexander Mayer (rechts) mit dem Solisten Claudio Bohórquez (Mitte). Foto: /Simon Granville

„Symphonische Meisterklänge“ hat das Publikum der Cello Akademie am Mittwochabend in der sehr gut besuchten Halle Bühl II genießen können.

Die Programmgestaltung dieses Abends sei eine echte Herausforderung gewesen, sagt Matthias Trück, Gründer und Leiter der Cello Akademie Rutesheim, in deren Rahmen das Konzert stattgefunden hat. Alle neun Dozierenden der diesjährigen Ausgabe gaben eine Kostprobe ihres Könnens. Um den zeitlichen Rahmen nicht zu sprengen, war die zeitliche Vorgabe relativ eng - was wiederum die Vielfalt der möglichen Stücke einschränkte. Auf diese Weise bekam das Publikum jedoch die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Kompositionen kennenzulernen, die man sonst nicht so ohne Weiteres zu hören bekommt. Zu Unrecht! Die Württembergische Philharmonie Reutlingen unter Leitung von Alexander Mayer meisterte ihren Teil der Herausforderung mit Bravour und zeigte sich bei jedem der neun Stücke als sensible und klangfarblich nuancierte Partnerin der Virtuosinnen und Virtuosen.

Herausforderung mit Bravour gemeistert

Wer den goldenen Oktobertag und die warme Herbstsonne noch in Gedanken spürte, konnte sich nahtlos von der Stimmung des ersten Stückes forttragen lassen; „Waldesruhe“ von Antonín Dvořák, gespielt von Claudio Bohórquez – Professor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler und nebenbei Freund und ehemaliger Mitbewohner von Matthias Trück. Bohórquez gehörte seit der ersten Ausgabe der Cello Akademie Rutesheim zum Team der Dozierenden. Schmerzvoll süße Melancholie grundierte diesen Moment voller Sehnsucht – auch beim innigen Zwiegespräch zwischen Cello und Flöte.

Sebastian Klinger, Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, spann dann den goldenen Klangfaden weiter mit dem „Chant due Ménestrel“ von Alexander Glasunow; die langgezogenen Linien harmonisch eingebettet in den weichen Klang der Holzbläser tauchten den Saal in eine wunderbare, lyrische Ruhe. Wen-Sinn Yang brachte die „Romanze und Humoreske“ des wenig bekannten Komponisten Leone Sinigaglia mit. Der italienische Komponist, der den Holocaust nicht überlebte, ließ in seiner Romanze das musikalische Tableau eines sonnigen Frühlingstages vor dem inneren Auge entstehen: verträumt und schwelgerisch - nur selten legten sich leise Schatten auf die sonnige Grundierung. Die Humoreske weckte Assoziationen an eine wild schnatternde Schar aufgeregter Küken – virtuos und übermütig vom Instrumentalisten akustisch in Szene gesetzt. Hell und heiter übernahm Danjulo Ishizaka das Staffelholz mit der Romanze von Richard Strauß. Hier rückte mehr das Erzählerische in den Vordergrund, so, als öffne jemand seine Seele. Auch stärkere Regungen bekamen Raum, Dramatik stieg auf und machte zum Schluss beschwingter Freude Platz. Ishizaka ist Professor an der Hochschule für Musik in Basel sowie an der Universität der Künste Berlin.

Der Saal wurde in wunderbare, lyrische Ruhe getaucht

Genau richtig kam dann Nathalie Clein, die an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock sowie in London am Royal College of Music unterrichtet. Ihr „Allegro appassionato“ von Camille Saint-Saëns sprühte vor Freude und tänzerischer Energie und fügte der zuvor ausgekosteten Schönheit des Cellotanz dessen pulsierende Kraft hinzu. Stück für Stück steigerte sich der Energiepegel: Attila Pasztor steuerte von David Popper, dessen Werke bei keinem Cello-Abend fehlen dürfen, die „Polonaise de Concert“ bei und fügte dem Klangfarben-Mosaik die leidenschaftlich lodernden, flammenden Komponenten hinzu. Einen Moment der Ruhe bescherte daraufhin Jakob Spahn dem aufmerksam lauschenden Publikum mit dem Adagio von Woldemar Bargiel, einem Halbbruder von Clara Schumann, der Professor für Komposition in Berlin war und eng mit Johannes Brahms zusammenarbeitete. Über zartem Streichergrund breitete der 1. Solo-Cellist der Bayerischen Staatsoper München die feinen Facetten des Celloklangs vor den Ohren des Publikums aus – fragend, sensibel, mitunter fast zerbrechlich. Dennis Severin, der Professor an den Schweizer Musikhochschulen in Bern und Genf-Neuchâtel ist, bekam bei seiner Élégie von Gabriel Fauré Verstärkung von den Blechbläsern und wagte sich an die festen, dunklen Klangfarben voller Glut, deren Tristesse zutiefst berührte. Den Abschluss des Abends machte Marc Coppey mit den Symphonischen Variationen des elsässischen Komponisten Léon Boëllmann, der 1897 im Alter von nur 35 Jahren Starb. Coppey unterrichtet am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris. Hier kam die Harfe zum Einsatz - ein kraftvolles Finale, bei dem Solist und Orchester die ganze Fülle spätromantischer Klangfarbenpracht zelebrierten.