Hurra, hurra, die Punk-Oma ist wieder da! Foto: GABO

Was die Welt jetzt braucht, sind Dancehymnen, die den Zusammenhalt feiern. Findet zumindest Nina Hagen, die am Freitag ihr neues Album „Unity“ veröffentlicht.

Auf der einen Seite machen die Männer Rabatz, die die Welt in ein hässliches Schlachtfeld verwandeln und ein Land nach dem anderen in Finsternis tauchen. Und auf der anderen Seite leisten die Frauen Widerstand, die die Mütter der Erde sind, die der Welt Leben schenken und die in diesen schweren Zeiten zusammenstehen und verhindern müssen, dass die Männer diesen Planeten komplett ruinieren. Davon erzählt Nina Hagen in dem funky Protestsong „United Women of the World“. Für das Lied hat sich die 67-Jährige Verstärkung von zwei Frauen geholt, die unterschiedlicher kaum sein könnten: die Jamaikanerin Liz Mitchell hat früher bei Boney M. gesungen, Lene Lovich war seit den späten 1970er Jahren eine der prägenden Figuren der New Wave. Zusammen singen sie nun eine wunderbar zappelnde Hymne auf die Frauenpower, die mit der tollkühnen Idee endet, dass alle Kriege enden könnten, wenn alle Frauen sich zusammentun und sich einfach weigern, das Bett zu verlassen: „Imagine that, hey / United women of the world / We’ll go on strike and stay in bed!“ So funky können Feminismus und Friedensbewegung klingen.

Nina Hagens Video zu „United Women of the World“

Das Album „Unity“, das an diesem Freitag erscheint, ist voller solcher Dancehymnen, die mal pathetisch, mal enthusiastisch, mal funky groovend den Zusammenhalt feiern. Natürlich nicht nur den der Frauen. Im Titelsong „Unity“ zum Beispiel, bei dem eine Dub-Reggae-Nummer auf das Spiritual „Wade in the Water“ trifft, hat sich Nina Hagen von dem P-Funk-Veteranen George Clinton helfen lassen und beschwört die positiven Vibrationen, die sich über die ganze Welt ausbreiten können.

Weiterhin überdreht und wild

Das Album ist ein Aufstand einer Frau, in deren Welt es für alles und alle einen Platz gibt – außer vielleicht für alte weiße Männer und Terfs. Die Ostberlinerin, die 1975 als Sängerin des DDR-Schlagers „Du hast den Farbfilm vergessen“ berühmt wurde, 1976 in den Westen ging und 1978 mit der Nina Hagen Band und Songs wie „TV-Glotzer“ und „Auf’m Bahnhof Zoo“ zum Postergirl des deutschen Punk und New Wave wurde, liebt es nach wie vor überdreht und wild.

Auf dem Album erlebt man sie grollend, flüsternd, kreischend, brabbelnd und das R rollend. Sie geht auf in der Rolle der herrlich Überkandidelten, ist gleichzeitig wütende Punkrockgöre, esoterische Hippie-Übermutter, politische Aktivistin und exzentrische Popdiva. Nina Hagen macht auf „Unity“ also all das, was man von ihr erwartet, und sie macht es gut. Zumindest meistens. Denn die Welt braucht nun wirklich nicht noch eine weitere Coverversion von Merle Travis’ Countryfolk-Klassiker „Sixteen Tons“, der vom Elend in den US-Kohlegruben in den 1930er Jahren erzählt, und erst recht nicht eine Eindeutschung von Bob Dylans „Blowin’ in the Wind“, bei der sich Nina Hagen mit Alexandra verwechselt.

Das Cover von Nina Hagens neuem Album „Unity“ Foto: Grönland

Zum Schluss ein Duett mit Bob Geldof

Wirklich gut ist „Unity“ allerdings genau dann, wenn Nina Hagen einfach mal nicht das macht, was man von ihr erwartet: wenn sie sich vom Überdrehten frei macht und zum Beispiel in der Dancepop-Nummer „Geld, Geld, Geld“ zärtlich den Kapitalismus zu Grabe trägt – oder wenn sie die Platte mit „It doesn’t matter now“ ausklingen lässt, einem betörenden Duett mit Bob Geldof.

Nina Hagen: Unity. Grönland