Daumen hoch: Festwirtin Sonja Merz und ihr Barleiter Kevin Schmieg sind ein gutes Team. Foto: Eva Herschmann

Kevin Schmieg, der Enkel der legendären Besenwirtin Helli Schmieg, leitet in diesem Jahr erstmals die Schatzi-Bar im Festzelt von Wasenwirtin Sonja Merz. Für die Zeit danach hat er schon Pläne.

Kevin Schmieg rotiert im Kreis. Im wahrsten Wortsinn. Denn die Schatzi-Bar auf der Empore des Festzelts von Wasenwirtin Sonja Merz, die der 24-jährige Oeffinger in diesem Jahr zum ersten Mal leitet, besteht aus vier Theken – zwei unterm Festzeltdach und zwei auf dem Außenbalkon, mit zusammen rund 350 Plätzen. Und die Haupt-Bar, die einem Rondell gleicht, dreht sich um die eigene Achse. Mal blicken die Gäste an der Theke nach draußen auf die umliegenden Fahrgeschäfte, die Buden und das bunte Treiben drumherum, mal nach drinnen auf die meist proppenvollen Bänke und Tische im „Zelt mit Herz“ von Sonja Merz. Jeden Tag von morgens 8.30 Uhr bis weit nach Mitternacht ist der Enkel von Helli Schmieg, der bekannten Besenwirtin aus Oeffingen, auf dem Wasen. Das bedeutet mehr als zwei Wochen viel Arbeit und wenig Schlaf, doch Kevin Schmieg genießt die Zeit.

Schampus, Jacky Cola oder Moscow Mule

Die Wasenhits hört Kevin Schmieg nur aus der Ferne. Die Schatzi-Bar schwebt über allem. Unten im Festzelt kümmern sich wechselnde Bands um die Stimmung. Oben in der Bar legt jeden Abend ein DJ auf. Das Publikum hier steht weniger auf „Die Krüge hoch“-Formel, sondern eher auf eine Flasche Schampus, ein Glas Jacky Cola oder Moscow Mule. Es ist nicht das erste Mal, dass Kevin Schmieg auf dem Cannstatter Volksfest arbeitet. 2019 hat der gelernte Koch, der seine Ausbildung bei Michael Oettinger im Hirsch in Schmiden genoss, in der Küche im Grandl-Festzelt gearbeitet – als rechte Hand des Küchenchefs. „Doch in diesem Jahr bin ich zum ersten Mal an vorderster Front bei den Gästen“, sagt der 24-Jährige, der das Angebot als Barleiter von Sonja Merz und deren Tochter Katharina Renz mit Freuden angenommen hat. Kevin Schmieg mag die Rolle als Gastgeber, für die er schließlich gute Vorbilder in der Familie hat.

Kevin Schmiegs Großmutter Helli war Mitgründerin des Stuttgarter Weindorfs und von 1981 bis 1986 Volksfestwirtin im Plochinger Waldhornbräu-Zelt. Mittlerweile kümmert sich die 82-Jährige ausschließlich um Schmiegs Keller-Besen in Oeffingen. „Sie ist fast jeden Tag da“, sagt ihr Enkel, der den Besen in Winterbach übernommen hat. Geprägt hat den Junior, der im November 25 Jahre wird, aber vor allem die VfB-Gastronomie, die zuerst Helli Schmieg, dann sein Onkel Walter zusammen mit seinem Vater Axel Schmieg machte, der das Club-Restaurant dann noch mit seiner Frau Biggi betrieb. „Insgesamt war das Lokal fast 30 Jahre in Familienhand“, sagt Kevin Schmieg.

Bei Michael Oettinger Spaß am Kochen gefunden

Eigentlich habe er sich nie vorstellen können, was anderes als Gastronomie zu machen, sagt der junge Mann. Nach dem Fachhochschulabschluss mit Spezialisierung auf Sport begann er die Kochlehre, die er 2019 erfolgreich abschloss. In der Hirsch-Küche bei Michael Oettinger habe er Spaß am Kochen gefunden, erzählt er. Also hängte er eine „Jeunes-Restaurateures-Ausbildung“ dran. „Das braucht man, um einen Betrieb zu führen. Da lernt man Rechnungswesen, Kalkulation und auch, wie man Schnaps brennt.“ Danach arbeitete er drei Monate in der Küche eines Sterne-Restaurants in einem Fünf-Sterne-Hotel in Ischgl in Tirol.

Die große Leidenschaft ist der Fußball

Kurz bevor die Pandemie der Gastronomie ein abruptes Ende setzte, kehrte Kevin Schmieg nach Deutschland zurück. „Ich habe dann im heimischen Betrieb angefangen, und nach drei Wochen war Schluss.“ Also kam seine andere große Leidenschaft, der Fußball, wieder ins Spiel. Als Kind und Jugendlicher hatte Kevin Schmieg seit seinem achten Lebensjahr beim SV Fellbach und bei den Stuttgarter Kickers Fußball gespielt. Bis zum Beginn seiner Kochlehre 2016. „Ich stand damals vor der Entscheidung, ob ich mit Fußball weitermache und versuche, einen höherklassigen Verein zu bekommen, oder eine Ausbildung absolviere.“ Er entschied sich für den soliden Weg. Doch während der gastrolosen Zeit hat Kevin Schmieg, der seit neun Jahren ein Diplom als Skilehrer hat, ein Fernstudium in Fußballmanagement begonnen. „Ich habe so viele Kontakte im Fußballbereich. Fußball ist meine Leidenschaft und steht über allem – nach wie vor. Und ich werde das Studium Ende des Jahres auch beenden“, sagt Kevin Schmieg und erzählt, dass der ehemalige VfB-Profi Kevin Kuranyi schon auf einen Drink in der Schatzi-Bar war, ebenso wie Julian Schieber.

„Solche Feste wie der Wasen oder das Straßenfest in Waiblingen machen mir Spaß“, sagt Kevin Schmieg, der neben dem Umgang mit den Gästen das Organisieren und Planen von Events mag. In der Küche steht er nicht mehr so gern, obwohl er es im Besen in Winterbach, der seit Ende September wieder geöffnet hat, noch immer tut. „Aber ich habe seit vier Jahren die Küche in meiner Wohnung nicht mehr benutzt“, sagt Kevin Schmieg mit einem Grinsen.

Nach dem Wasen geht er erst einmal in Urlaub, danach wird er wieder in der Besenküche in Winterbach stehen. Zumindest bis Ende des Jahres. „Ich kann meine Eltern nicht im Stich lassen, und momentan ist es echt schwierig in der Gastronomie mit Mitarbeitern“, sagt der 24-Jährige. Ab 2023 will er dann „neue Wege einschlagen“. Wohin die ihn führen, ist noch ungewiss. Vielleicht beim nächsten Wasen wieder in die Schatzi-Bar. Vielleicht aber auch in den Fußball. „Oder ich vereinbare beides wie mein Papa.“