Der Neckartal-Radweg bietet bei Mundelsheim einen traumhaften Ausblick – dennoch reicht es nur zu Platz zehn im Ranking. Foto: dpa

Für den VfB Stuttgart wäre Bundesliga-Platz 10 enttäuschend – für den Neckartal-Radweg ist es dieser Rang nicht, meinen zwei Experten aus dem Kreis Ludwigsburg.

Der Weser-Radweg ist deutschlandweit die Nummer eins – der Neckartal-Radweg, der auch durch die malerischen Steillagen des Kreises Ludwigsburg führt, landet hingegen nur auf Rang zehn. Besser platziert sind unter anderem die Radwege an Elbe und Mosel sowie drei Radwege in den bayerischen Alpen. Sie alle wiesen von Juni 2024 bis Juli 2025 höhere Google-Suchzahlen auf.

Das Ranking hat das Münchener Start-up-Unternehmen Buycicle erstellt, das online gebrauchte Fahrräder vermarktet und den Suchbegiff „Radwege“ analysierte. Am Neckar fasst man das Ergebnis allerdings eher positiv auf. Zwei Radtourismus-Experten aus dem Landkreis Ludwigsburg sind sich einig: „Das ist eine gute Platzierung“, sagt Elmar Kunz, stellvertretender Geschäftsführer der Tourismus GmbH der Stadt Ludwigsburg. Der Fahrrad-Enthusiast Achim Seiter von der Murrer Radbande stimmt ihm unumwunden zu.

Der Tourismus-Experte Elmar Kunz sieht am Neckar noch „Luft nach oben“. Foto: Werner Kuhnle

Welten liegen zwischen den monatlich 22.000 Suchanfragen für den Weser-Radweg und den 6600 für den Radweg am Neckar. Der VfB Stuttgart wäre mit einem vergleichbaren Punkte-Abstand zu Werder Bremen alles andere als zufrieden. Aber für Radwege gelten offenbar andere Kategorien. Weser und Elbe gingen mit Vorsprung ins Rennen. „Da oben ist alles flach – es gab schon Jahrzehnte vorher einen weit entwickelten Radtourismus für Familien und Senioren, als noch keine E-Bikes kursierten“, erklärt Elmar Kunz.

Kann Stuttgart mit Hamburg und Bremen mithalten?

Kunz ist ausgewiesener Experte für Radtourismus. Er beriet die Bundesregierung, als Radstrecken an der Donau nach den Balkankriegen in den 1990er Jahren in Osteuropa Wege zu einem friedlicheren Miteinander ebnen sollten. Die Google-Zahlen sieht er sportlich und als Aufgabe: „Am Neckar ist sicher noch Luft nach oben.“ Die touristische Vermarktung der Metropolen Hamburg und Bremen mit deren Fluss sei ausgeprägter als die von Stuttgart.

Es sei keine Schande, hinter der Nummer zwei, dem Elbe-Radweg mit 14.800 Suchen sowie der Nummer fünf, dem Mosel-Radweg mit 9900, zu liegen. „Die Mosel hat mit Nordrhein-Westfalen und den Beneluxländern zahlenmäßig einen Mega-Quellmarkt – die radbegeisterten Holländer haben sich schon immer gefreut, wenn dort für sie die Berge beginnen“, sagt Elmar Kunz, der Mut macht: „Dass der Neckartal-Radweg nur auf Platz zehn liegt, sagt nichts darüber aus, wie attraktiv er ist.“ Suchanfragen seien keine Bewertungen.

Der schmale Radweg in Ludwigsburg wird stark genutzt

In Ludwigsburg setzt Kunz sich seit acht Jahren dafür ein, das Image der Stadt über das Residenzschloss und das Blühende Barock hinaus mit Outdoor-Aktivitäten zu erweitern. „Wir lieben unsere Steillagen, unseren Neckartal-Radweg und die Zugvögel mit ihren Kanus am Fluss.“ Der vergleichsweise schmale Radweg sei im Stadtgebiet stark genutzt – man müsse die Fahrradfahrer inzwischen zu mehr Rücksichtnahme ermahnen.

Im Ranking der Münchener Firma schneiden die bayerischen Fernradwege Via Claudia Augusta von Donauwörth nach Venedig (12.100, Platz drei), Alpe-Adria von Salzburg nach Grado (9900, Platz vier) und Bodensee-Königssee-Radweg (9900 Platz sechs) allesamt besser ab als der Neckarradweg. Hier erkennt Elmar Kunz allerdings ein leicht verzerrtes Bild: „Wer eine Ferntour über die Alpen bucht, muss im Vorfeld per Google mehr Daten mit dem Suchbegriff des Radwegs suchen, um zum Beispiel Übernachtungen und Gaststätten zu finden.“

Der Fahrrad-Enthusiast Achim Seiter hält Platz zehn für angemessen – und schwärmt für weniger populäre Radrouten. Foto: Werner Kuhnle

Aus dem Ranking herausnehmen würde hingegen der Murrer Vielfahrer Achim Seiter die Wege über die Alpen. „Die liegen doch zum größten Teil im Ausland“, sagt der passionierte Radler, der die Freizeitgruppe Radbande anführt und schon viele kleinere Flusstäler durchfahren hat, die es seiner Meinung nach landschaftlich durchaus mit den Top Ten aufnehmen könnten. „Es gibt eine Menge solcher wunderbaren Radwege, etwa die an der Kocher und an der Jagst, auch der Weg an der Rems entlang bis Aalen ist schön.“

„Sommerloch-Käse“: Kritik an Google-Ranking für Radwege

Platz zehn für den Neckartal-Radweg hält Achim Seiter für eine gute Platzierung. „In Deutschland gibt es noch ganz andere Radwege: etwa den Isar-Radweg, der von Deggendorf in die Alpen führt und grandios ist.“ Die Methode, Google-Suchen als Gradmesser für die Beliebtheit eines Radwegs anzuführen, hält Seiter für einen „Sommerloch-Käse“. Sinnvoller wäre es, die Zahl von Suchen bei Komoot oder anderen Outdoor-Portalen auszuwerten.

Auf den Neckartal-Radweg lässt Achim Seiter nichts kommen, auch wenn er den Radweg an der Enz von Besigheim bis zum Enzklösterle schöner findet. „Unbedingt verbessern müsste man aber den Radweg an der Murr von Marbach nach Backnang“, findet der Fahrradbegeisterte. Bis Kirchberg und Burgstall sei der Weg okay, doch danach müsse man stark rauf und runter. „Viele haben da trotz E-Bike keinen Bock drauf.“

Ein Schwergewicht fehlt im Ranking aus München: Den Rheintal-Radweg findet man nicht in den Top Ten. Tatsächlich habe es der Weg entlang des größten deutschen Stromes nicht unter die besten zehn geschafft, teilt Buycicle-Sprecherin Sanjana Sharma auf Nachfrage mit.

Neckartal-Radweg gleichauf mit drei anderen Radwegen

Das Ranking von Buycicle ist für den Neckartal-Radweg aber noch aus einem anderen Grund besser, als es Rang 10 vermuten lässt: Es gibt von Platz 7 an vier Radwege, die allesamt ein monatliches Google-Suchvolumen von circa 6600 monatlichen Anfragen aufweisen: die von der Donau, Altmühl, Ems und eben dem Neckar. Warum dann nur Platz 10 für den Neckartal-Radweg? „Wir haben nach Popularität und Suchinteresse gewertet“, sagt Sanjana Sharma, ohne sich weiter in die Karten blicken zu lassen.

Der Neckartal-Radweg

Verlauf
Der Neckartal-Radweg folgt dem Neckar von dessen Quelle auf der Baar bei Villingen-Schwenningen auf 706 Meter Meereshöhe auf insgesamt 374 Kilometern bis zu der Mündung in den Rhein in Mannheim. Zum Vergleich: Der Weser-Radweg von Hannoversch Münden ausgefahren bis nach Cuxhaven ist 520 Kilometer lang.

Im Landkreis
Die Hauptstrecke von Ludwigsburg nach Besigheim ist 38 Kilometer lang – die Gesamtstrecke durch den Landkreis ist südlich und nördlich noch etwas länger. Dem Neckar fließen bei Remseck die Rems, bei Marbach die Murr und bei Besigheim die Enz zu. An diesen Zuflüssen gibt es ebenfalls Radwege. Geheimtipp ist der Bottwartal-Radweg von Marbach in Richtung Heilbronn als Alternative zur Strecke im Neckartal.