Annemarie Keppler hat mit ihrem Mann Heinz Georg jahrzehntelang die Stadt Marbach geprägt. Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt Marbach ehrt Annemarie Keppler, die Witwe des ehemaligen Bürgermeisters Heinz Georg Keppler, mit der Bürgermedaille.

Als Annemarie Keppler vor etwa 50 Jahren zum ersten Mal mit ihrem Mann aus Schorndorf nach Marbach fuhr und dort umherschlenderte, rutschte ihr ein Satz heraus, den sie heute nicht mehr sagen würde: „In dieses verschlafene Nest kriegst du mich nicht.“ Doch dann trat ihr Heinz Georg trotzdem zur Wahl an – und wurde Bürgermeister. Acht Jahre nach dem Tod des damals 82-jährigen Kepplers würdigt die Schillerstadt nun das ehrenamtliche Wirken der ehemaligen First Lady mit der Bürgermedaille.

Noch heute besucht sie Bekannte der Gesprächsgruppe – im Pflegeheim

Annemarie Keppler erklärt sich die Auszeichnung auch damit, dass ihr Mann durch sie noch einmal geehrt werden soll. Er war 24 Jahre lang bis 1997 im Rathaus der Chef, brachte unter anderem die S-Bahn nach Marbach und ließ neben vielen anderen Gebäuden auch das Seniorenstift Schillerhöhe errichten. Dort besucht die Rentnerin noch heute pflegebedürftige Bekannte aus einer von ihr gegründeten Gesprächsgruppe. „Man darf die Frauen nicht allein lassen.“ Dieser Gewissheit folgt Annemarie Keppler heute wie schon in den 1970er-Jahren, als sie begann, sich in Marbach diakonisch zu engagieren.

Tatsächlich hat Annemarie Keppler als eigenständige Persönlichkeit in der Stadt viel bewegt. So gründete sie mit der Arbeitsgemeinschaft Marbacher Frauen die erste Kindertagesstätte für Kleinkinder. „Einige türkische Mütter mussten ja morgens um 9 Uhr putzen gehen, und zwei Mütter konnten ihr Studium in Heidelberg beenden“, erinnert sich Keppler, die 14 Jahre lang als Vorsitzende des Vereins fungierte und 2001 dessen Ehrenmitglied wurde.

Wertvoll für die Arbeitsgemeinschaft war 1982 der Umzug in das Gebäude in der Steinerstraße, einem ehemaligen Kindergarten. „Dort hatte auch schon die Schriftstellerin Ottilie Wildermuth ihren ersten Kindergarten gehabt“, sagt die Marbacherin, die inzwischen längst auch die literarischen Traditionen der Schillerstadt liebt und die Stadt als lebenswert erachtet.

Immer die Menschen zusammengebracht

Verantwortung übernahm Annemarie Keppler 1995, als sie den Vorsitz des evangelischen Kirchengemeinderats in Marbach übernahm, dem sie seit 1989 angehörte. Sie baute den ökumenischen Kleiderladen mit auf, um arme Mitbürger zu versorgen. In der Stadtranderholung brachte sie behinderte und nicht behinderte Menschen zusammen. Zudem ging sie wegen der Kleinkindbetreuung auf türkische Mütter zu und organisierte einen Gesprächskreis für verwitwete Frauen. Und sie veranstaltete das Frauenfrühstück „Treff am Ersten“, lud dafür Referenten ein. „Ich habe alles immer ökumenisch konzipiert, mir war die Offenheit wichtig.“

Die Alexanderkirche aus dem Dornröschenschlaf gebracht

Glückliche Umstände führten dazu, dass sich Annemarie Keppler bei der Sanierung der spätgotischen Alexanderkirche einbringen konnte. Mit ihrem Mann und anderen unermüdlich für den Erhalt der schönen Kirche kämpfenden Mitbürgern entwickelte sich eine Spendenbewegung, die letztlich dazu führte, dass das Gotteshaus dank des Vereins zur Erhaltung der Alexanderkirche in neuem Glanz erstrahlte.

Wie ihr Mann Heinz Georg hat Annemarie Keppler viele Brücken gebaut – so auch zu den Partnerstädten L’Isle Adam und Washington im US-Staat Missouri. Noch heute fungiert die Mutter dreier Söhne als Gastgeberin, wenn Besuchsgruppen aus Frankreich und den Vereinigten Staaten kommen. Das Familienleben verläuft derweil auf mehreren Pfaden: Während der älteste Sohn Eckhard im fernen Neuseeland lebt, Eberhard in Reutlingen heimisch geworden ist, blieb Diethard bei ihr in der Nähe in Marbach.

Selbst ihr nahe stehende Menschen gepflegt

Die Hände in den Schoß zu legen – das kommt für die rüstige und gedanklich bewegliche Frau nicht infrage. Annemarie Keppler packt ganz konkret an, wenn sie gebraucht wird. So auch bei zwei Angehörigen, die sie in den vergangenen Jahren pflegte. Als Rückhalt erlebt die engagierte Christin dabei ihren verstorbenen Mann: „Der große Fels ist nach wie vor da.“

Wer hat bisher die Bürgermedaille erhalten?

Stellenwert
Die Bürgermedaille ist nach der Ehrenbürgerwürde die zweithöchste Auszeichnung der Stadt Marbach. Ehrenbürger ist bisher nur Heinz Georg Kepplers Nachfolger Herbert Pötzsch geworden.

Träger
Die Bürgermedaille tragen bisher der langjährige Erste Beigeordnete Gerhard Heim, der frühere Rielingshäuser Ortsvorsteher Eberhard Ruoff, die ehemaligen Stadträte Walter Bogner (CDU), Hermann Schick (SPD) und Helmut Sorg (CDU) sowie der ehemalige Leiter des Deutschen Literaturarchivs, Ulrich Ott.