Boris Palmer ist ein Verfechter der Schiene und will die Abkehr von der autogerechten Stadt. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Eine deutliche Mehrheit spricht sich am Sonntag beim Bürgerentscheid gegen die Innenstadtstrecke aus. Oberbürgermeister Boris Palmer nimmt die Niederlage persönlich und spricht von einem „steinigeren Weg“ bis zur anvisierten Klimaneutralität.

Tübingen - Es ist ein frustrierter Boris Palmer, der am Sonntagabend nicht einmal vor das Rathaus tritt, um mit den dort wartenden Bürgern zu reden. „Der Weg zur Klimaneutralität der Stadt ist steiniger und länger geworden“, kommentiert der OB das Nein zur Schiene. In einem Bürgerentscheid votierte eine Mehrheit von 57,39 Prozent gegen die Tübinger Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn Neckar-Alb.

Der Grünen-Politiker hatte das Scheitern vorausgesagt und doch bis zuletzt für das mehrheitlich im Gemeinderat befürwortete 280-Millionen-Euro-Projekt geworben. „Man ist mit noch so differenzierten Argumenten chancenlos“, hatte Palmer beklagt, die Abneigung sei tiefsitzend gewesen, das Instrument der direkten Demokratie schwierig. Jenseits der Stadtgrenze hätte die Meinungslage anders ausgesehen. „Wir hätten andere Ergebnisse, wenn wir im Landkreis hätten abstimmen dürfen“, sagt er.

Baubürgermeister Soehlke schaut nach vorne

Auch Baubürgermeister Cord Soehlke bedauert das Nein. „Wir machen weiter“, sagt er, jetzt müsse man fragen, was die Tübinger bewogen habe, dagegen zu stimmen. Vielleicht könne man doch noch zu einer Schienenlösung kommen. Es habe leider in der Diskussion gewisse Verhärtungen gegeben. OB Palmer kündigt an, dem Gemeinderat den Vorschlag einer Nachwahlbefragung zu machen. „Von den Resultaten sollten weitere Schritte abhängig gemacht werden.“

Die Gegner der Tübinger Innenstadtstrecke sind am Jubeln. Ein ausgebautes und verbessertes Busnetz reiche aus, die Bahn sei zu teuer und unterm Strich unökologisch, hatte die Bürgerinitiative „Nein zur Innenstadtstrecke“ stets argumentiert.

Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist drei Jahre bindend

Drei Jahre ist das Votum der Bürger bindend. Doch Palmer, der immer wieder angedeutet hatte, dass seine Zukunft im Amt gekoppelt sei an einen positiven Ausgang des Bürgerentscheids, sucht bereits nach möglichen alternativen Strategien. Womöglich könne das Nein ignoriert werden, wenn man den Streckenverlauf ändere, räsoniert er und sieht die Bahn als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Und selbst Landrat Joachim Walter hat es schon ausgesprochen, manche Vorhaben bräuchten einen zweiten Anlauf.