Das Areal liegt an der A81 und wird derzeit als Ackerland genutzt. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Bei einem Bürgerentscheid votieren die Mundelsheimer am Sonntag, 29. Mai, für oder gegen das Interkommunale Gewerbegebiet Benzäcker.

In der idyllischen Neckargemeinde gibt es seit Wochen nur ein Thema: das Gewerbegebiet Benzäcker. Daran hat auch das Unwetter nichts geändert, das die Gemeinde jüngst heimsuchte. Im Gegenteil. Gegner wie Befürworter sehen sich in ihren Argumenten bestätigt. Am Sonntag, 29. Mai, wird es Gewissheit geben. Dann haben es die Mundelsheimer selbst in der Hand und votieren bei einem Bürgerentscheid für oder gegen das interkommunale Gewerbegebiet.

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Das Großprojekt zur Ansiedlung von Hightech-Industrie auf einer Fläche von rund 20 Hektar an der A 81 gilt als umstritten, die Stimmung im Ort und in den sozialen Medien ist aufgeheizt. Die einen kritisieren den Verbrauch von Ackerböden. Die anderen erhoffen sich Arbeitsplätze und Einnahmen durch die Gewerbesteuer. Gegner und Befürworter des Projekts haben sich in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. „Benzäcker erhalten“ und „Wir für Mundelsheim“ warben und argumentierten in den vergangenen Wochen in vielfältiger Weise.

Am Dienstag kamen die Befürworter zu einem letzten Bürgergespräch zusammen. Dabei wurde unter anderem auch an die Käsberghalle erinnert, die ebenfalls erst nach einem Bürgerentscheid gebaut wurde. „Durch einen nachhaltigen Gewerbe- und Innovationspark schaffen wir vor allem auch für junge Menschen neue Chancen und neue Arbeitsplätze. Mundelsheim hat mit diesem Park die Möglichkeit, kluge Köpfe anzuziehen, von zusätzlichen Steuereinnahmen zu profitieren und somit neue und alte Projekte zukunftsorientiert anzugehen“, argumentierte etwa Sarna Röser.

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Auch das jüngste Starkregenereignis zuvor war Thema. „Die Bebauung als Gewerbe- und Innovationspark bringt die Möglichkeit mit sich, ein qualifiziertes Hochwassermanagement mit einzuplanen“, so Christian Bürkle. Während ein trockener Ackerboden nur rund fünf Liter Regen in kurzer Zeit aufnehmen könne, seien es bei einem begrünten Dach etwa 20 bis 40 Liter.

Ähnlich argumentierte der Mundelsheimer Bürgermeister Boris Seitz nach der Sturzflut: „Die Äcker oberhalb können den Schlamm nicht mehr aufhalten.“ Die meisten Massen seien vom alten Postweg gekommen, wo ein älteres Rückhaltebecken überlastet gewesen sei. „Im Gewerbepark würden wir ein oder zwei Rückhaltebecken bauen, sodass kein Wasser mehr von dort in den Ort strömt.“ Die Gegner sehen das anders. Zuletzt reagierte der frühere Leiter der Umweltakademie Baden-Württemberg, Claus-Peter Hutter, auf das Unwetter-Ereignis: „Wenn das Fass voll ist, läuft es einfach über. Das ist schlichte Physik, die nicht mehr länger ignoriert werden darf.“ Deshalb lehne er das Gewerbegebiet ab.

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Die Gemeinde Mundelsheim hat bereits im vergangenen Jahr ein Starkregenschutzkonzept in Auftrag gegeben, erste Ergebnisse wurden bei einem Spaziergang mit dem Bürgermeister am vergangenen Sonntag vorgestellt. Die Gemeinde hatte mit verschiedenen Aktionen den Weg zum Bürgerentscheid begleitet – darunter eine Einwohnerversammlung und das Projekt Zufallsbürger.

Beim Bürgerentscheid am Sonntag, 29. Mai, sind 2800 Mundelsheimer wahlberechtigt. Sie können zwischen 8 und 18 Uhr ihr Votum in der Käsberghalle abgeben und entscheiden, ob ein Gewerbe- und Innovationspark entwickelt werden soll oder nicht. Diejenige Position, die mindestens 50 Prozent plus eine Stimme erreicht, macht das Rennen. Mit einem Ergebnis rechnet der Mundelsheimer Bürgermeister Boris Seitz gegen 19.30 Uhr.