Der Brillenmacher der Promis: Franck Bonnet passt einem Kunden ein maßgefertigtes Stück an. Foto: © Michael Magers Photography//Magers

Maison Bonnet in Paris stellt jedes Exemplar von Hand her. Jackie Kennedy, Yves Saint Laurent und Arthur Miller haben hier schon gekauft. Aber auch ganz normale Kunden schwören auf Maßanfertigung.

Paris - Mit entspannter Eleganz lehnt Frankreichs einstiger Präsident auf einem Sessel; die langen Beine von sich gestreckt, ein angedeutetes Lächeln auf den Lippen und eine markante, dunkle Brille auf der Nase. Beim französischen Brillenmacher Maison Bonnet ist man nicht speziell politisch engagiert – wenn das großflächige Porträtfoto von Jacques Chirac in einem Treppenaufgang des Pariser Geschäftes hängt, dann liegt das an dieser Brille. Maison Bonnet hat sie speziell für den Politiker gestaltet, für seine lange, schmale Nase, das ovale Gesicht mit der hohen Stirn.

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Wer in den Laden spaziert und „eine Brille wie die von Chirac“ bestellen möchte, wird daher enttäuscht: Damit die Maßanfertigung genauso perfekt sitzen würde, müsste der Kunde schon aussehen wie der inzwischen verstorbene Ex-Präsident. „Wenn jemand die Brille von Jacky Kennedy oder Yves Saint Laurent haben will, würde er sich um die Chance bringen, sich sein eigenes, einzigartiges Modell gestalten zu lassen“, sagt Franck Bonnet, der älteste der drei Söhne von Christian Bonnet, welcher das Geschäft 1950 gegründet hat. Jedes Einzelstück sei so besonders wie ein Gesicht.

Die Firma fördert den Schutz von Schildkröten

Der 50-jährige Franck Bonnet ist heute Geschäftsführer, betont aber, dass er das Familienunternehmen gemeinsam mit seinen Brüdern führt, während die Eltern weiterhin in einer Werkstatt im Burgund arbeiten. Die Familientradition geht auf Großvater Alfred Bonnet zurück, der seit 1930 von Hand Brillen aus Schildpatt herstellte. Gewonnen wird dieses aus dem Rückenschild von Meeresschildkröten.

Seit 1973 verbietet das Washingtoner Artenschutzabkommen den Verkauf. Christian Bonnet, der die Techniken vom Vater übernahm, besitzt eine Ausnahmegenehmigung. „Wir haben noch Vorrat, und übrigens fördern wir Programme zum Schutz dieser Tiere“, versichert Franck Bonnet.

Horn und Acetat ergänzen das Schildpatt

Seine Generation führte Horn und Acetat als weitere, etwas preiswertere Materialien ein. Die günstigsten Modelle aus Acetat werden ab 700 Euro verkauft. Üblicherweise sind es aber mehrere Tausend Euro. Franck Bonnet sagt: „Manchmal nennen Kunden einen Preis und verlieben sich dann in ein Modell, das doppelt so teuer ist: Sie finden sich sexy damit, man hat es 15 Stunden am Tag im Gesicht – das ist es einem dann wert.“

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40 Prozent der Kunden von Maison Bonnet kommen (abgesehen von Pandemiezeiten) aus dem Ausland. Viele kreativ Arbeitende sind darunter, Architekten, Fotografen oder auch Köche: „Menschen, denen schöne Objekte wichtig sind, die vielleicht wenige davon haben, aber dann maßgeschneiderte“, sagt Bonnet.

Passanten können den Handwerkern zuschauen

Er hatte 2009 die Idee für das Geschäft in Paris. Es befindet sich etwas versteckt im Hof des Palais Royal mit seinem prachtvollen Garten. Der Marke hat es eine bessere Sichtbarkeit verschafft. Da eine Passage durch die zum Geschäft gehörenden Räume verläuft, können Passanten einem Handwerker dabei zusehen, wie er Brillen anfertigt. Auf drei Ebenen befinden sich die Werkstätten, Verkaufs- und Anpassungsräume.

Bei einem ersten Termin im Showroom entscheiden sich die Kunden für Form, Material und Farbe der Brille. Zwölf verschiedene Maße werden genommen, vom Abstand der Schläfen bis zur Länge der Wimpern. Auch die Sehstärke für die Gläser wird gemessen. Insgesamt sind zwei bis neun Monate Wartezeit einzukalkulieren, nicht nur weil die natürlichen Materialien sich erst stabilisieren müssen, sondern weil die Auftragsbücher voll sind.

Auch für Eilige gibt es eine Lösung

Knapp 20 Personen arbeiten heute für das Maison Bonnet, die meist von Designschulen kommen, aber nochmals vor Ort ausgebildet werden. Für das Metier des Brillenherstellers gibt es keine eigene Schule.

Der Erfolg seines Geschäfts passt in die heutige Zeit, sagt Bonnet: Ein eigenes, personalisiertes Stück zu besitzen sei der wahre Luxus. Und doch gibt es inzwischen die Möglichkeit, eines der schon fertigen Modelle in den Schubläden des Geschäfts nur noch anpassen zu lassen. Das sind die ab 700 Euro. Es ist ein Kompromiss für Eilige oder jene, die etwas weniger ausgeben wollen. Eine Art Prêt-à-porter der Brillen – gegenüber der Haute Couture, einer Brille nach Maß.