Für den DOSB, dem CSU-Politiker Alfred Hörmann vorsteht, kommt die Causa wenige Monate vor Olympia in Tokio zur Unzeit. Foto: dpa/Guido Kirchner

Nach den Anschuldigungen gegen DOSB-Präsident Alfons Hörmann in einem anonymen Brief sprechen mehrere Gremien des Sportbundes ihr Vertrauen in den Präsidenten aus. Hörmann selbst schweigt.

Berlin/Köln - Alfons Hörmann tauchte ab, als der Erste schon seinen Rücktritt forderte. Von seinem Vorstand und dem Präsidium wurde der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in der „Brief-Affäre“ zwar leidenschaftlich verteidigt, aber unter keiner der beiden Stellungnahmen vom Freitag fand sich Hörmanns Unterschrift. Der DOSB-Präsident, dem von Mitarbeiter*innen anonym schwere persönliche Verfehlungen vorgeworfen werden, schwieg.

In die Bresche sprangen die ihm untergeordneten DOSB-Führungsgremien, die die Anschuldigungen gegen den 60-Jährigen „in aller Klarheit“ zurückwiesen. „Die Zusammenarbeit des Präsidenten mit dem Vorstand ist von einem sehr konstruktiven, professionellen und fairen Miteinander geprägt“, schrieb der Vorstand. Das Präsidium ergänzte: „Unserem Präsidenten sprechen wir das uneingeschränkte Vertrauen und unsere vollumfängliche Unterstützung aus. Gleichzeitig werden wir im intensiven Austausch mit den Mitarbeiter*innen die Vorwürfe ernst nehmen.“

SPD-Politikerin kritisiert Verhalten der DOSB-Gremien

Dagmar Freitag reichte das nicht. Die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag findet es „bemerkenswert“, sagte sie dem SID, dass Hörmann „selbst inhaltlich bislang keinerlei Stellung bezieht“. Zudem kritisierte die SPD-Politikerin das Verhalten der DOSB-Gremien: „Die Wortwahl der heute veröffentlichten Solidaritätsschreiben aus Vorstand und Präsidium lässt nach meinem Eindruck faktisch keinen Raum mehr für eine ernsthafte Auseinandersetzung; schließlich wird bereits festgestellt, wie wertschätzend der Umgang im Hause DOSB miteinander ist.“

Die Reaktion des DOSB war erwartbar, nachdem Hörmann der Allgäuer Zeitung am Donnerstagabend gesagt hatte, dass sich bereits „zahlreiche Führungskräfte und Mitarbeiter deutlich von diesem Stil und den Inhalten distanziert“ hätten. Gemeint war damit ein Offener Brief, der angeblich aus der DOSB-Mitarbeiterschaft stammt. Darin wurden detailliert interne Vorgänge geschildert und Vorwürfe gegen die Führungsgremien und explizit gegen Hörmann erhoben. Es hieß unter anderem: „Respekt und Fairplay vermissen wir jeden Tag in unseren Führungsgremien, vor allem bei unserem Präsidenten Alfons Hörmann.“ 

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Nach der Veröffentlichung wurde ihm bereits der Abschied nahegelegt. „Herr Hörmann sollte umgehend zurücktreten und den Weg für eine Neuwahl freimachen“, sagte Stefan Klett, Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, der Sportschau: „Der gemeinnützige deutsche Sport braucht Vertrauen, Transparenz und Menschlichkeit in der Pandemiezeit und einen Präsidenten, der seinen Mitgliedsorganisationen und der Basis aktiv zuhört, statt sie zu ignorieren.“

„Kultur der Angst“ unter Hörmann?

Im dem Brief war Hörmann des Weiteren unter anderem vorgeworfen worden, „Stifte und sonstige Gegenstände“ in Richtung der Mitarbeitenden geworfen zu haben. „Aufgrund solcher Verhaltensweisen haben Mitarbeiter*innen gekündigt; andere befinden sich in psychotherapeutischer Behandlung“, hieß es.

Unter Hörmanns Führung habe „sich unter den Mitarbeiter*innen eine ‚Kultur der Angst’ im DOSB etabliert“. Die oder der Verfasser hätten daher „Angst davor, bei der Nennung unserer Namen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen, vielleicht sogar unsere Arbeitsstelle zu verlieren“. Der DOSB hatte „den Eingang einer anonymen Mail, die von einem Fake-Mail-Account versandt wurde“, bestätigt.

Mit Spannung wird nun auf eine Reaktion von Hörmann gewartet. Am Freitag war damit laut DOSB-Auskunft nicht zu rechnen. Für den Dachverband, dem der CSU-Politiker seit 2013 und mindestens noch bis 2022 vorsteht, kommt die gesamte Causa Hörmann wenige Monate vor Olympia in Tokio jedenfalls zur Unzeit.