So soll der neue Stadteingang einmal aussehen Foto: Eibner/Drofitsch

Für die Neugestaltung des Böblinger Postareals steht der Sieger des Architektenwettbewerbs jetzt fest: Ein schwäbisch-spanisches Planerteam will für die IBA 2027 den Eingang zur Stadt in ein urbanes Viertel verwandeln.

Böblingen - Wie wollen wir in in den kommenden Jahrzehnten wohnen, arbeiten, leben, einkaufen? Das kann man sich in spätestens sechs Jahren in Böblingen anschauen. 2027, pünktlich zur Eröffnung der Internationalen Bauausstellung (IBA 27), soll dann gegenüber vom Böblinger Bahnhof, am Entree zur Innenstadt, ein ultramodernes und hochökologisches Hochhaus stehen: 60 Meter hoch mit etwa 160 Wohnungen für Familien, Singles, Studenten, Senioren, Wohngemeinschaften und Berufspendler, mit Gemeinschaftsräumen für die Bewohner und Platz für gewerbliche Betriebe, Büros, aber auch Räumen für die Stadtgesellschaft. So hat es eine mehr als 20-köpfige Jury in einer 13-stündigen Sitzung am Dienstag entschieden. Nicht nur Bauexperten gehörten dem Gremium an, sondern auch Stadträte und gewählte Bürgervertreter.

Fast 50 Architekturbüros hatten Entwürfe für die Gestaltung des Böblinger Postareals eingereicht. Fünf schafften es in die engere Auswahl. Aus diesen wählten die Jurymitglieder schließlich den Siegerentwurf aus, den eine schwäbisch-spanisches Architekten-Team erstellt hat: das Büro UTA Architekten und Stadtplaner GmbH Stuttgart und das Büro Gutiérrez – De la Fuente Arquitectos SLP Madrid.

Überzeugt haben die Jury laut Oberbürgermeister Stefan Belz zwei Grundideen des Entwurfs: „Nachhaltigkeit und Bauen mit recycelten Materialien sowie das Thema Gemeinschaft im öffentlichen Raum.“ So sieht der Plan insgesamt drei Gebäude für das Areal vor: Neben dem Hochpunkt gibt es zwei weitere kleinere Bauten. Einen Innenhof, das sogenannte Stadtfoyer, erstreckt sich zwischen diesen Gebäuden. Zugänglich ist es von allen Seiten – Bahnhof, Tal- sowie Karlstraße. Das Foyer, das begrünt und mit Wasserspielelementen versehen werden soll, ist als Treffpunkt für alle gedacht: für die Bewohner, Kunden der Läden, aber auch für Flaneure, die vom Bahnhof in die Innenstadt wollen oder im Innenhof Zeit bis zur Abfahrt ihres Busses überbrücken.

Gebaut wird mit Holz und recyceltem Beton

Beim Bauen setzen die Architekten auf viele Holzelemente. Beton soll nur dort zum Einsatz kommen, wo es unbedingt notwendig ist – und dann soll es recycelter Beton sein. Auch Elemente aus dem bestehenden Postgebäude wie Türen und Fenster könnten in den Neubau eingefügt werden – so der Vorschlag der Planer. Wichtig ist den Architekten, für die kommenden heißen Sommer für Kühlung in der Stadt zu sorgen: So soll der Innenhof nicht versiegelt, dafür begrünt werden.

„Die IBA ermöglicht uns, etwas zu wagen, was wir sonst vielleicht nicht täten“, sagte Rainer Ganske, der Geschäftsführer der Böblinger Baugesellschaft, die Träger des Projekts ist. Innovativ wolle man nicht nur beim Bauen sein, sondern auch bei dem, was in den Gebäuden passiert. Ganske spricht von einem „24/7-Projekt. Die Zeiten, da die Innenstädte abends um 20 Uhr leer waren, sind vorbei. In der Zukunft haben wir einen Mix aus Wohnen, Einkaufen und Arbeiten.“ Mit Investitionen von 100 bis 150 Millionen Euro rechnet Ganske für das Projekt.

Auch Andreas Hofer, der Geschäftsführer der IBA, zeigte sich beeindruckt, nicht nur vom Siegerentwurf, sondern auch von der Qualität vieler anderer eingereichter Pläne. Auch etliche internationale Büros hatten sich beworben. Den Siegerentwurf lobte Hofer: „Hier entsteht ein Stadtteil, der öffentlich ist, wo man um die Häuser herumgehen kann.“ Er machte aber auch Druck, das Projekt zügig umzusetzen. „Wir wollen 2027 bei der IBA etwas zeigen.“

14 IBA-Projekte in der Region Stuttgart

Das Böblinger Postareal ist eines von aktuell 14 Projekten in der Region Stuttgart, das in die Liste der IBA-Projekte aufgenommen wurde. Eingereicht worden sind 140 Vorhaben. Aus dem Kreis Böblingen gibt es als zweites Projekt die Neugestaltung des Sindelfinger Krankenhausareals. Beworben hat sich die Stadt Sindelfingen gemeinsam mit Breuninger auch mit ihren Plänen für das Goldbachquartier. wo rund um das Breuningerland ein ganz neues Stadtviertel entstehen soll. „Doch noch sind wir dort nicht soweit zu entscheiden, ob das Goldbachquartier in unser Liste aufgenommen wird“, sagte Hofer. Er rechnet am Ende mit 20 bis 25 IBA-Projekten für die Region.

In Böblingen ist der Zeitplan straff für die Neugestaltung des Postareals. Bisher empfängt die Besucher, die am Bahnhof ankommen der wuchtige Betonklotz der Post. 2023 soll er abgerissen werden. Bis Ende dieses Jahres müssen die Pläne für die Neugestaltung fertig sein. Wichtigster Punkt dabei ist: Welche Gemeinschaftsangebote wünschen sich die Böblinger für das Areal und die Gebäude? Räume für Vereine, eine Bibliothek, eine Galerie oder Platz für die Musikschule? In weiteren Bürger-Workshops soll dafür ein Konzept erarbeitet werden.

Ende 2026, spätestens im Frühjahr 2027 soll das Areal dann fertig bebaut sein. Viel zu tun für die Architekten. Die Wettbewerbsgewinner Sigrid Müller-Welt, Dominique Dinies und Anne-Catherine Dietz von UTA-Architekten und Stadtplaner Stuttgart freuen sich auf die Aufgabe: „Man nimmt als Architekt öfters an Planungswettbewerben teil. Dieses Mal können wir unseren Entwurf auch tatsächlich realisieren.“