Unfreiwillig ist Göppingen durch die tödlichen Schüsse in einer Bar bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Doch vor Ort zeigt sich die Lage eher ruhig und unaufgeregt. Das Weinfest unter dem riesigen Schirm am Marktplatz läuft noch bis Sonntagabend.
Ambivalente Eindrücke aus Göppingen nach der Bluttat vom Mittwochabend. Zu bemerken ist auf den ersten Blick wenig davon, dass sich in der Stadt im kriminellen Milieu ein Angriff mit einem Toten und zwei Schwerverletzten ereignet hat – manche sprechen von einer „Hinrichtung“ mit der Maschinenpistole.
Beim Weinfest gibt es Leckereien wie Spanferkel, das Viertele ist nicht unter 7 Euro zu haben. Auf der Bühne spielt die Blasmusik gegen eine in die Knochen kriechende Kälte an. Am Abend füllt sich das Fest noch weiter. Kaum noch ein Sitzplatz ist mehr zu bekommen. Die Wärme der Menschenmenge unter dem riesigen Schirm heizt die Temperaturen angenehm um einige Grad auf.
Wie reagiert Göppingens OB Alexander Maier? „Ich bin gerade auf dem Weinfest und habe nicht den Eindruck, dass die Leute eingeschüchtert sind“, sagt der Grünen-Politiker per Handy am Freitagmittag.
„Es gab etliche Anrufe und TV-Interviews von überregionalen Medien. Jetzt ist es wieder etwas ruhiger geworden, und die Polizei übernimmt die weitere Kommunikation. Mir war es aber wichtig, auch selbst Informationen an die Öffentlichkeit zu geben, um schnell Klarheit zu schaffen. Seit zwei Tagen sage ich, dass das Weinfest nichts mit den Schüssen zu tun hat“, so Maier, der in diesen Tagen auch gegen persönliche Angriffe und zahlreiche Gerüchte in den sozialen Medien anzukämpfen hat.
Befürchtet Maier, dass Göppingen durch die Berichterstattung einen Imageschaden erleidet? „Schön ist es nicht, aber das ist jetzt nicht meine größte Sorge. Wichtig ist erst einmal, dass der Täter gefunden wird. Alles andere ist zweitrangig“, sagt der OB. Was einige Medien berichten, ärgert ihn dennoch: „Wenn man in den Vordergrund stellt, dass während des Weinfests Schüsse gefallen sind, dann schadet das den Veranstaltern und den Leuten – für mich ist das Stimmungsmache“, meint Alexander Maier. Wenig begeistert war er auch über das Posting eines AfD-Bundestagsabgeordneten mit dem unbestätigten Reizwort „Shisha-Bar“ schon kurz nach der Tat.
Der Tatort, eine erst diesen Sommer eröffnete „Bar Café Lounge“ in der Gartenstraße etwa 150 Meter östlich vom Finanzamt, befindet sich derzeit hinter einem Baugerüst. Drei weitere Kneipen, die teilweise einen eher improvisierten Eindruck machen, befinden sich in diesem etwas vernachlässigten Teil der Göppinger Stadtmitte in unmittelbarer Nähe.
Am Donnerstagmittag waren dort einige Zaungäste Fotografen und Kamerateams vor Ort, ohne dass sich augenscheinlich viel tat. Die Polizei war im Begriff, Anwohner zu befragen und hatte die weiträumige Absperrung aus der Nacht wieder aufgehoben. Im Innenbereich sei die Spurensicherung weitgehend abgeschlossen, hieß es.
Das letzte Mal war Göppingen bundesweit in die Schlagzeilen geraten, als beim Weihnachtsmarkt im Dezember 2023 ein 15-jähriger islamistischer Drohanrufer für Angst und Schrecken sorgen wollte. Die zweite Aufregung um seine Stadt in nur einem Jahr lässt auch OB Alexander Maier nicht kalt, lässt er am Telefon durchblicken.
Für die nächsten Tage erwarteten Wirte und Besucher wieder volles Haus auf dem Göppinger Weinfest. Schließlich sei in der Stadt sonst eher wenig los. Da wolle man sich so ein Event natürlich nicht entgehen lassen. Das 19. Göppinger Weinfest unter dem riesigen Schirm am Marktplatz läuft noch bis Sonntagabend, 6. Oktober.