Jürgen Stegmaier hat an den Öffnungstagen alle Hände voll zu tun. Foto: Ralf Poller

Jürgen Stegmaier musste wegen der Folgen der Silvesterböllerei drei Rinder töten lassen. Das Drama ist in der Besenwirtschaft aber nur bei manchen Gästen noch ein Thema. Sie konzentrieren sich lieber auf das frische, regionale Essen und den guten Wein.

In Stegmaiers Besen in Erdmannhausen herrscht am Sonntagnachmittag, wie an allen Besentagen zwischen September und März, warme, duftende Gemütlichkeit. Teller mit leckerem Essen werden vor die Gäste gestellt, Wein wird ausgeschenkt, Fetzen heiterer Gespräche schwirren hin und her, auch Gelächter erfüllt den Raum. Auf den ersten Blick lässt nichts darauf schließen, dass sich hier an Silvester im benachbarten Kuhstall eine Tragödie ereignet hat.

Durch Silvesterböller in unmittelbarer Nähe waren die hofeigenen Rinder im benachbarten Kuhstall derart in Panik geraden, dass drei davon stürzten und am nächsten Morgen mit gebrochenen Beinen und einem gebrochenen Becken aufgefunden wurden. Die Tiere mussten mit einem Bolzenschussgerät von ihrem Leiden erlöst werden. Das hat viele in der Gemeinde sehr bewegt.

Gäste würden ein Böllerverbot befürworten

Spricht man die munter plaudernden Gäste im Besen darauf an, sagen sie, ja, darüber habe man an den Tischen natürlich auch gesprochen. „Ein Böllerverbot käme mir voll entgegen“, sagt Rita Maier, die mit ihrem Mann aus Murr gekommen ist. „So ein Verhalten ist doch total rücksichtslos.“ Auch Brigitte Rinker aus Schorndorf-Mannshaupten hat von dem Vorfall gehört und regt sich auf: „Ich darf mir gar nicht vorstellen, wie lang die Tiere sich gequält haben.“ Es seien in diesem Jahr aber auch besonders viele Böller gewesen, meinen Waltraud und Kuno Schäfer aus Kirchberg, die am Nebentisch sitzen. Und Werner Mayerhöfer aus Erdmannhausen wundert sich: „Alle wollen einen Zuschuss zu Gas und Öl, aber dafür haben die Leute offenbar noch genug Geld.“ Das Thema ist aber schon kein so großer Aufreger mehr wie noch am Anfang der Woche. Den Eindruck haben zumindest die beiden Erdmannhäuser Regina und Kurt Pflugfelder. Doch: „Der Jürgen Stegmaier war schon arg deprimiert.“

Alles ist regional und frisch zubereitet

Das ist er auch jetzt noch, aber es hilft nichts: Der Besen ist rappelvoll, die Gäste sind hungrig und wollen bedient werden. Und das werden sie auch. Alles, was Oma Gretel Stegmaier als Chefköchin in der Küche nebenan zubereitet, ist frisch und regional, das Rindfleisch kommt von Tieren aus eigener Aufzucht, der Wein aus dem eigenen Wengert. Nur für die traditionelle Schlachtplatte – „die darf in einem Besen halt nicht fehlen“, sagt Jürgen Stegmaier – Fleisch zugekauft. Alle Tiere werden auch regional geschlachtet – durch die Metzgerei Sumser in Steinheim.

Den absoluten Renner in Stegmaiers Besen – außer Bratwürsten und Kutteln – nennt die Kornwestheimerin Angela Feufel: „Hier gibt es wunderbare Bratkartoffeln!“ Jürgen Stegmaier verrät einen Teil des Geheimnisses: „Die Kartoffeln werden portionsweise frisch gebraten, deshalb sind die Wartezeiten halt auch manchmal etwas länger.“ Kein Wunder, immerhin passen 55 bis 60 Menschen in den Raum. Doch den meisten Gästen kommt es ohnehin nicht nur aufs gute Essen an, sondern auch auf das nette Miteinander, sodass es nicht schlimm ist, wenn man mal ein wenig länger aufs Essen wartet. „Man kommt leicht ins Gespräch, das sind alles Menschen, die positiv eingestellt sind“, sagt Ursula Bartmann, die ebenfalls aus Kornwestheim gekommen ist. Deshalb will man an diesem Tisch auch nicht über die tödliche Silvesterböllerei sprechen, sondern leichte Unterhaltung pflegen.

Ein Besen mit langer Tradition

Seit 30 Jahren gibt es Stegmaiers Besen schon. Zwischen September und April hat er in jedem Monat neun Tage lang geöffnet. Sonntags gibt es Winzerbraten mit Spätzle, dann öffnet der Besen auch schon ab 11.30 Uhr. Unter der Woche locken schwäbische Spezialitäten wie Maultaschen und Kutteln, dann aber erst ab 16 Uhr. Und wem einer der Weine von der großen Karte besonders gut geschmeckt hat, der kann ihn natürlich auch mit nach Hause nehmen.