Voller Einsatz: Chantal Laboureur hechtet nach dem Ball. Foto: dpa/Frank Molter

Die Beachvolleyballerinnen Chantal Laboureur und Karla Borger überlegen, wie es mit ihren Karrieren weitergeht: ganz oder gar nicht?

Stuttgart - Die Hauptstadt des Frauen-Beachvolleyballs ist nicht Hamburg, wo sich der Stützpunkt des Verbands befindet. Sondern Stuttgart. Hier sind zwei der besten Abwehrspielerinnen zu Hause, hier trainieren zwei der stärksten Teams. Ob es dabei bleibt? Ist offen. Karla Borger (32) und Chantal Laboureur (31) sind am Grübeln, wie es mit ihren Karrieren weitergeht.

Chantal Laboureur Noch Tage nach der deutschen Meisterschaft in Timmendorfer Strand war die Stimme der großen Siegerin ziemlich angekratzt, als Folge einer nächtlichen Party auf dem Parkplatz. Verdient hatte sich Chantal Laboureur diese Feier allemal, schließlich war ihr Einmaliges gelungen: der dritte DM-Titel innerhalb von vier Jahren – und das mit drei unterschiedlichen Partnerinnen. „Es tut gut, zeigen zu können, was man drauf hat“, meinte sie danach, „etwas anderes bleibt mir ja auch gar nicht übrig.“

Zweimal ist Chantal Laboureur von ihren Blockerinnen verlassen worden, weil diese sich in anderen Konstellationen mehr Erfolg versprochen haben: erst von Julia Sude (2019), dann von Sandra Ittlinger (2021). Seit März spielt Laboureur an der Seite der talentierten Sarah Schulz (22), Gold in Timmendorfer Strand war ihr größter gemeinsamer Erfolg. Genugtuung hat die Stuttgarterin trotz der Siege gegen Behrens/Ittlinger (Halbfinale) und Borger/Sude (Finale) – die Teams ihrer Ex-Partnerinnen – nicht verspürt: „Ich hätte mich genauso gefreut, wenn es gegen andere Gegnerinnen gegangen wäre.“

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Es ist eine Stärke von Chantal Laboureur, die im Juli 2018 mit Julia Sude kurzzeitig auf Rang eins der Weltrangliste stand, sich nicht unterkriegen zu lassen, nie ihren Kampfgeist zu verlieren, immer weiterzumachen. Im Sand, aber auch sonst. Neben der Karriere hat sie in Tübingen ihr Medizinstudium so weit vorangetrieben, dass der theoretische Teil weitgehend erledigt ist. Zudem wartet im Privatleben eine wichtige Prüfung: Am nächsten Wochenende heiratet sie ihren Freund. Was nach der Feier am Bodensee sportlich ansteht? Ist ziemlich unklar.

Zwei Optionen

Derzeit sieht es danach aus, als würde es zwei Optionen geben: ganz oder gar nicht. Entweder Vollendung des Studiums und Familienplanung – oder Olympische Spiele 2024. Paris bietet eine verlockende Perspektive, die Qualifikation aber ist schwierig. Und zudem würde sich erneut die Frage nach der Partnerin stellen. „Es bietet sich an, weiter mit Sarah Schulz zu spielen, die bei der DM richtig stark war“, sagt Chantal Laboureur, „derzeit steht aber noch alles in den Sternen.“

Karla Borger Auch die zweimalige Olympiateilnehmerin weiß nicht, was die Zukunft bringt. Sicher ist bislang nur, dass die Saison noch nicht zu Ende ist. Borger/Sude sind vom 6. bis 10. Oktober beim Finale der World-Tour auf Sardinien dabei, den Startplatz haben sie sich durch den Gewinn der EM-Bronzemedaille im August in Wien gesichert. Das Turnier in der österreichischen Hauptstadt war der Höhepunkt in diesem Jahr – trotz (oder wegen) der Olympischen Spiele. In Tokio hatte das Duo aus Stuttgart und Friedrichshafen einen großen Rückschlag zu verkraften, das sieglose Ausscheiden in der Vorrunde schmerzte enorm. „Die EM hat dann definitiv geholfen, über diese Enttäuschung wegzukommen“, sagt Karla Borger, „es waren Zuschauer da, wir hatten wieder ein positives Gefühl. Und wir haben gezeigt, dass wir es noch können.“

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Dennoch war es ein Sommer, der Spuren hinterlassen hat. Auch bei einer erfahrenen Athletin wie Karla Borger. Nach dem World-Tour-Finale wird die Stuttgarterin eine zweimonatige Pause einlegen, den Beachvolleyball in der Ecke liegen lassen. Einfach mal abschalten, Abstand gewinnen. Und nachdenken. Nach dem Frust von Tokio hat die 32-Jährige einen bemerkenswerten Post veröffentlicht („Man fragt sich, wofür man das alles gemacht hat, die ganzen Entbehrungen über Jahre, so macht Olympia keinen Spaß“), bisher ist auch noch nicht abschließend geklärt, ob es mit Julia Sude weitergeht. Und trotzdem reizt sie Paris, wo das Beachvolleyball-Turnier direkt am Eiffelturm ausgetragen wird. „Ich tendiere dorthin“, sagt Borger, „aber klar ist auch: Wenn ich es mache, dann muss ich es zu 100 Prozent wollen. Das Niveau in der Weltspitze ist enorm hoch, die Spielerinnen werden immer athletischer. Wer mithalten möchte, muss Vollgas geben.“ Und sich seiner Sache absolut sicher sein.