Der Bau eines Einfamilienhauses – bald ein Bild mit Seltenheitswert? Foto: picture alliance/dpa/Mia Bucher

Höhere Preise, explodierende Energiekosten, konjunkturelle Unsicherheiten – es gibt viele Gründe, dass immer mehr Menschen den Plan aufgeben, bald zu bauen oder zu kaufen. Warum Bausparen trotzdem ein Comeback erlebt.

Der Traum vom Wohneigentum droht für immer mehr Menschen zu platzen: Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sind die Eigenheime und Eigentumswohnungen 2022 im Schnitt von 97 untersuchten Städten um elf Prozent teurer als im Vorjahr. Hinzu kommen die erhöhten Zinssätze, die Unsicherheiten wegen der Konjunktur, die Inflation mit kaum kalkulierbaren Baukosten, die Energiepreisexplosion und die teuren Auflagen beim Bauen und Sanieren – all dies erschwert den Erwerb von Wohneigentum. Worauf es jetzt ankommt – ein Überblick.

Was kostet mittlerweile ein Baudarlehen? Die Bausparkasse Schwäbisch Hall – mit rund 30 Prozent Marktanteil Nummer eins in Deutschland – nennt ein Beispiel: Vor gut einem Jahr hat ein Darlehen über 150 000 Euro bei einer Tilgungsrate von zwei Prozent und einem Beleihungswert von 80 Prozent sowie einer Zinsbindung von zehn Jahren eine Monatsrate von etwa 400 Euro erfordert. Heute kostet das gleiche Darlehen fast das Doppelte: 700 bis 750 Euro im Monat.

Die Nachfrage wird zusätzlich gedämpft, weil die allgemein gewünschte Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent oft nicht erbracht wird. 85 Prozent der Mieterhaushalte verfügen über ein Eigenkapital von weniger als 60 000 Euro; damit wäre auch nur eine Immobilie bis maximal 300 000 Euro erschwinglich. Für diese Summe sind im Südwesten kaum Objekte zu haben. „Wenn wir keine besseren Rahmenbedingungen schaffen, wird es eine soziale Spaltung geben mit wenigen, die sich Eigentum noch leisten können“, sagt der Vorstandschef der größten deutschen Bausparkasse, Reinhard Klein.

Wie entwickeln sich die Preise? In den vergangenen Jahren seien die Immobilienpreise im Durchschnitt in Deutschland um die 70 Prozent gestiegen, sagt Klein. Momentan gingen sie wieder leicht runter. „Was im Augenblick passiert, halte ich für eine gewisse Beruhigung.“ Diese Entwicklung werde noch etwas weitergehen, er sehe aber keinem massiven Preisverfall voraus – dazu sei die Nachfrage viel zu groß, und es gebe zu wenig Wohnraum. Deutschland sei mit einer Wohneigentumsquote von deutlich unter 50 Prozent nach wie vor Schlusslicht in Europa.

Anders würde er die Lage bei einem großen Konjunktureinbruch mit einer drohenden hohen Arbeitslosigkeit beurteilen. Doch diese Situation sei nicht in Sicht.

Welche Rolle spielen die Nebenkosten? Die massiv gestiegenen Energiepreise führen dazu, dass die Nebenkosten beim Erwerb mittlerweile viel stärker beachtet werden – weil der Käufer sich mehr dafür interessiert, was der Betrieb der Immobilie kostet. Weil schlecht sanierte Objekte hohe Folgekosten nach sich ziehen, fordern immer mehr Erwerber einen geringeren Kaufpreis, weil sie verstärkt investieren müssen. Offen ist noch, inwieweit der Bund seine Fördersystematik bei der energetischen Sanierung verändert. „Wir werben dafür, sich zunächst stark auf die schlechten Energieklassen zu konzentrieren, um da den größten Schub hinzubekommen“, sagt der Schwäbisch-Hall-Chef.

Gibt es Ausweichstrategien der Kunden? Das Neubaugeschäft der Bausparkassen ist in diesem Jahr massiv zurückgegangen. Wegen der Preisentwicklung, aber auch weil immer weniger Bauherren und Bauträger die unkalkulierbar gewordenen Inflationsrisiken übernehmen wollen, ist derzeit eine große Zurückhaltung am Immobilienmarkt spürbar. Selbst diejenigen, die es sich noch leisten könnten, reagieren verunsichert auf die fragile konjunkturelle Lage. Zugleich verlagert sich das Interesse stark auf Bestandsobjekte, weil sich dort Kaufpreise einfacher kalkulieren lassen.

Warum liegt das Bausparen im Trend? Schwäbisch Hall stellt ein Comeback des Bausparens fest: In diesem Bereich könnte man Ende des Jahres beim Neugeschäft ein Darlehensvolumen von 33 bis 34 Milliarden Euro erreichen – das wären ca. 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Ähnliche gute Zahlen werden auch für 2023 erwartet.

Begründet wird die Renaissance mit dem Kundenwunsch, sich noch Darlehen zu niedrigen Zinsen zu sichern, Eigenkapitalaufbau für den künftigen Erwerb oder eine geplante energetische Sanierung zu betreiben – oder aber um mit dem Bausparvertrag frühzeitig eine Anschlussfinanzierung abzusichern. Zwei Drittel der Bausparmittel fließen traditionell in Modernisierungen und Renovierungen, was nun immer wichtiger wird.

In der Baufinanzierung wird Schwäbisch Hall Ende 2022 im Neugeschäft etwa zehn Prozent unter dem Vorjahr liegen. Ende November lag die Summe bei 15 Milliarden Euro. Besonders heftig war der Einbruch im gesamten Markt in der zweiten Jahreshälfte.

Was könnte die öffentliche Hand tun? Über bestehende Instrumente wie die Wohnungsbauprämie und die Arbeitnehmer-Sparzulage hinaus könnte man Eigenkapitalzuschüsse für junge Familien einführen, meint Klein. Kommunen könnten das Modell „Jung kauft Alt“ voranbringen – wonach jüngere Menschen mit Unterstützung der Gemeinde sanierungsbedürftige Altbauten erwerben und energetisch herrichten. Ebenso könnten mehr Grundstücke in Erbpacht bereitgestellt werden. Im Visier hat er auch die Grunderwerbsteuer in den Ländern, die gestaffelt nach sozialen Kriterien abgesenkt werden sollte – etwa mit einem Freibetrag von 500 000 Euro. „Das müsste dringend bereinigt werden, um gerade jungen Familien den Einzug ins Eigenheim zu ermöglichen.“