Der große Stuttgarter Weihnachtsbaum stammt aus dem Welzheimer Wald, die Lieferung übernimmt eine Firma aus Althütte. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der offizielle Baum auf dem Stuttgarter Schlossplatz stammt aus dem Rems-Murr-Kreis – eine augenzwinkernde Ode an die Welzheimer Weißtanne.

Für große Waldflächen ist die Landeshauptstadt Stuttgart nicht gerade bekannt – kein Wunder, dass die Stuttgarter für den großen Weihnachtsbaum auf dem Schlossplatz Jahr für Jahr auf Importware setzen. Die kommt nicht aus China und nicht aus Osteuropa, sondern aus dem Rems-Murr-Kreis, genau genommen aus dem Welzheimer Wald. In diesem Jahr steht auf dem Stuttgarter Schlossplatz eine Weißtanne, die 75 Jahre in einem Staatswald wachsen konnte, ehe sie für diese ehrenvolle Aufgabe auserkoren wurde. Noch in der Nacht nach seiner Fällung wurde der 22 Meter hohe Baum per Lastwagen nach Stuttgart gebracht. Für letztere beide Punkte ist eine Firma aus Althütte verantwortlich: Holzwarth Baumpflege liefert seit vielen Jahren das weihnachtlichste aller Hochgewächse in die Landeshauptstadt.

In tiefer Nacht bewegte sich der Schwertransport nach Stuttgart und wurde zwar nicht von einem rentiergezogenen Schlitten, aber immerhin von einem Streifenwagen begleitet. Am 4. November wurde er aufgestellt und verbreitet seitdem am Schlossplatz nicht nur Adventsstimmung, sondern zeigt den Großstadtbewohnern auch, wie ein richtiger Baum aussehen kann. Allerdings wird die Beleuchtung des Baumes mit 22 500 LED-Lämpchen wegen der Energiekrise kürzer eingeschaltet als in den Jahren zuvor.

In diesem Jahr verlief der Transport des Riesenbaumes ohne Probleme. In den zurückliegenden Jahren lief dabei allerdings nicht immer alles reibungslos – was natürlich nur der unvorstellbaren Pracht der Gewächse aus dem Schwäbisch-Fränkischen Wald zu verdanken ist. Im November 2018 verspätete sich der Stuttgarter Weihnachtsbaum um ein paar Tage. Der Schwertransport mit der 25 Meter hohen Rotfichte, der sich damals gen Landeshauptstadt aufmachte, war breiter als angemeldet.

Die Polizei stoppte den Transport des 55 Jahre alten Baumes, zumal damals der Leutenbach- und der Kappelbergtunnel, die auf dem Weg nach Stuttgart beide durchquert werden müssen, gleichzeitig für Wartungsarbeiten gesperrt waren. Man kann also unterm Strich festhalten: Die Bäume aus dem Schwäbisch-Fränkischen Wald sind größer als die Polizei erlaubt.

Wird der Baum verheizt oder zu Hackschnitzeln?

Böse Zungen behaupten zwar, die Stuttgarter beziehungsweise Althüttener Weihnachtsbäume der vergangenen Jahre seien teilweise gerader gewachsen oder prächtiger gewesen als der des 2022er-Jahrgangs. Wir können trotzdem stolz sein auf unser 22-Meter-Gewächs. Zumal in Zeiten, in denen allerorten der Diversität gehuldigt wird. Auch ein Baum zum Fest der Liebe muss nicht perfekt symmetrisch gewachsen sein – niemand ist perfekt. Auch nicht im „Länd“.

Bleibt die Entsorgungsfrage, die sich schon für jeden Baum in handelsüblicher Größe stellt. Sie ist bei derart hohen Pflanzen noch einmal schwieriger zu beantworten. Wenn der große Weihnachtsbaum Anfang Januar seine Pflicht erledigt hat und der Lichterglanz langsam wieder abnimmt, wird der Baum zersägt und zerhäckselt. Eine Anfrage an die Stadt Stuttgart, ob die Reste des Baums denn verheizt werden oder ob sie als Holzhackschnitzel dafür sorgen, dass der Nachwuchs beim Schaukeln auf dem Spielplatz weich fällt, blieb bis zum Redaktionsschluss leider unbeantwortet. Zumindest viele seiner kleineren Brüder und Schwestern werden angesichts der Gaskrise vermutlich ein loderndes Ende finden – auch das ist ein Mehr- beziehungsweise Brennwert.