In reinen Industriegebieten liegt der Dauerpegel, der von Baustellen ausgeht, tagsüber bei maximal 65 Dezibel – plus fünf Dezibel Toleranz. In reinen Wohngebieten darf tagsüber einen Wert von maximal 55 Dezibel – plus fünf Dezibel Toleranz – nicht überschreiten werden. Foto: dpa/Frank Rumpenhor/t

Der Bauboom in Deutschland hat auch Nachteile: Bewohner müssen sich mitunter auf viele Monate mit Dreck und Krach einstellen. Im Kampf gegen Baulärm haben Betroffene vielfach nur begrenzte Möglichkeiten.

Lärm nervt, zu viel Lärm macht krank. Wenn Gärtner und Party-Feiernde schon längst leiser sein müssen, dürfen Bauarbeiter weiter auf Hochtouren werkeln. Doch was ist erlaubt und was schon verboten?

Gesetzliche Ruhezeiten

Die gesetzlichen Ruhezeiten richten sich nach den jeweiligen Landesimmissionsschutzgesetzen und kommunalen Verordnungen. In der Regel gilt in Deutschland eine Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr und eine Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr sowie eine ganztägige Sonn- und Feiertagsruhe. In reinen Wohngebieten kann für Freizeitlärm nachts ein Grenzwert von 35 Dezibel (dB) gelten.

Baustellenlärm

Bei Baustellenlärm ist die Sachlage indes eine ganz andere. Denn Baulärm ist unvermeidbar. Generell haben Bürger Baustellenlärm zu dulden. Der Gesetzgeber gibt Bauherren und Baufirmen allerdings Lärmschutzregeln vor.

Grundsätzlich muss es zwischen 20 Uhr und 7 Uhr morgens leiser sein als tagsüber. Beschweren sich Nachbarn, schickt die Bauaufsichtsbehörde zunächst Kontrolleure los, um den Krach auf ein Mindestmaß zu beschränken und die Abläufe auf der Baustelle entsprechend zu planen. Bei Verstößen machen die Behörden Auflagen.

Maximal zulässige Lärmwerte

1970 hat der Gesetzgeber die Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zum Schutz gegen Baulärm erlassen. Sie schreibt maximal zulässige Lärmwerte vor – sogenannte Immissionsrichtwerte. Je nach der Tageszeit oder nach Gewerbe- und Industriegebieten sowie Wohn- oder Mischgebieten gelten unterschiedliche Grenzwerte.

Außerdem sind die Verantwortlichen – Bauherren, Bauunternehmer und Bauleiter – gesetzlich verpflichtet, möglichst lärmarme Baumaschinen und Geräte zu nutzen. Deren Einsatz muss effizient geplant, Krach muss bestmöglich abgeschirmt und notfalls müssen mobile Schallschutzwände aufgestellt werden.

Zwangsmaßnahmen zur Reduzierung von Baulärm

Die Zwangsmaßnahmen zur Reduzierung der Geräuschkulisse umfassen Bußgeldbescheide, in besonders schweren Fällen auch Strafanzeigen wegen Körperverletzung sowie einen erzwungenen Baustopp.

Laut baden-württembergischem Verkehrsministerium prüft die zuständige Immissionsschutzbehörde bei Beschwerden, ob die „Eingreif-Richtwerte“ der AVV Baulärm überschritten werden. Ist dies der Fall, könnten Maßnahmen zur Begrenzung des Baulärms angeordnet werden.

„Wird dieser Anordnung durch den Bauherrn wiederholt und hartnäckig nicht nachgekommen, kann in einem solchen Fall der Betrieb der Baustelle vorläufig untersagt werden“, heißt es auf der Webseite des Ministeriums.

Industriegebiet oder Wohngebiet

Die Richtwerte gegen Baulärm hängen von der Art der Bebauung ab. In reinen Industriegebieten liegt der Dauerpegel, der von Baustellen ausgeht, tagsüber bei maximal 65 Dezibel plus fünf Dezibel.

In reinen Wohngebieten gilt die „32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes“. Anwohner müssen tolerieren, dass auf einer Baustelle von 7 Uhr bis 20 Uhr gebaut wird. Eine Mittagsruhe gibt es nicht. Der Dauerschallpegel darf tagsüber einen Wert von maximal 55 Dezibel nicht überschreiten – das gilt auch samstags. Allerdings gibt es eine Toleranz von weiteren fünf Dezibel.

Baulärm während der Nacht

Nachtarbeiten sind auch in Wohngebieten generell zulässig. Allerdings muss die Lärmbelastung bei einer Nachtbaustelle geringer sein als am Tage (maximal 40 Dezibel plus fünf Dezibel Toleranz).

Mietminderung wegen Baulärms

Ob Mieter wegen Baulärms Mietminderung durchsetzen können, hängt vom Einzelfall ab. Mitentscheidend ist, ob Bauarbeiten in ihrer Gegend erwartbar sind. Wenn ja, entfällt der Anspruch. Zum Beispiel wird Mietern in der Stadt ein höheres Lärmniveau zugemutet als solchen, die auf dem Land leben.

Die Gerichte urteilen bei Baulärm und Mietminderung sehr unterschiedlich. Der Bundesgerichtshof (BGH) als höchstrichterliche Instanz hat in einer Entscheidung Mietern ein Recht auf Lärm-Mietminderung abgesprochen (Urteil vom 29. April 2020, Az.: VIII ZR 31/18).