Beim Bauerntag des Bauernverbandes Nordschwarzwald-Gäu-Enz wird die überbordende Bürokratie kritisiert. Sie müsse reduziert werden, um landwirtschaftliche Betriebe handlungsfähig zu halten.
Zuletzt hat der Bauernverband Nordschwarzwald-Gäu-Enz, zu dem auch die Landwirte aus dem Kreis Böblingen gehören, zum Bauerntag nach Altensteig-Spielberg eingeladen. Die Veranstaltung am vergangenen Wochenende bot Landwirtinnen und Landwirten eine Plattform für den Austausch mit Politik, Verwaltung und Wirtschaft und thematisierte zentrale Herausforderungen der Branche.
Mit rund 250 Besuchern und Besucherinnen war das Interesse an der Veranstaltung groß, wie der Verband berichtet. Unter den Anwesenden befanden sich zahlreiche Abgeordnete aller Parteien sowie Vertreter und Vertreterinnen regionaler Verwaltungsbehörden, die den Austausch mit der Landwirtschaft suchten.
Gerhard Fassnacht, Vorstandsvorsitzender des Bauernverbands, zog in seiner Rede eine historische Parallele: Er erinnerte an die Bauernkriege des 16. Jahrhunderts, in denen Bauern für mehr Rechte und Selbstbestimmung kämpften. Damals wie heute sei die Unabhängigkeit der Landwirte bedroht – heute vor allem durch eine stetig wachsende Bürokratie. „Das darf nicht weiter zunehmen“, mahnte Fassnacht.
Planungssicherheit notwendig
Auch Diana Stierle, die im Namen des Agrar-Gesprächskreises eine Rede hielt, machte in ihrem Beitrag deutlich, dass besonders junge Landwirtinnen und Landwirte eine klare Perspektive und Planungssicherheit benötigen würden. „Die Zeiten des Jammerns sind vorbei. Wir wollen mitreden, mitanpacken und mitwirken“, sagte sie, „wir Junglandwirtinnen und Junglandwirte wollen in eine Zukunft blicken, die es uns ermöglicht, unserer Berufung nachzugehen. Wir wollen die Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln versorgen und gleichzeitig die Umwelt lebenswert für Mensch und Tier erhalten.“ Abschließend forderte sie eine stärkere fachliche Kompetenz in politischen Entscheidungsprozessen und klare Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Ein zentraler Programmpunkt war die Rede von Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands. Er betonte, dass die begrenzten landwirtschaftlichen Flächen weltweit effizient genutzt werden müssten, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren – ohne dabei ökologische Grundlagen zu gefährden. Felßner warnte vor politischen Einschränkungen wie Flächenstilllegungen und Pestizidverboten ohne Alternativen, die die heimische Landwirtschaft schwächen. Gleichzeitig plädierte er für eine „grüne Kohlenstoffbasis“ als Ersatz für fossile Rohstoffe, in der die Landwirtschaft eine Schlüsselrolle übernehmen könne – sofern sie die nötigen Handlungsspielräume erhalte.
Besondere Bedeutung maß er der Tierhaltung in einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft bei: Nicht essbare Biomasse könne sinnvoll in der Tierfütterung genutzt und als organischer Dünger zurückgeführt werden. Tierwohl sei wichtig, lasse sich aber ohne staatliche Unterstützung nicht allein über den Markt finanzieren. Man brauche eine wettbewerbsfähige, planungssichere und innovationsbereite Landwirtschaft.
Zudem fand eine Podiumsdiskussion zum Bürokratieabbau statt. Wilhelm Lohrmann (VdAW), Staatssekretärin Sabine Kurtz, Günther Felßner und Vorstandsmitglied Daniel Dengler diskutierten darüber, wie landwirtschaftliche Betriebe entlastet werden können. Die einhellige Meinung: Die Bürokratie muss auf das notwendige Maß reduziert werden, um landwirtschaftliche Betriebe handlungsfähig zu halten.
Gläserne Produktion: Auszeichnung
Ein wichtiger Programmpunkt beim Bauerntag waren darüber hinaus die Ehrungen langjähriger Ortsobmänner des Verbandes und erfolgreicher Absolventen aus dem Verbandsgebiet. Des Weiteren wurden Betriebe ausgezeichnet, die im Rahmen der Gläsernen Produktion die Landwirtschaft nach außen sichtbar machen.
In seinen Schlussworten bekräftigte Vorstandsmitglied Daniel Dengler aus Jettingen, dass sich der Bauernverband weiterhin mit Nachdruck für die Interessen der Landwirte einsetzen werde.
Aus vier mach eins
Fusion
Ende 2021 haben sich die Bauernverbände aus den Landkreisen Böblingen, Calw und Freudenstadt sowie des Enzkreises zu einem Verband zusammengeschlossen. Der Bauernverband Nordschwarzwald-Gäu-Enz war geboren.
Geschäftsstelle
Seinen Sitz hat der Bauernverband in Bondorf im Kreis Böblingen. Der Vorsitzende ist Gerhard Fassnacht, die Geschäftsführerin ist Sylvia Ewers. Eine zweite Geschäftsstelle gibt es in Freudenstadt.