Auch in Baden-Württemberg muss der Schutz bedrohter Arten wie des Rebhuhns weiter verstärkt werden. Foto: dpa/Sina Schuldt

Die Ziele der Artenschutzkonferenz in Montreal hat auch Baden-Württemberg noch längst nicht erreicht. Dies muss jetzt in Angriff genommen werden.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach von einem großen Durchbruch, als kurz vor Weihnachten 200 Staaten auf der Weltnaturschutzkonferenz in Montreal ihre Abschlusserklärung veröffentlichten – danach sollen 30 Prozent der Landfläche bis 2030 unter Schutz gestellt sein. Baden-Württemberg steht bei diesem Punkt gar nicht so schlecht da und könnte im besten Fall das Ziel bereits erreicht haben. Doch es zählen die Details.

Bettina Jehne, die Sprecherin des Umweltministeriums in Stuttgart, dämpft jedenfalls selber die Erwartungen. Es sei nämlich noch gar nicht sicher, welche Schutzgebietskategorien unter das 30-Prozent-Ziel fallen: „Dies wird in den kommenden Jahren zu klären sein.“ Relativ eindeutig dürfte das für den Nationalpark im Schwarzwald sein, der allerdings nur 0,28 Prozent der Fläche des Südwestens ausmacht. Die Naturschutzgebiete summieren sich auf 2,5 Prozent. Die beiden Biosphärengebiete im Südschwarzwald und auf der Alb umfassen zusammen schon 4,2 Prozent der Fläche. Dagegen kommen etwa die Vogelschutzgebiete auf elf Prozent und die Landschaftsschutzgebiete auf starke 22 Prozent. Zählten letztere dazu, wäre das Ziel bereits übererfüllt.

Viele Schutzgebiete sind nicht besonders effektiv

Allerdings: Steffi Lemke hat dem schon eine Absage erteilt, weil es kaum Einschränkungen in Landschaftsschutzgebieten gibt. Auch in den Biosphärengebieten sind lediglich drei Prozent ganz aus der Nutzung genommen, in weiten Teilen existieren gar keine Beschränkungen. Es komme dort jetzt darauf an, dass die landwirtschaftliche Nutzung nachhaltig erfolge, so Lemke.

Umgekehrt haben manche Gebiete eine hohe Bedeutung für die Tier- und Pflanzenwelt, die gar nicht geschützt sind – dazu gehören manche Streuobstwiesen oder artenreiche Mähwiesen. Sie müssen sogar bewirtschaftet werden, wenn auch extensiv, damit die Artenvielfalt erhalten bleibt.

Johannes Enssle, der Landesvorsitzende des Nabu, sagt deshalb: „Um ehrlich zu sein, klingt dieses Ziel ambitioniert, aber wenn man es genau liest, ist es das aber gar nicht so sehr.“ Es komme jetzt vielmehr darauf an, dass es „ordentlich umgesetzt“ werde – da gebe es in Baden-Württemberg Nachholbedarf. Denn viele Schutzgebiete seien gar nicht besonders effektiv, weil etwa Managementpläne nicht erfüllt würden. Bis vor kurzem durften in Naturschutzgebieten sogar noch Pestizide verwendet werden. Auch schauten nur im Nationalpark und in den beiden Biosphärengebieten fest angestellte Ranger nach dem Rechten.

Renaturierung kommt nur mäßig voran

Vor allem aber besteht die Abschlusserklärung in Montreal nicht nur aus diesem einen 30-Prozent-Ziel, sondern aus insgesamt 23 Zielen. Dazu gehört, dass weitere 30 Prozent der Fläche in eine intakte Natur zurückverwandelt werden sollen. Dafür gibt es im Südwesten noch nicht einmal Pläne. Das existierende EU-Ziel etwa, alle Gewässer in einen guten Zustand zu versetzen, ist auch für den Südwesten noch in weiter Ferne.

Ein weiteres Ziel ist es, die Land- und Forstwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Für Johannes Enssle gibt es da noch viel zu tun, was etwa den Einsatz von Pestiziden, den Schutz von Streuobstwiesen oder die Vernetzung der Biotope angeht. Immerhin besitzt Baden-Württemberg ambitionierte Ziele, was die Reduzierung der Pestizide (40 bis 50 Prozent weniger bis 2030) und den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft (Anteil von 30 bis 40 Prozent bis 2030) angeht.

Der Bund will nun einen nationalen Strategieplan vorlegen und in Leipzig ein Monitoringzentrum aufbauen. Aber Ministerin Steffi Lemke weiß dennoch ganz genau, dass auch vor Deutschland noch sehr viel Arbeit liegt. Die Ziele früherer Weltnaturschutzkonferenzen jedenfalls hat auch Deutschland jedes Mal verfehlt.