Das Vokalquartett Ælbgut Foto: HOLGER SCHNEIDER/Holger Schneider

Bachwoche Stuttgart: Zum Geburtstag Bachs hat es in der Stiftskirche interessanterweise seine Konkurrenten zu hören gegeben.

Eine dankenswerte Idee, am Geburtstag Johann Sebastians Bachs nicht ihn selbst, sondern seine Konkurrenten aufs Leipziger Amt des Thomaskantors zu Wort respektive Klang kommen zu lassen. Bachs letztlich erfolgreiche Bewerbung 1723 in Leipzig war ja Thema des Eröffnungskonzerts der diesjährigen Bachwoche. Und jetzt ließ die Bachakademie im Kantaten-Festkonzert zur 338. Wiederholung seines Wiegenfestes in der Stiftskirche die Bewerbungskantaten von Georg Philipp Telemann und Christoph Graupner aufführen, außerdem zwei Werke von Johann Kuhnau, dem verstorbenen Vorgänger im Amt.

Am Start war das Dresdner Vokalquartett Ælbgut, das sich um die Entdeckung dieser unbekannten, teilweise nicht mal edierten Werke verdient gemacht hat – zu hören auf seiner gerade erschienenen CD. Zur Seite stand ihm das plastisch gestaltende Originalklang-Ensemble Capella Jenensis, befeuert von seinem Konzertmeister Yves Ytier. Packende Musik erklang. Telemann, damals Musikdirektor in Hamburg, war eigentlich der Favorit auf die Stelle in Leipzig gewesen, hatte auch bereits unterschrieben, wurde dann in Hamburg aber durch eine enorme Besoldungserhöhung geködert und trat vom Rücktritt zurück. Graupner war die Nummer zwei. Und auch er blieb doch bei seinem alten Arbeitgeber, dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt. Glück für Bach.

Wenn die Kirche zum Klingen gebracht wird

Kuhnaus schlichten Werken stand in der Stiftkirche dramatisch und sehr affektreich Komponiertes gegenüber. Graupners Kantaten hört man deutlich seine Ambitionen in Richtung Oper an. Und in der Kantate „Ich muß auf den Bergen weinen und heulen“ über die Zerstörung Jerusalems des seinerzeit hochberühmten Telemanns zeigten die Ensembles, wie quicklebendig, emotional mitreißend, harmonisch vielfältig und durch Klangeffekte belebt eine Kirche zum Klingen gebracht werden kann. Hörsogmusik!

Besonders berückend wirkten die Arien des Abends, wenn die Sopranistin Isabel Schicketanz sie sang. Ihre Stimme ist flexibel, die Koloraturen sitzen, alles leuchtet sie emotional fein aus. Im Zusammenklang mit Stefan Kunath (Altus), Mirko Ludwig (Tenor) und Martin Schicketanz (Bass) entfalteten sich die polyfonen Nummern ebenso klangschön wie die schlichten Schlusschoräle. Solche Konzerte zeigen, wie viel hervorragende Musik, die fahrlässig in der Brache der Musikgeschichte zurückgelassen wurde, es noch zu bergen gibt. Danke Ælbgut!