Im Pariser Klimaabkommen hatten sich die Staaten 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Foto: imago/Ipon/Stefan Boness

Die Erde erwärmt sich rasch. Renommierte Fachleute aus dem Forschungsbereich zeigen sich dennoch optimistisch – noch. Und die Klimaschutzbeauftragte der Bundesregierung sagt: „Wir haben es noch selbst in der Hand.“

Das 1,5-Grad-Ziel kann renommierten Klima- und Nachhaltigkeitsforscherinnen und -forschern zufolge noch erreicht werden – allerdings brauche es dazu mehr Anstrengung bei den Treibhausgasminderungen und politisches Umsteuern. Zuletzt hatten einige Forschende bezweifelt, dass das Ziel noch erreicht werden könne.

„Wege zu 1,5 Grad gibt es viele, alle involvieren drastische Emissionsreduktionen“, sagte die Physikerin Friederike Otto vom Imperial College London gegenüber unserer Zeitung. Je länger es dauere, dort hinzukommen, desto weniger realistisch werde es, das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Ziel noch zu erreichen, ohne es erst einmal zu überschreiten.

„Dass die globale Mitteltemperatur in den nächsten Jahren 1,5 Grad Celsius erreichen wird bedeutet, dass wir wirklich absolut keine Zeit mehr haben, global die Emissionen drastisch zu senken“, sagte Otto, die zu den einflussreichsten Klimaforscherinnen der Welt gezählt wird. Bisher steigen die Treibhausgasemissionen Otto zufolge „trotz aller Rhetorik“ weiterhin an.

Frühere Greenpeace-Chefin: Haben es selbst in der Hand

Die Klimaschutzbeauftragte der Bundesregierung zeigte sich optimistisch: „Die Wissenschaft spricht eine klare Sprache: Wir können das 1,5 Grad Ziel noch schaffen“, sagte Jennifer Morgan, Staatssekretärin für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, auf Anfrage. Dafür bleibe aber nur noch wenig Zeit. „Wir müssen jetzt das Ruder herumreißen und als globale Gemeinschaft kollektiv unsere Klimaambitionen steigern“, so die frühere Greenpeace-Chefin. Deutschland könne hierbei „Vorbild und Zugpferd sein“.

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Morgan verwies auf die Energiewende, Deutschland befreie sich „in großen Schritten“ aus der Abhängigkeit von fossilen Energieimporten aus Russland. „Wir können zeigen, dass eine ambitionierte Klimaschutzpolitik enorme Chancen für mehr Frieden, wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Gerechtigkeit bietet“, so Morgan. „Wenn wir die Weichen richtig stellen, werden wir die Klimaziele erreichen. Die gute Nachricht ist: Wir haben es noch selbst in der Hand.“

Nicht lamentieren, sondern endlich machen, mahnt Harald Lesch

Der Physiker und TV-Moderator Harald Lesch warnte davor, nur über die Versäumnisse der Vergangenheit zu lamentieren. „Resignation ist keine Option, es gibt ja Hoffnung“, sagte er. Vielmehr gehe es darum, „endlich zu machen“. Mit der Energiewende gebe es eine „klare Medizin“, um den Klimawandel abzubremsen. Man solle auch nicht Debatten gegeneinander aufrechnen. Ohne Klimaschutz „war’s das auch mit dem Naturschutz“.

Auch Transformationsforscherin Maja Göpel mahnt entschiedenes Handeln an: „Das dauerhafte Diskutieren, ob wir nun noch exakt 1,5 Grad erreichen können oder nicht, hält uns von der wichtigsten Botschaft überhaupt ab: Jedes Zehntelgrad zählt“, sagte sie auf Anfrage. Eine Welt mit 1,6 Grad Erwärmung sei „viel lebensfreundlicher als eine mit 2 oder gar 4 Grad“.

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Laut der Weltwetterorganisation könnte die Jahresdurchschnittstemperatur der Welt zwischen bis 2026 erstmals zeitweise mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen. Dies bedeutet aber nicht, dass das längerfristige 1,5-Grad-Ziel dann überschritten wird. Die Erderwärmung liegt Forschenden zufolge derzeit bei 1,2 Grad. Der Deutsche Wetterdienst rechnet für 2022 mit einem im Vergleich zum langjährigen Mittel zu warmen und zu trockenen Sommer.