Anthony Albanese wird neuer Premier in Australien. Foto: AFP/WENDELL TEODORO

Nach neun Jahren in der Opposition stellen die Sozialdemokraten in Australien wieder den Premierminister. Anthony Albanese blickt dabei auf einen durchaus bemerkenswerten Lebenslauf zurück.

Anthony Albanese sitzt seit mehr als 25 Jahren im australischen Parlament. In dieser Zeit hat er extreme Höhen und extreme Tiefen seiner Labor Party miterlebt. Zwischenzeitlich war diese intern so sehr zerstritten, dass sie sich für fast eine Dekade in der Opposition wiederfand. Albanese fiel in den vergangenen Jahren das schwierige Los zu, die einstigen „Parteifreunde“ wieder zu vereinen. Letzteres ist dem freundlichen 59-Jährigen gelungen. Bei den Parlamentswahlen am Wochenende sicherte sich die Labor-Partei mindestens 74 der 151 Sitzen im Repräsentantenhaus.

Geduld und Hartnäckigkeit

Albanese selbst hat einen eher steinigen Weg bis in die Regierung zurückgelegt. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen im Westen Sydneys auf. Seine Mutter war alleinerziehend, schwer krank und lebte mit ihrem Sohn in einer Sozialwohnung. Den Vater, einen Italiener, lernte Albanese erst im Erwachsenenalter kennen. Seine Kindheit verbrachte er in dem Glauben, der Vater sei bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. „Ich habe den Wert eines Dollars schätzen gelernt. Ich habe gelernt, wie wichtig Resilienz ist“, sagt Albanese.

Schon während seines Wirtschaftsstudiums trat er in die Labor Party ein. 1996 gelang es ihm erstmals, als Parlamentarier ins Repräsentantenhaus in Canberra einzuziehen. Den Sitz hält er seit inzwischen 26 Jahren. Während einer früheren Labor-Regierung war Albanese Minister für Infrastruktur und Verkehr. An der Spitze der Labor Party ist er seit 2019. Es war kein raketenhafter Aufstieg, den Albanese hinlegte – vielmehr zeichnet sich seine Karriere durch viel Geduld und Hartnäckigkeit aus.

Gegner warfen Albanese manchmal gar eine „Zermürbungsstrategie“ vor. Doch seiner Geduld verdankte er wohl auch seinen Sieg: Denn letztendlich schoss sich sein Gegner Scott Morrison selbst ins Abseits. Morrison hatte die Wahl vermutlich bereits 2019 verloren, als er während der tragischen Buschfeuer in Australien mit seiner Familie nach Hawaii in den Urlaub fuhr und dies mit den Worten abtat, er müsse ja keinen Löschschlauch halten.

Kampf gegen den Klimawandel

Albanese positionierte sich im Gegenzug als jemand, der aufbauen und nicht niederwalzen wolle, er versprach „Erneuerung”, aber keine Revolution. Insgesamt trat der Sozialdemokrat mit einem Wahlprogramm auf, das wenig Zukunftsweisendes verspricht, sich aber auf die typischen sozialdemokratischen Werte besinnt.

Der langjährige Politiker setzt sich für höhere Mindestlöhne, eine nationale Antikorruptionskommission, bessere Kinder- und Altenbetreuung und eine besser finanzierte staatliche Krankenkasse ein. Auch die indigenen Bewohner Australiens könnten unter dem sozialdemokratischen Premierminister einen Sieg verbuchen: Albanese will sich dafür einsetzen, eine fünf Jahre alte Petition von Führern der Ureinwohner umzusetzen und den Aborigines eine Stimme im Parlament zu geben sowie deren Stellung als erste Australier in der Verfassung zu verankern.

Albanese hat zudem deutlich mehr Ambitionen im Kampf gegen den Klimawandel – für viele Australier das wichtigste Thema dieser Wahl. So wollen die Sozialdemokraten die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent reduzieren. Damit würde das Land immerhin zu wichtigen Handelspartnern wie Kanada (40-45 Prozent), Südkorea (40 Prozent) oder Japan (46 Prozent) aufschließen.