Vermeer trifft Popart: „The American Girl With the Pearl Earring“ nennt der Sindelfinger Joachim Kupke dieses Werk. Foto: Galerie Schlichtenmaier

Kunst im Aufbruch: Die Galerie Schlichtenmaier präsentiert im Schloss Dätzingen die Ausstellung „Blick nach vorn“. Sie ist ein Beitrag zum Bundesprojekt „Neustart Kultur“.

Dätzingen - Die Galerie Schlichtenmaier möchte mit der groß angelegten Ausstellung „Blick nach vorn“ in Schloss Dätzingen ihren Beitrag zum Bundesprojekt „Neustart Kultur“ leisten. „Die Schau mit 40 zeitgenössischen Positionen aus dem Galerieprogramm will weniger die Welt nach Corona ausloten, sondern die zeitweise lähmenden Einschränkungen für die Künste mit einem bildreichen Auftritt lösen“, sagt Ausstellungskurator Günter Baumann.

Im Landkreis dürfte diese Präsentation neuester Arbeiten nach Ansicht des Galeristen einmalig sein. Und zumindest nach jetzigem Stand der Inzidenzzahlen können die mehr als 100 Werke ohne Anmeldung zu den normalen Öffnungszeiten besichtigt werden. Der Bogen spannt sich biografisch von Jürgen Brodwolf, Jahrgang 1932, bis hin zu den 1982 geborenen Anna Bittersohl und Claudia Magdalena Merk.

Weltoffener denn je

„Von der Herkunft her ist die Ausstellung weltoffener denn je“, sagt Baumann. So zeigt zum Beispiel die aus Brasilien stammende Berliner Medienkünstlerin Luzia Simons neben ihren Scans reizend-poetische Aquarelle, deren Titel „En quarantaine“ auf die Situation zugeschnitten ist. Auf der anderen Seite der Weltkarte wurden Hiroyuki Masuyama und Xianwei Zhu geboren, die seit langem auch in Deutschland leben und die sich aus ihrer Perspektive mit der deutschen Kunst beschäftigen.

Dazwischen sind all die anderen Maler, Bildhauer, Zeichner, Grafiker zu verorten, die aus der Ausstellung ein Panorama der aktuellen Kunst machen. Sie gibt sich mal gegenstandslos oder figurativ, mal gestisch oder minimalistisch. Die Raumfolge im Schloss befasst sich mit höchst unterschiedlichen Themenfeldern.

Popart trifft Alte Meister

Der größte Saal im Schloss Dätzingen ist dem Menschen gewidmet. Aus Leipzig und Berlin sind hier etwa Katrin Brause, Cornelia Schleime und Jan Muche vertreten. Im folgenden Raum finden sich internationale fotografische Positionen von Saskia Boelsums, Elger Esser oder Vera Mercer, um nur wenige zu nennen.

Der Raum danach widmet sich dem Numinos-Narrativen und Geheimnisvollen mit Ben Willikens, der im Corona-Jahr ganz andere Saiten aufgespannt hat als gewohnt, sowie Miriam Vlaming, die sich von der Leipziger Schule emanzipiert hat. Hinter diesen eher erzählerischen Momenten passiert der Besucher eine Reihe konzeptioneller Ideen, deren Bandbreite zwischen den Bleistiftbohrungen Martin Bruno Schmids und den vielschichtigen Bildzitaten des Sindelfingers Joachim Kupke bewegt. Letzterer überträgt in seiner Reihe „Zimmer in Delft“ auf unverwechselbare Weise die berühmten Gemälde von Jan Vermeer durch das Einfügen von Pop-Art-Elementen in die Gegenwart.

Umfangreicher Katalog

In einem weiteren Raum kommt massiv die Farbe ins Spiel – zum Beispiel bei Cordula Güdemann oder bei Ralph Flecks raumsprengenden Werken. Im Kontrast dazu stehen nahezu materiebefreiten Farbe – im Extremfall bei Thomas Deyle, aber auch in den installativen Objekten von Camill Leberer oder den konkreten Arbeiten des früheren Hans-Thoma-Preisträgers Platino.

Zu der Ausstellung ist ein 250-seitiger Katalog erschienen, der auch online auf der Homepage der Galerie einsehbar ist – samt etlichen zusätzlichen Informationen und Interviews mit vielen der ausgestellten Künstler. „Der Katalog sprengt so die gängige Publikationspraxis der Galerien, um auch hier eine neue Form der Kunstvermittlung aufzuzeigen“, erklärt Günter Baumann.

Info

Öffnungszeiten
Die Ausstellung „Blick nach vorn“ ist noch bis zum 4. September zu folgenden Öffnungszeiten zu sehen: mittwochs bis freitags von 11 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 11 bis 16 Uhr.