Die Ruinen des Maurener Schlosses sind spektakulär überbaut. Foto: Archiv/Wandel

Der Ehninger Weiler Mauren hat kaum Bewohner, aber ein Schloss, eine Kirche und ein Hofgut. Nach einer Bombennacht 1943 blieb allerdings wenig von dem Schloss übrig. Die adeligen Nachfahren leben noch heute auf dem Anwesen.

Zwischen Hildrizhausen und Ehningen schlängelt sich die Würm durch ein beschauliches Tal. Dort ist auch das kleine Mauren – samt Hofgut, Scheunenkirche und einem imposanten Neubau auf dem einst zerstörten Schloss.

Glas und Stahl Über den Mauern von Mauren schwebt Glas und Stahl. Modernität erhebt sich nicht nur über das vor fast 80 Jahren zerstörte Schloss. Mit einer gesunden Portion Abstand erzählen die Nachfahren derer von Dusch über ihre Ahnen. „Wenn man überlegt, was man erzählen soll und Briefe, Tagebücher, Gästebücher und Haushaltsbücher gesichtet hat, dann versinkt man darin“, das weiß der Schlossherr Ernst Krohmer nur zu gut. Und Alexandra Krohmer, geborene von Löwis of Menar, Enkelin einer geborenen von Dusch, nickt.

Eine Audienz findet nicht zwischen knarzenden Türen und staubigen Ahnengalerien statt, sondern hoch droben in einer neuen architektonischen Zeit, die sich über dem alten Gemäuer erhebt. Und schnell merkt der Beobachter, dass die großbürgerliche Vergangenheit zwar die Enkel und Urenkel fasziniert, aber als Betrachter und Erzähler – und in den beiden Adlerhorsten der Krohmers die Uhren längst ganz normal ticken.

Glücksfall für Ortschronisten Dem Heimatgeschichtsverein Ehningen und dem Förderverein Denkmal Ehningen sind die Krohmers eng verbunden. Ein Glücksfall, wie so manche Geschichtsstunde zeigt, die mit dem Jahr 1320 einsetzt. Vieles davon steht zwar auch in Ortschroniken und anderen Geschichtsbüchern, aber der Zauber der großbürgerlichen Zeit derer von Dusch, die im Jahr 1872 in Mauren beginnt, kann nur mithilfe der Krohmerschen Quellensammlungen zum Leben erweckt werden.

Schickhardt’sches Schloss Eine wichtige Voraussetzung für das weltläufige Gepräge, das im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt werden konnte, war die Schickardt’sche Architektur. So auch in Mauren „Sein letztes in Württemberg und bis zu seiner Zerstörung auch das besterhaltene“, wie Ernst Krohmer feststellt. Ob Schickhardt tatsächlich einen Garten anlegen ließ, sei dagegen trotz eines Hinweises in dem Nachlass unklar. Sei’s drum. Schließlich wurden nicht nur die Grundzüge der noch heute überzeugenden Anlage erst Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt. Im Schlossinneren hielt der Empirestil Einzug. Der Garten wird durch drei Terrassen gegliedert. Treppenanlagen, Alleen und Springbrunnen. Die strenge Geometrie wurde durch eine überwältigende Pflanzenfülle aufgelockert und verlieh dem Schlossgarten einen romantischen Charakter. Davon erzählen heute vergilbte Fotografien.

Badische Erbschaft Friedrich Freiherr von König vererbte das Schlossgut 1872 an seine Nichte Adelheid Schott von Schottenstein, die mit dem Badischen Gesandten Franz Freiherr von Dusch verheiratet war. „Die Familie Dusch spielt in der badischen Geschichte eine bedeutende Rolle. So war der Großvater badischer Gesandter in der Schweiz und Außenminister, der Vater Gesandter in Bern und Stuttgart, und Sohn Alexander von 1905 bis 1917 sogar Ministerpräsident von Baden“, weiß Ernst Krohmer. Und folgert: „In Mauren wurden badisch-württembergische Gespräche geführt und Geschichte gemacht.“

Sommersitz und Lustort Bis 1924 war Mauren nur Sommersitz derer von Dusch. Wie in dieser Zeit das großbürgerliche Leben ausgesehen hat, vermitteln die Tagebücher von Pauline von Dusch, die sie über 60 Jahre hinweg pflegte. „Sie schildert das Leben einer vergangenen Epoche - eine Welt ohne Geldsorgen und mit reichlich Personal. Eine Welt, in der durch einen bestimmten Lebensstil, durch Erziehung und Ausbildung die gesellschaftliche Stellung festgelegt war“, beschreibt Ernst Krohmer die Ahnengeschichte, die sich gänzlich von seinem Tagwerk unterschiedet, wie allein schon eigene Axt und Kettensäge zeigen, um das Gehölz im Schlossgarten auszulichten. „Man hatte Muße, sich mit Gästen intensiv mit Literatur, Musik und Theater zu beschäftigen – man veranstaltete Lesungen, machte Hausmusik und spielte Theater“, berichtet Krohmer. Doch dieses bequeme und finanziell sorgenfreie Leben in einer großbürgerlichen Welt fand sein Ende in den politischen Folgen des ersten Weltkriegs – der Adel verlor an Bedeutung und Macht.

Aufrechter Gang Im Zweiten Weltkrieg mussten die Töchter Else und Margarete der Eheleute Alexander Freiherr von Dusch und Else Freiin von Dusch große Teile des Schlosses an den Weiblichen Arbeitsdienst vermieten. Die Bombennacht auf den 8. Oktober 1943 samt Zerstörung des Schlosses schildert Else von Löwis eindringlich in ihrem Tagebuch. Die englischen Bomberverbände zerstörten nicht nur das Schloss, dem Brand fielen auch Scheune und Schafstall zum Opfer. Doch Else gab nicht nur die Chronistin, sie protestierte auch gegen die Tötung von Behinderten im Dritten Reich: „Meine Großmutter hat großen Mut bewiesen, als sie die Euthanasie in Grafeneck in einem Brief an den Vorsitzenden des Obersten Parteigerichts anklagte“, weiß Alexandra Krohmer. „Danach schlief Else nur noch mit einen Revolver unterm Kopfkissen, falls sie von der Gestapo abgeholt würde.“

Dornröschenschlaf und Adlerhorst Nach der Zerstörung wurde die Ruine bis zum Erdgeschoss abgetragen und ein provisorisches Dach aufgesetzt. Ruine und Garten versanken in tiefem Dornröschenschlaf. „Wenn man früher über Schloss Mauren sprach, war man am Ende einer traurigen Geschichte angelangt. S’isch elles heh, würde der Schwabe sagen“, sagt Ernst Krohmer heute und blickt zufrieden vom Balkon, der hoch über dem Schloss einem Adlerhorst gleich sich erhebt. Keine Frage: Seine Familie hat die Geschichte fortgeschrieben. Für ein breites Publikum fanden im Schlosshof schon viele Ausstellungen statt. Den privaten Schlossgarten halten die Besitzer in Schuss.

Lustwandeln im Maurener Tal Wer das Würmtal zwischen Ehningen und Hildrizhausen unter die Füße nimmt, kann bei Mauren nicht nur Einblicke in den Schlossgarten erhaschen. Wer ein riesiges Vogelnest erblickt, ist nicht im Jurassic Park gelandet. Kunstwerke der Sculptoura sind noch immer Teil der Landschaft.

Dinieren beim Sternekoch Lukullisch gibt es in Ehningen an der Abzweigung nach Mauren eine Versuchung, der viele erliegen. Dort wartet Sternekoch Franz Feckl mit seinem Team auf. Der Mittagstisch fährt aktuell ein gebratenes Rotbarschfilet auf Fenchel-Gemüse in Portugieser Sauce mit hausgemachten Nudeln auf oder ein Duett vom Hirsch in Wacholderschaum mit Birne, Preiselbeeren, Selleriepüree, Spitzkohl und Serviettenknödel.

Einkehren im Landgasthof Der Grüne Baum in Mauren war viele Jahre für Ausflüger ein Muss. Der Biergarten lockte. Doch seit Jahren befindet sich das Anwesen in Mauren im Dornröschenschlaf. Wer es ähnlich rustikal und zünftig mag, der kann einkehren im Nachbarort Gärtringen im Landgasthaus Heahrhäusle (Bei den Waldhöfen), geöffnet Donnerstag bis Sonntag.

Einkaufen auf dem Hofgut Auf dem Hofgut Mauren – einen Steinwurf vom Schloss entfernt – ist viel zu tun mit 3000 Eiern von 5000 Hühnern, die täglich sortiert werden müssen, den Black-Angus-Kühen mit Kälbern und den Zuchtbullen. Dazu über 700 Masthähnchen, je nach Saison bis zu 400 Mastputen. Und natürlich die 50 Mastschweine nicht zu vergessen, die auch in die Dosenwurst kommen, die es im Hofladen gibt. Neben den 62 Hektar Grünland wollen noch 108 Hektar Ackerland umgetrieben werden. Der Betrieb produziert schließlich alles Futter für die Hennen und Rinder sowie die Schweine selbst. In dem Hofladen der Familie Kenntner-Scheible gibt es Qualitätsprodukte aus artgerechter Tierhaltung ohne Gentechnik.

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Beschauliches Mauren

Rundgang
 Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Unsere Sommerserie widmet sich kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten und bietet Anregungen für Ausflüge, die sich lohnen.

Anfahrt
  Am beschaulichsten ist Mauren zu Fuß oder Fahrrad zu erreichen, eine Buslinie gibt es nicht. Nach Ehningen fährt die S 1. Parkplätze gibt es wenige entlang der Ortsdurchfahrt und vor dem Hofgut.