Die Idee, nun doch nur einen Teil der B 27 auf den Fildern sechsspurig auszubauen, wird konträr diskutiert. Denn womöglich sind auch andere Lösungen möglich, um Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen.
Dass die B 27 zwischen dem Echterdinger Ei und Aichtal sechsspurig wird, ist eigentlich beschlossene Sache gewesen. Der Vorstoß des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, die B 27 nun doch zunächst nur zwischen dem Echterdinger Ei und der Anschlussstelle Leinfelden-Echterdingen Süd auszubauen, und im weiteren Verlauf bis Aichtal vierspurig zu lassen, wird auf den Fildern konträr diskutiert.
Der Filderstädter Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (Grüne) begrüßt die Aufteilung. Dies „schafft die Möglichkeit, sich auf den Teil zu konzentrieren, der am ehesten verkehrlich Sinn ergibt, um Staus und damit Verkehrsverlagerungen in bewohnte Ortslagen zu vermeiden“, schreibt der Politiker in einer schriftlichen Stellungnahme. Danach könne geprüft werden, ob die Ziele nicht doch mit diesem geringeren Aufwand und damit weniger Flächenverbrauch erreicht werden konnten.
Allerdings möchte das Verkehrsministerium in diesem Fall einen Verflechtungsstreifen zwischen den Anschlussstellen Aichtal und Filderstadt-Ost erneut prüfen, um den Verkehrsfluss in diesem Bereich zu verbessern. Matthias Gastel begrüßt diesen Ansatz. „Ein Verflechtungsstreifen im südlichen Bereich, jedoch ausschließlich in die stauträchtige Fahrtrichtung Stuttgart, kann eine verkehrlich gute Ergänzung dazu darstellen“, so der Bundestagabgeordnete.
Ihm geht es auch ums Grundsätzliche: Seiner Meinung nach sind im Ausbaugesetz des Bundes zu viele Aus- und Neubauvorhaben für die Straßen enthalten. „Wir brauchen viel kritischere Überprüfungen der tatsächlichen verkehrlichen Bedarfe und müssen die Projekte ehrlicher auf ihre Umwelt- und Klimawirkungen hin überprüfen. Im Ergebnis muss ein Großteil der Straßenprojekte gestrichen und stattdessen die Schiene gestärkt werden“, so Gastels Fazit.
Eine eigene Spur für E-Busse?
Auch der Filderstädter SPD-Vorsitzende Walter Bauer hat die Umwelt im Fokus. „Unsere Verkehrspolitik kann und muss auch auf den Fildern im Rahmen des Klimaschutzes die Möglichkeiten nutzen, CO2 -Emissionen zu mindern und gleichzeitig die Mobilität der Menschen zu gewährleisten“, schreibt er in einer Stellungnahme. Er plädiert dafür, den Ausbau der B 27 nicht zu verhindern, sondern für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs auf Rädern zu nutzen. „Die B 27 ist mit einer dritten Spur auszustatten, die elektronisch gesteuert für den ÖPNV bevorrechtigt wird, dass dieser – von Staus unbelastet – seine Fahrgäste zu Flughafen, Messe, Fernbusverkehr und zu S-Bahn und Stadtbahn-Stationen verlässlich bringen kann“, so Bauers Vorschlag. E-Busse seien eine Chance, die Menschen aus den Räumen Tübingen und Reutlingen mit dem ÖPNV umweltfreundlich und günstig mit der Filderregion und Stuttgart zu verbinden. Bisher habe die Transformation des Verkehrssektors im Interesse der Energiewende die Erschließung des ÖPNV für die Regionen vernachlässigt, die nicht direkt an Schienensträngen liegen und die auch nicht mit der Schiene erschlossen würden. Gleichzeitig müsse mit dem Bau von Photovoltaikanlagen regional Energie gewonnen und Straßenlärm eingedämmt werden. Regenwasser müsse aufgefangen werden, um es in Trockenzeiten zu nutzen.
Der Filderstädter Oberbürgermeister Christoph Traub spricht von einem „Erfolg“. Aus seiner Sicht wäre ein kompletter sechsspuriger Ausbau zwischen Leinfelden-Echterdingen und Aichtal „völlig konträr zu einer nachhaltigen Stadt“. Momentan gibt es aber noch einen anderslautenden Beschluss des Filderstädter Gemeinderates zum Ausbau der B 27. Darum kommt das Thema dort nun noch einmal auf den Tisch. „Vor der Sommerpause soll das Ministerium von uns eine verlässliche Rückantwort erhalten. Das müssen wir im Gremium noch einmal thematisieren“, so Traub. Vor diesem Hintergrund sei auch ein Verflechtungsstreifen im Bereich der Anschlussstelle Aichtal in Fahrtrichtung Stuttgart bis zur Anschlussstelle Filderstadt-Ost nochmals zu prüfen.
B-27-Ausbau ist rechtlich abgesichert
Rechtslage
Der B-27-Abschnitt zwischen Leinfelden-Echterdingen und Aichtal ist bundesweit eine der höchstbelasteten Bundesstraße und sehr stauanfällig. Die aktuellen Fahrzeugzahlen überschreiten deutlich die gemäß den entsprechenden Richtlinien für eine vierspurig ausgebaute Bundesstraße vorgesehenen Verkehrsstärken. Der Bundestag hat den sechsstreifigen Ausbau B 27 Ende 2016 mit dem sechsten Gesetz zur Änderung des Fernstraßengesetzes im „Vordringlichen Bedarf“ eingestuft.
Ausweg
Weil der Ausbau der B 27 im Fernstraßenausbaugesetz festgeschrieben ist, muss das Land diesen auch planen, denn es ist im Rahmen der Auftragsverwaltung dafür zuständig. Die Unterteilung in zwei Bauabschnitte eröffnet aber die Möglichkeit, sich zunächst auf den Teil zu konzentrieren, der besonders stauanfällig ist.