Ein Meiler des Atomkraftwerks Tihange soll bis 2035 weiter am Netz bleiben. Ein anderer Block soll wegen Sicherheitsbedenken abgeschaltet werden. Foto: dpa/Oliver Berg

Zwei umstrittene Meiler sollen nach dem Willen der Regierung nun doch bis 2035 am Netz bleiben. Zwei Blöcke derselben Kraftwerke sollen aber aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden.

Belgien steigt aus dem Atomausstieg aus. Die Regierung und der Energiekonzern Engie haben sich auf die Eckdaten für eine geplante Laufzeitverlängerung von zwei Atomkraftwerken geeinigt. Geplant war, bis zum Jahr 2025 alle Meiler vom Netz zu nehmen. Mit dem Krieg in der Ukraine habe sich die Situation allerdings grundlegend verändert. Ziel sei es, bis Ende des Jahres ein endgültiges Abkommen zu schließen, „damit unser Land angesichts der instabilen geopolitischen Lage über ausreichend Strom verfügen kann“, teilte Regierungschef Alexander De Croo auf Twitter mit. Geplant ist, den nahe der deutschen Grenze gelegene Reaktor Tihange 3 sowie der bei Antwerpen gelegene Meiler Doel 4 bis mindestens Ende 2035 weiterlaufen zu lassen.

Heftiger Streit über den Atomausstieg

Wie auch in Deutschland wird in Belgien seit Jahren über den Atomausstieg heftig gestritten. Kritiker weisen nicht nur auf die Gefahren des Weiterbetriebs hin, sie befürchten auch, dass die möglichen entstehenden Kosten am Ende auf den Steuerzahler abgewälzt werden könnten. Der Betreiber Engie verhandle „mit der Pistole am Kopf der Regierung“, heißt es in der Tageszeitung „Le soir“. Was bis jetzt über die Verhandlungen bekannt geworden ist, sei bedenklich. Nach Informationen von „Le soir“ verpflichte sich der Staat, die Gesamtkosten des Rückbaus und der Abfallentsorgung zu begrenzen und alle finanziellen Risiken zu tragen, sollten die Kosten in diesem Bereich explodieren.

In Deutschland sorgen die derzeit noch sieben belgischen Atommeiler aus den 1970er und 80er Jahren immer wieder für Diskussionen. So wurden bei den Reaktoren im Nachbarland mehrfach Mängel festgestellt, etwa marode Betonteile. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung haben in der Vergangenheit gefordert, die Kernkraftwerke stillzulegen.

Die AKW sind nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen

Die Standorte Doel und Tihange sind in diesen Tagen nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen. In den vergangenen Wochen hatte der Betreiber Engie gegen das Dängen der Politik entschieden und will den Betrieb der Meiler Doel 3 und Tihange 2 in den nächsten Monaten einstellen. Die flämische Regionalregierung hatte sich dafür stark gemacht, die Anlagen weiter laufen zu lassen. Aus technischen Gründen und wegen Sicherheitsbedenken würden die Anlagen vom Netz genommen. Nach der letzten Wartung im September 2021 sei ein Weiterbetrieb nicht möglich. Geplant ist nun, das Kraftwerk Doel 3 am 23. September abzuschalten, Tihange 2 folgt im Februar 2023. In beiden Blöcken hatten Experten bereits im Jahr 2012 tausende Haarrisse in den Reaktordruckbehältern gefunden.

Die flämische Energieministerin Zuhal Demir unterstrich, dass natürlich die Sicherheit der Menschen bei der Entscheidung an oberster Stelle stehe. Allerdings sei in dieser besonderen Situation mit dem Krieg in der Ukraine Pragmatismus wichtig, um die Versorgungssicherheit des Landes auch mit Atomstrom zu gewährleisten.