Armin Laschet blieb bei Anne Will einige Antworten schuldig. Foto: imago images/Jürgen Heinrich

Bei Anne Will hatte Armin Laschet am Sonntag die Chance, sein Vorhaben zu beweisen. Doch stattdessen versank er im Kreuzverhör.

Stuttgart - Der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte sich zwar gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) durchgesetzt, doch aktuelle Umfragen zeigen, dass die Union stark an Wählern verloren hat, während die Grünen an erster Stelle stehen. Deshalb fragte sich Anne Will am Sonntagabend: Ist Armin Laschet der richtige Kanzlerkandidat?

Eine genaue Antwort auf diese Frage gab es nicht. Und nochmal hakte Will nach: „Tun Sie der Union einen Gefallen, wenn Sie antreten?“ Auch hier keine befriedigende Argumentation. Laschet verwies dabei lediglich auf das demokratische „Mehrheitsprinzip“: „Demokratisch wurde entschieden, dass durch mich die Kanzlerkandidatur gewonnen wird.“ Aber warum eigentlich? In den ersten dreißig Minuten der Sendung versuchte Will erfolglos herauszufinden, wofür Laschets Politik eigentlich steht. „Der wichtigste Bereich sind Kinder und die Schulen.“ Laschet betonte mehrfach, ein sozialer Bildungsaufstieg solle ermöglicht werden.

Das eigentliche Thema „Klimapolitik“ fand in der ersten Hälfte der Sendung keinen Platz. Zu sehr verharrte sich Will, Armin Laschet zu hinterfragen. Die hitzige Diskussion bildete keinen roten Faden, mehrere Themen wurden innerhalb kürzester Zeit angesprochen – keines jedoch zu Ende diskutiert. Doch bei einem Thema waren sich die Gäste Ursula Münch (Politikwissenschaftlerin), Martin Machowecz (Redaktionsleiter „Zeit im Osten“) und Luisa Neubauer („Fridays For Future“-Aktivistin) einig: Alle gegen Laschet.

Kanzlerkandidat Armin Laschet in Bredouille

Armin Laschet wirkte bestimmend und rechtfertigend. Aber so richtig traf er den Nagel nicht auf den Kopf, auch dann nicht, als Will erneut wissen wollte, wofür ER stehe.

Nach einiger Zeit dann endlich der erste Zukunftsblick: Laschet möchte Energie- und Klimathemen ernst nehmen, befürwortet außerdem - anhand des Beispiels Impfungen - ein schnelleres Zulassungsverfahren im medizinischen Bereich. Ein Wahlprogramm gibt es aber noch nicht. Das liege vor allem daran, dass die CDU „auf aktuelle Entwicklungen“ eine Antwort geben möchte. Außerdem arbeite man gemeinsam mit der CSU am Wahlprogramm, was „eine große Leistung“ wäre, die zu erbringen sei. Vorgesehen ist das Programm für Juni 2021.

Klimapolitik der CDU bringt Laschet ins Wanken

Wie wichtig es ist auf aktuelle Entwicklungen einzugehen, weiß auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Erst neulich klagten sie und andere Umweltorganisationen und -schützer in Karlsruhe – und bekamen Recht: Das Klimaschutzgesetz der Bundesrepublik ist zu Teilen verfassungswidrig. Sie fordern: Der Bund müsse mehr und schneller handeln. Neubauer konfrontierte Laschet direkt schonungslos damit, dass die CDU und Union in den vergangenen 15 Jahren ökologische Krisen produziert habe. Dabei zweifelte die junge Aktivistin an, ob die Klimapolitik der Parteien den Anforderungen des Pariser Klimaabkommens gerecht werde. Luisa Neubauer erklärte deshalb dem Politiker erstmal das Pariser Abkommen, dessen globales Ziel zu 2050 Klimaneutral zu werden „das vorherige Agieren reicher Staaten wie Deutschland“ voraussetzt. Dies würde bedeuten, dass Deutschland bis 2045 die Treibhausgasneutralität erreichen müsste. Gesetztes Ziel ist hierbei bereits 2035. Laschet hielt jedoch weiter daran fest, dass Deutschland bis 2050 die Klimaneutralität erreichen würde – Laschet und Neubauer redeten dabei komplett aneinander vorbei. Im Redefluss überschlugen sich Neubauers Worte so stark, dass es auch einer Anne Will nur schwer gelang, diese zu unterbrechen und zum nächsten Thema überzuleiten.

Opposition innerhalb der Union?

„Viel Glück Herr Laschet, was am 6. Juni auf Sie zukommt“, wünschte Martin Machowecz. Ein Einspieler zeigte die aktuelle politische Lage in Ostdeutschland. Die Umfrage ergab, dass sich mehr Bürger und Bürgerinnen eher Markus Söder (CSU) als Kanzlerkandidaten gewünscht hätten. Auch der „Zeit im Osten“-Redakteur Machowecz höre öfter, dass die Sehnsucht nach einer „konturierten konservativen Regierung zu Zeiten Helmut Kohls“ groß sei.

Bei den anstehenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt beneide er Laschet nicht um dessen Rolle. Diese sei von „bösen Geistern“ gezeichnet, da sich „die Leute immer nach Laschet und Merz sehnen“ würden. Weiter stellte Machowecz die Autorität von Laschet in Frage: Sowohl Söder als auch Merz hätten „größere Chancen“ gehabt, sich gegen ein Bündnis mit der AfD zu stellen. Diesen Vorwurf ließ Laschet nicht auf sich sitzen: „Mit denen (Anm. d. Red.: AfD) wird nicht geredet, nicht gesprochen, nicht kooperiert, nicht koaliert!“

Antisemitismus-Vorwürfe gegen Hans-Georg Maaßen

Während in Ostdeutschland die Verführung zur Koalition mit der AfD groß sein könnte, so Machowecz, positioniert sich Laschet eindeutig: „Bei nichts werde ich so rigoros wie bei Antisemitismus“. Diese Aussage traf der Politiker nach einem Vorwurf von Luisa Neubauer. Sie warf dem Kanzlerkandidaten vor, er unterstütze mit der Nominierung von Hans-Georg Maaßen, „das Verbreiten und Legitimieren von rassistischen und antisemitischen Inhalten“. Als jedoch Laschet näher nachhakte, ob Neubauer konkrete Beispiele nachweisen könne, konnte sie den Vorwurf nicht untermauern. „Er ist kein Antisemit. Es wäre ein Grund zum Parteiausschluss. Es gibt nichts, wo ich so rigoros werden würde, wie bei Antisemitismus. Das müssen Sie mir belegen. Wenn das so ist, werde ich handeln“, so Laschet. Auch Anne Will konnte die Diskussion nur schwer umleiten, verwies jedoch schnell darauf, dass man die Vorwürfe redaktionell überprüfe.

Zum Ende der Sendung spielten sich Laschet und Neubauer gegenseitig den Ball zu, die übrigen Gäste Ursula Münch und Martin Machowecz kamen kaum zu Wort. Noch einmal durchbrach Anne Will erfolgreich den Wortschwall von Neubauer und stellte die letzte Frage des Abends: „Herr Laschet, was ist ihr Wahlziel? 30 oder 35?“ Auch die letzte Chance für eine konkrete Aussage verpasste Laschet: „Je mehr, je besser“.