Die Idylle trügt: Die Porsche-Belegschaft wird immer wieder in Aufregung versetzt. Foto: dpa/Marijan Murat

Ist die Betriebsratswahl ungültig und muss wiederholt werden? Das Arbeitsgericht Stuttgart sieht keine Hinweise auf angebliche Manipulationen. Dennoch müssen Unternehmen und aktueller Betriebsrat weiterhin bangen.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Wahlurnen sollen manipuliert worden sein und gegen zentrale Vorschriften des Wahlverfahrens sei verstoßen worden. Zum Beispiel seien Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig zugestellt worden. Somit haben sieben Beschäftigte der Porsche AG und zweier Tochtergesellschaften in Sachsenheim und Ludwigsburg mit ihrer Anfechtungsklage gegen die Betriebsratswahl vom 18. März für viel Wirbel gesorgt – in einer Belegschaft, die derzeit ohnehin mächtig Aufregung erlebt.

Eine endgültige Entscheidung steht nach der Anhörung am Donnerstag vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht noch aus. Doch hat sie für Klarheit gesorgt: Demnach betonte der Vorsitzende Richter, Gerichtsvizepräsident Michael Büchele, am Ende des gut zweistündigen Termins, dass seine Kammer die Verdachtsmomente für eine Manipulation der Wahl nicht bewahrheitet sehe. Ebenso wenig seien Fehler bei der Wahlvorbereitung und dem Wahlvorgang ersichtlich, die Auswirkungen auf das Ergebnis gehabt hätten.

Ganz vom Tisch ist das Verfahren damit nicht. Büchele sieht noch Aufklärungsbedarf, ob rund 100 Beschäftigte aus der Porsche-Gastronomie am Standort Leipzig bei der Betriebsratswahl einbezogen werden durften. Das Betriebsverfassungsgesetz ermögliche eine entsprechende tarifvertragliche Regelung. Doch soll der Betriebsrat bis zum nächsten Termin im Februar ausarbeiten, ob die Voraussetzungen gegeben seien. Offen sei, ob die Interessen der Arbeitnehmer in Leipzig durch einen gemeinsamen Betriebsrat zweckmäßiger vertreten werden als durch zwei getrennte Gremien.

Dies ist aus Sicht der Belegschaft bei dem Dienstleister in Leipzig klar: Sie will vom Gesamtbetriebsrat im Südwesten vertreten werden, weil sie befürchtet, allein mit einem Mini-Betriebsrat nicht gehört zu werden.

Nehmen die Kläger ihren Antrag jetzt zurück?

So stellt sich auch die Frage, ob die Kläger nun eher die Anregung des Porsche-Anwalts und des Vorsitzenden Richters aufgreifen und ihren Antrag zurücknehmen. Handelt es sich um Beschäftigte, die einfach nur ihren Frust darüber loswerden wollen, nicht in den Betriebsrat gewählt worden zu sein – wie auf der anderen Seite geargwöhnt wird? Dann könnten sie das Unternehmen und den amtierenden Betriebsrat, die in dieser Sache Seit’ an Seit’ kämpfen, noch gehörig ärgern – aber eben auch die Betroffenen in Sachsen.

Spontan wollten sich die Kläger da nicht festlegen. Büchele warnte vorsorglich, dass ihnen der Weg in den Betriebsrat selbst bei einem Erfolg vor dem Arbeitsgericht versperrt bleiben könnte. Denn dann drohe eine Fortsetzung in den nächsten beiden Instanzen – was noch Jahre dauern könnte.

Bei der Stuttgarter Konkurrenz hat man da einschlägige Erfahrungen gemacht: Im April 2019 hatte das Arbeitsgericht Stuttgart die Betriebsratswahl für den Betrieb der Daimler Zentrale am 1. März 2018 für unwirksam erklärt – weil gegen wesentliche Vorschriften des Wahlrechts verstoßen worden sei. Auch damals war Büchele der Vorsitzende Richter – und auch damals ging es um räumlich weit entfernte Einheiten, die in die Wahl einbezogen wurden. Das Urteil wurde später vom Landesarbeitsgericht bestätigt. Bevor aber das Bundesarbeitsgericht über die Rechtsbeschwerde befinden konnte, hatten die Belegschaften Mitte März dieses Jahres schon wieder neue Betriebsräte gewählt.