Im Video gibt sich Rathauschef Bernd Hornikel wenig staatstragend – bei Computerproblemen wird an den Monitor geklopft, ansonsten der Kaffee verschüttet. Foto: TikTok/Stadt Schorndorf

Auf TikTok nimmt sich Rathauschef Bernd Hornikel selbst auf die Schippe. Während die AfD von „Selbstinszenierung auf Kosten des Steuerzahlers“ spricht, loben andere Fraktionen die Charmeoffensive.

Die einen finden’s hochnotpeinlich, die anderen feiern den Schorndorfer Oberbürgermeister Bernd Hornikel schon als Internet-Star. In einem von der Stadt veröffentlichten Tiktok-Video zeigt der Rathauschef jetzt sein komödiantisches Talent – und nimmt sich in dem 82 Sekunden langen Schnipsel gehörig auf die Schippe. Frei nach dem Motto „Ein bisschen Spaß muss sein“, wird in dem von der städtischen Social-Media-Managerin Eva-Marie Mihai erdachten Kurzfilmchen gegenübergestellt, wie sich die Bürgerinnen und Bürger den Arbeitsalltag ihres Stadtoberhaupts wohl ausmalen – und wie wenig glamourös sich die oberbürgermeisterliche Realität anfühlt.

Auf die humoristische Spitze getrieben sind beide Versionen des OB-Tags

Auf die humoristische Spitze getrieben sind beide Versionen des Tagesablaufs. In der staatstragend-präsidialen Variante ist Rathauschef Hornikel zu sehen, wie er mit der Amtskette um den Hals erst mal ausführlich die Zeitung liest, während ihm ein Security-Mann mit Knopf im Ohr den Morgenkaffee an den Schreibtisch reicht. Sonst gibt’s nicht viel zu tun – außer eine salbungsvolle Rede zu halten, in die Kamera lächelnd ein rotes Band zu durchschneiden und zum Dienstschluss um Punkt 17 Uhr in eine schwarze Nobelkarosse zu steigen. Der Wirklichkeit offenbar deutlich näher kommt die Rolle, in der Rathauschef Bernd Hornikel erbarmungslos durchs verwaltungsinterne Hamsterrad getrieben wird. Gehetzt von einem Termin zum nächsten eilend wird er von Mitarbeitern mit Klärungsbedarf sogar noch auf dem Weg zur Toilette aufgehalten, der Kaffee ergießt sich in der Hektik über den Schreibtisch samt der Tageszeitung. Und wenn der Computer wieder mal mit Technik-Problemen zickt, klopft der OB ebenso hilflos wie energisch gegen den Monitor.

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Die mit viel Selbstironie auf Video gebannte Sequenz, laut dem Rathauschef an einem ruhigen Freitagvormittag in einer starken Stunde abgedreht, stößt in Schorndorfs Lokalpolitik nicht bei allen auf Wohlgefallen. Lars Haise, Vorsitzender der mittlerweile vierköpfigen AfD-Fraktion und so etwas wie ein Intimfeind des Rathauschefs, nennt das Social-Media-Filmchen eine oberbürgermeisterliche Selbstinszenierung auf Kosten des Steuerzahlers. „Nach der verheerenden Hochwasser-Katastrophe sollte man meinen, dass die Stadtoberen Besseres zu tun haben sollten, als an Peinlichkeit kaum zu übertreffende Tiktok-Videos zu erstellen“, schreibt er in einer Mitteilung.

Für die Schorndorfer AfD ist das Video „an Peinlichkeit nicht zu überbieten“

Vergleichsweise spaßbefreit kündigt Lars Haise außerdem eine Diskussion übers Budget für die städtische Öffentlichkeitsarbeit bei den anstehenden Etatberatungen an – steht mit dieser Haltung in der Lokalpolitik aber offenbar alleine. Sein Ratskollege Tim Schopf beispielsweise, Fraktionschef bei der Schorndorfer SPD, bricht ob der städtischen Charmeoffensive geradezu in Jubel aus. „Politik lebt von der Transparenz – deshalb ist es für eine Stadt extrem wichtig, die Bevölkerung über alle Kanäle zu erreichen“, gibt er zu Protokoll.

Auch CDU-Boss Hermann Beutel sieht keine Verschwendung von Steuergeldern und lobt den Versuch, die Aufgaben einer Stadtverwaltung zur Abwechslung mal nicht in einem bierernsten Erklärvideo zu verpacken: „Es gibt nun mal immer mehr Menschen, die nicht auf Facebook zu finden sind und keine Zeitung lesen“, stellt er fest. Leise Zweifel, ob der OB sich auch mit der nötigen Würde des Amts auf Tiktok bewegt, scheinen Beutel aber zu beschleichen. „Ich finde das Video ganz nett – auch wenn ich es nicht so gedreht hätte“, sagt er.

OB Bernd Hornikel selbst sieht die Kritik gelassen. „Es ist ja kein Geheimnis, dass der Herr Haise und ich in diesem Leben keine Freunde mehr werden“, sagt er – und verweist mit durchaus hörbarem Stolz auf die Klickzahlen, die das Tiktok-Video schon kurz nach der Veröffentlichung vorweisen kann. Die Statistik weist mit mehr als 25 000 „Views“ und immerhin 530 „Likes“ durchaus beachtliche Zugriffszahlen aus – obwohl die Stadt bisher gar nicht auf der Plattform vertreten war. Auch aus der Bürgerschaft und Verwaltung habe er sehr positive Resonanz erhalten. „Unsere 40 Auszubildenden haben das Video gefeiert und meine bessere Hälfte hat Tränen gelacht“, berichtet der Rathauschef heiter. Einen schleichenden Verlust an Respekt befürchtet Bernd Hornikel nicht. „Es geht ja nicht darum, den OB zum Verwaltungsclown zu machen – sondern uns mit einem Augenzwinkern als sympathische Stadt und als moderner Arbeitgeber darzustellen“, sagt der OB. Und ergänzt: „Herr Haise ist da sicher nicht die Zielgruppe.“