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Wer hing noch nie in einer Telefonhotline fest? Oder musste warten, bis die Ampel auf Grün spring? Solche Momente bieten Möglichkeiten, findet Redakteur Andreas Hennings.

Warten. Innehalten. Ruhig bleiben. Mal einen Moment nichts tun. Das scheint uns offenbar schwerzufallen. Zumindest gewinnt man den Eindruck, wenn im Supermarkt eine weitere Kasse öffnet und der Ansturm auf das leere Warenband hereinbricht. In einem Chaos, als würde der schnellste Kunde den Einkauf geschenkt bekommen. Oder im Flugzeug: Kommt das nach der Landung zum Stehen, klicken in Sekundenschnelle die Anschnallgurte und die Passagiere springen auf. Als wäre der Mittelgang das natürliche Habitat des Menschen. Wer eine Sekunde zu langsam ist und es nicht in den überfüllten Gang schafft, steht dann eben lieber gebückt, den Kopf schräg am Gepäckfach klebend, in der Sitzreihe, anstatt sitzend zu warten. Obwohl die Türen erst nach Minuten öffnen.

Kein Wunder, dass sich Warteschleifen am Telefon besonders großer Beliebtheit erfreuen. Umso mehr musste ich schmunzeln, als meine Kollegin mich diese Woche verdutzt fragte: Wusstest du, dass die Bottwar 18,3 Kilometer lang ist und mit zwei Metern pro Sekunde fließt? Genau das hatte ihr gerade das Band am Rathaus in Oberstenfeld verraten. Die Kollegin jedenfalls hatte ihren Spaß daran und meinte gar, sie wäre gerne länger in der Warteschleife geblieben.

Ein Tänzchen an der roten Ampel

Welch eine willkommene Abwechslung! Vor allem in einem Moment, in dem man gar nicht damit rechnet. Was über Warteschleifen im Landkreis nicht alles vermittelt werden könnte. Dass das Wort Neckar im Keltischen für heftiger, böser, schneller Fluss steht. Dass das Bietigheimer Viadukt schon seit 1853 die Enz überquert. Dass am Rangierbahnhof Kornwestheim bis zu 66 Gleise parallel liegen.

Oder wie wäre es mit etwas Humor? So ertönt am Stuttgarter Flughafen, wenn man die Drehtür am Eingang blockiert, auf Schwäbisch: „Bitte ganget Se oifach weiter“. Und in Lissabon war vor einer Fußgängerampel eine Tanzfläche aufgebaut. Die Bewegungen, die man darauf an den Tag legte, wurden automatisch aufs rote Ampelmännchen übertragen, das also mittanzte. Und: Die Idee führte dazu, dass 81 Prozent mehr Menschen an der roten Ampel warteten.

Wie wär’s mit Witzen in der Corona-Warteschleife?

So etwas hübscht den Alltag doch gleich auf. Und regt zum Schmunzeln an. Vielleicht würde das ja sogar in Momenten besonderer Anspannung helfen. Stellen Sie sich vor, über die Hotline 116 117 wären Witze erzählt worden, während ganz Deutschland stundenlang in der Warteschleife auf einen Impftermin gegen Corona hoffte. Der Frustfaktor wäre bestimmt nicht ganz so hoch gewesen.