Klassenzimmer bleiben wohl noch eine Weile aufgestuhlt. Foto: dpa/Jan Woitas

Talkshows sind eine beliebte Bühne um zu zeigen, wohin die Corona-Zukunft uns führt. Spitzenpolitiker glauben nicht an das schnelle Ende des Lockdowns. Und eine Geschäftsfrau stellt spannende Fragen.

Stuttgart - Es gibt nicht wenige Menschen in Deutschland, die hoffen, dass es in rund zwei Wochen besser wird mit geschlossenen Schulen, geschlossenen Läden, geschlossenen Restaurants. Menschen, die daran glauben, dass Theater, Kinos oder Kindertagesstätten wieder besucht werden können. Wenn diese Menschen genau zugehört haben bei Anne Will am Sonntag Abend, dann ist ihr Wochenende nicht gerade zufriedenstellend ausgeklungen.

Da ist Peter Altmaier, der Wirtschaftsminister. Man müsse noch zwei bis drei Wochen Geduld aufbringen, dann sei „eine Perspektive sichtbar“, sagt der. Stephan Weil ist Ministerpräsident von Niedersachsen. „Wir können im Februar was entscheiden, ob das am 15. ist weiß ich nicht“. Gekennzeichnet ist diese Aussage allerdings als Hoffnung. „Jetzt Versprechungen zu machen dient niemandem“. Clemens Fuest, der Präsident des Ifo-Institutes will zwar nicht nur an Schließungen denken, fordert aber „radikal runter mit den Infektionszahlen“. Und Corinna Pietsch, die Chefvirologin des Leipziger Klinikums will erst dann über Öffnungen reden, wenn die Zahl der Infizierten pro 100 000 Einwohner und Woche, die Inzidenzzahl, bei zehn liegt. Ihre Zeitperspektive: „Viele Wochen bis einige Monate“.

Eine Ladenbesitzerin allein auf weiter Flur

Talkshows sind eine beliebte Bühne der Handelnden, um zu zeigen, wohin die Reise wohl gehen wird. Brigitte Meier stand mit ihrer Forderung ziemlich allein. „Öffnung, und zwar sofort“ sagt die Münchner Ladenbesitzerin, und dass sie in ihrem Geschäft viel mehr Hygienemaßnahmen umgesetzt habe als nötig. Da wäre es hilfreich zu wissen gewesen, dass Meier keinen x-beliebigen Laden für Laufkundschaft betreibt. „Peduform Budapester“ für knapp 900 Euro das Paar stehen auf ihrer Onlineseite ganz oben, neben dem Krokokoffer für 15 000 Euro.

 

Allerdings: Brigitte Meier hat Fragen aufgeworfen, an deren Beantwortung sich niemand wagen wollte, und das war eigentlich schade. Warum es an den U-Bahnen kein Desinfektionsmittel gebe und im Flieger noch Essen serviert werde? Warum die Leute beim Corona-Test nicht mal nach ihrem Beruf gefragt werden? Der Staat möge doch bitte liefern, erklärt die Unternehmerin, „bei uns steht auch das Finanzamt vor der Tür und will seinen Teil“.

Ein Blick nach vorne

Da nun die Sendung den Titel „Zeit für neue Perspektiven“ bekommen hatte, wurde natürlich auch perspektivisch nach vorne geblickt. Stephan Weil präsentierte schon mal einen Stufenplan, den er zunächst der TV-Gemeinde, und demnächst auch den Ministerpräsidentenkollegen vorstellen möchte. Grundschulen sollen demnach von einer Inzidenz zwischen 50 und 100 in den Wechselunterricht, Hotels und der Einzelhandel bei Werten zwischen 25 und 50 öffnen. Theater und Kinos seine bei einer Inzidenz zwischen zehn und 25 dran, Diskotheken bei weniger als zehn. „Deutlich zu früh“ nennt nicht nur Virologin Pietsch dieses Szenario, sondern auch Wirtschaftsforscher Fuest. Der ist Vertreter der „No-Covid-Strategie“, die einen Inzidenzwert von unter zehn anstrebt und nicht mit dem Ansatz von „cero covid“ verwechselt werden darf, der radikaler ist und unter anderem das Arbeitsleben weitgehend still legen möchte.

Fuest und Altmaier sind sich wiederum darin einig, dass ein Wechsel zwischen Schließen und Öffnen nicht erstrebenswert sei. Versehen mit dem unausgesprochenen Unterton: dann lieber alles länger geschlossen halten. Vielleicht, sagt Peter Altmaier, müsse man ja auch nicht alle Geschäfte an allen Tagen auf machen. Das seien „so Überlegungen während dem ersten Lockdown gewesen“. Die Frage des Ifo-Chefs, ob man sich denn auch in der öffentlichen Verwaltung um Homeoffice bemüht habe verhallte im Studio.

Ein Wort noch zum Impfen: Ob die EU zu spät oder zu sparsam bestellt habe scheint ein unaufklärbares Mysterium. Clemens Fuest empfiehlt, nun wenigstens noch mal viel Geld in die Hand zu nehmen und Hersteller mit Prämien für schnelle Lieferungen zu ködern. Der Impfgipfel, auf dem darüber gesprochen werden könnte, beginnt gut 15 Stunden nach Ende der Talkrunde.