Anna Köttgen gilt als Spitzenexpertin in der Analyse hochkomplexer Genomdaten. Foto: Christian Hanner

Die Freiburgerin Anna Köttgen hat im Bereich der genetischen Grundlagen von Nierenerkrankungen und der Gicht neue Erkenntnisse ans Licht gebracht – und es zu hoher wissenschaftlicher Anerkennung gebracht.

Freiburg - Die Gicht ist wohl die am längsten bekannte Erkrankung: Schon die alten Babylonier und die Ägypter haben unter der entzündlichen Gelenkerkrankung gelitten – der häufigsten Form der entzündlichen Arthritis. Heute sind etwa ein bis zwei Prozent der Bundesbürger davon betroffen. Doch ist die Stoffwechselerkrankung trotz der Historie den Medizinern noch in vielem ein Rätsel – das Anna Köttgen seit Jahren versucht, Stück für Stück zu entschlüsseln.

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Der Direktorin des Instituts für Genetische Epidemiologie am Universitätsklinikum Freiburg ist es gemeinsam mit ihrem Team und internationalen Kollegen aus 195 wissenschaftlichen Einrichtungen gelungen, unter anderem zu zeigen, wie stark der Einfluss erblicher Faktoren auf das Gicht-Risiko ist – ein Mammutprojekt, das viel Aufsehen erregt und Köttgen wissenschaftlich hohe Anerkennung eingebracht hat.

Mit dem Landesforschungspreis Baden-Württembergs ausgezeichnet

So schaffte sie es, ein bis dahin unbekanntes Transportprotein für Harnsäure zu entdecken, in dem genetische Varianten für etwa zehn Prozent aller Gichterkrankungen verantwortlich sind. Und ein Forscherteam um Köttgen fand im Rahmen einer Studie 90 Gene, die den Stoffwechsel und die Entgiftung über Nieren und Urin beeinflussen und deren Rolle in diesen Prozessen bisher größtenteils unbekannt war. Dafür und für ihre Gesamtleistung wurde ihr im Dezember 2020 der renommierte und hoch dotierte Landesforschungspreis Baden-Württembergs verliehen, der alle zwei Jahre vergeben wird.

Längst gilt sie als Spitzenexpertin in der Analyse hochkomplexer Genomdaten. Seit Juni 2021 ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften – Leopoldina, der ältesten dauerhaft existierenden naturforschenden Akademie der Welt.

Über lange Zeit zu einem anerkannten Institut gewachsen

Es war ein hartes Stück Arbeit, um dorthin zu kommen, wo sie nun steht – das gibt Anna Köttgen unumwunden zu. Gemeint ist insbesondere der Aufbau eines Instituts einer bisher in Deutschland wenig etablierten Disziplin, der Genetischen Epidemiologie. Sie hilft Medizinern, die verursachenden Gene für eine Krankheit zu entdecken und das Ergebnis für Diagnose und Therapie zu nutzen. „Wir haben als Arbeitsgruppe angefangen, und es hat Jahre gedauert, bis daraus eine Abteilung und schließlich ein anerkanntes Institut geworden ist“, sagt sie.

Trotz der Hürden sei sie stets motiviert und voller Freude für ihren Beruf. Dazu habe auch ihr Umfeld beigetragen, sagt Köttgen: „Ich habe und hatte stets tolle Mentorinnen und Mentoren und ebenso tolle Kollegen.“ Auf die Unterstützung ihrer Familie konnte sie sich immer verlassen. „Und es gab stets das nötige Quäntchen Glück.“

Nicht an der eigenen Qualifikation zweifeln

Inzwischen unterstützt sie selbst angehende Wissenschaftler und Studierende in ihrer Laufbahn, lässt sie teilnehmen an ihrem Erfahrungsschatz und spornt sie zu Selbstbewusstsein an: „Zunächst ist es wichtig, aktiv auf Menschen zuzugehen, die als Mentoren in Frage kommen könnten“, lautet ein Rat von Köttgen. Um sich im weiten Wissenschaftsbereich gut zu vernetzen, sollte man seine Forschungsergebnisse unbedingt auf Konferenzen und Seminaren präsentieren – und sich für die Arbeit von Kollegen interessieren. Ein weiterer Rat der Professorin: „Arbeiten Sie zielstrebig, und ergreifen Sie Chancen beherzt, statt an Ihrer Qualifikation zu zweifeln.“

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Prävention von Nierenerkrankungen langfristig verbessern

Sie wird sich wieder auf Spurensuche im menschlichem Genom begeben: „Es gilt, unser Verständnis komplexer Erkrankungen weiter zu verbessern“, sagt Köttgen. So forscht sie aktuell zusammen mit Kolleginnen und Kollegen anhand genetischer Informationen nach den molekularen Mechanismen für Nierenerkrankungen, die immer noch als schlecht therapierbar gelten. „Wir hoffen, dass wir dadurch die Behandlung und Prävention von Nierenerkrankungen langfristig verbessern können“, sagt Köttgen.