Ein Landwirt versprüht Pflanzenschutzmittel auf einem Rapsfeld – der BUND fordert unter anderem eine starke Verringerung der Pestizide. Foto: imago images/Jens Koehler

Der BUND Baden-Württemberg kritisiert beim Thema Lebensmittelproduktion scharf bestimmte „rückwärtsgewandte“ Verbände und Politiker und fordert eine weitere Ökologisierung der Landwirtschaft – nur das ermögliche auf Dauer eine sichere Ernte.

Die Landesdelegierten des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben am Sonntag bei einer Konferenz in Bad Boll (Kreis Göppingen) eine Resolution verabschiedet – sie wollen darin einen Weg aufzeigen, wie ihrer Meinung nach Arten- und Klimaschutz mit der Lebensmittelsicherheit zusammengebracht werden können. Dabei erhoben die Naturschützer schwere Vorwürfe gegen „rückwärtsgewandte Interessengruppen und Politiker“: Diese würden den Krieg in der Ukraine und die Angst der Menschen vor einer Hunger- und Energiekrise instrumentalisieren, um „Errungenschaften der Agrarwende auszusetzen und die intensive Landwirtschaft weiter zu stärken.“

Tatsächlich hatten die EU und teilweise auch Deutschland vor kurzem erlaubt, dass die sogenannten ökologischen Vorrangflächen, die vier Prozent der Ackerfläche ausmachen, in diesem Jahr stärker landwirtschaftlich genutzt werden dürfen. Die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch und die Delegierten halten das für den falschen Weg. Denn gerade der Ausbau des Ökolandbaus oder die Reduzierung von Pestiziden seien geeignet, die Produktion von Lebensmitteln auf Dauer zu gewährleisten, weil dadurch die Lebensgrundlagen geschützt würden. „Wir appellieren eindringlich für eine konsequente Ökologisierung der Landwirtschaft, gerade auch als Beitrag zur Ernährungssicherheit“, sagte Pilarsky-Grosch.

Weniger Fleisch essen, das sei die grundsätzliche Lösung

Konkret wird in der Resolution die Landesregierung aufgefordert, den bisherigen ökologischen Weg „vor wirtschaftlichen Interessen zu schützen“. Baden-Württemberg hat eines der fortschrittlichsten Gesetze zur Biodiversität. Geplant ist etwa, bis 2030 den Anteil der ökologisch wirtschaftenden Landwirte auf 30 bis 40 Prozent zu erhöhen und ebenfalls bis 2030 die Menge an Pestiziden um 40 bis 50 Prozent zu senken.

Daneben fordert der BUND, die Beimischung von Biokraftstoffen auszusetzen, ein Tempolimit einzuführen und landwirtschaftliche Betriebe dabei zu unterstützen, ihre Tierbestände zu verringern. Auf lange Sicht müsse der Fleischkonsum reduziert werden, um genügend Lebensmittel für die Menschen zu ernten, denn derzeit werde auf 60 Prozent der Fläche Tierfutter produziert.

Bauernverband: Hamsterkäufe machen keinen Sinn

Manche Landwirte schütteln den Kopf über diese Forderungen. So sei Tierfutter etwa auch das Gras von Wiesen – diese dürften ja gar nicht als Ackerfläche genutzt werden, etwas anderes als Tierfutter sei dort nicht möglich. Außerdem müsse auf den Äckern eine Fruchtfolge eingehalten werden, sonst lauge der Boden aus. Es sei nicht möglich, auf einer Fläche immer Getreide für den menschlichen Verzehr anzubauen.

Joachim Rukwied, der Vorsitzende des baden-württembergischen und zugleich des deutschen Bauernverbandes, goss am Wochenende auf dem Maimarkt in Mannheim kein weiteres Öl ins Feuer. Er bat die Bürgerinnen und Bürger stattdessen, möglichst regionale Lebensmittel zu kaufen, um die heimischen Landwirte zu unterstützen. Er betonte, dass die Bauern „auch in Kriegszeiten Garant für die regionale Lebensmittelversorgung“ seien und dass es, von wenigen Produkten abgesehen, keine Engpässe gebe. Rukwied: „Hamsterkäufe machen keinen Sinn, im Gegenteil, wir raten davon ab.“

Viele Lebensmittel sind deutlich teurer geworden

Tatsächlich sind Mehl und Sonnenblumenöl in vielen Supermärkten weiter knapp oder ganz ausverkauft. Vor allem aber haben sich die Preise für viele Lebensmittel dramatisch erhöht. Eine Stichprobe unserer Zeitung ergab, dass etwa die Butter-Eigenmarke bei Lidl heute 2,09 Euro kostet – vor einem Monat waren es noch 1,35 Euro. Das ist ein Preissprung um 55 Prozent. Nudeln oder Milch verteuerten sich auch, aber nicht ganz so stark. Und es gab sogar wenige Produkte, die leicht günstiger geworden sind, zum Beispiel Bio-Kartoffeln bei Aldi.