Gruppenbild in Nanteuil-le-Haudouin: Die Altdorfer zu Besuch in ihrer französischen Partnergemeinde Foto: Gemeindeverwaltung Altdorf

Seit 50 Jahren pflegen Altdorf und Nanteuil-le-Haudouin eine Gemeindepartnerschaft. Um dies zu feiern, ist jüngst eine Gruppe in den Ort bei Paris gereist – mit einem Geschenk im Gepäck.

Nanteuil liegt 46 Kilometer nordöstlich von Paris und zählt aktuell 4300 Einwohner. Die Gemeinde gehört zum Département Oise. Zu den regelmäßigen gemeinsamen Veranstaltungen gehören die Partnerschaftsbesuche, die alle 2 Jahre stattfinden. Dieses Jahr sind rund 40 Altdorferinnen und Altdorfer nach Nanteuil-le-Haudouin gereist, um dort das 50-jährige Bestehen der Partnerschaft zu feiern.

Der französische Bürgermeister Gilles Sellier hatte sich entschieden, ein richtig großes Fest zu feiern. Er lud ein zu einem langen Festwochenende von Donnerstag, 3., bis Sonntag, 6. Oktober. Die Altdorfer reisten an mit großem Bus – und mit großen Erwartungen. Nach dem Empfang mit einer Blaskapelle und der Begrüßung durch Sellier mit blau-weiß-roter Schärpe, wurde im Rathaus der Freundschaftsvertrag zwischen den Gemeinden bekräftigt. Um genau zu sein: am 16. Juni 1974 wurde in der Altdorfer Festhalle das Gelöbnis zur Partnerschaft von den Bürgermeistern Junot und Arnd Rehn unterzeichnet. Das Originaldokument fand sich im Tresor des Rathauses und wurde feierlich erneuert.

Bürgermeister a. D. Philippe Coffin (Nanteuil), Bürgermeister Gilles Sellier (Nanteuil), Bürgermeister Erwin Heller (Altdorf) und Bürgermeister a. D. Philippe Dupille (Nanteuil, v. l. n. r.) Foto: Gemeindeverwaltung Altdorf

Darin verpflichten sich die Partner, „dauerhafte Verbindungen zwischen unseren beiden Gemeinden aufrecht zu erhalten, freundschaftliche Begegnungen der Einwohner unserer Gemeinden in allen Bereichen zu unterstützen und durch ein besseres gegenseitiges Verständnis das europäische Gemeinschaftsgefühl zu pflegen.“ Gerade heute, vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Situation, erscheinen den Vertretern der Partner diese Verpflichtungen notwendiger denn je. Die Grundidee der Partnerschaften basierte auf dem Elysée-Vertrag von 1963, den Charles de Gaulle und Konrad Adenauer ausgehandelt hatten.

Die Delegation aus Altdorf bringt ein Theaterstück mit

Ehen werden bekanntlich im Himmel geschlossen, aber auf der Erde geführt. Das gilt auch für diese „Jumelage“. Verständnis entsteht nur, wenn man neugierig aufeinander ist und bleibt. Auch wenn es mal zu einer Kollision kommt. Das war das Thema eines kleinen Theaterstückes, das die Altdorfer eingeübt hatten und als Gastgeschenk im Rahmen eines „Apéro-Abends“ den Gastgebern präsentierten. Die entsprechenden französischen Produkte wurden in Reims in der Champagner-Kellerei Mumm vorgeführt.

Die „Nanteuilaner“ haben allen Grund stolz zu sein. Liegt ihr Dorf doch direkt an der Königs-Straße Nummer 2, die von Paris nach Flandern führte, also in nordöstlicher Richtung. Und zwar am Meilenstein 25. Dieser Meilenstein steht heute noch an der Hauptstraße des Dorfes und bezeugt die wechselvolle Geschichte des Landes, weil sowohl die Lilie des Königs als auch das N des Kaisers Napoleon herausgemeißelt wurde.

Führung durch dunkle Gewölbe unter dem einstigen Schloss

Am gründlichsten aber hat die Revolution gearbeitet. Sie hat das zweite Schloss Nanteuils dem Erdboden gleich gemacht. Das erste war im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer zerstört worden. Die besten, behauenen Steine finden sich in den Mauern der umliegenden Häuser wieder. Zu erwähnen ist auch, dass circa 60 Prozent dieser Häuser im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen bombardiert wurden.

Wichtig ist, dass sich ein kleiner Geschichtsverein in die alten Archive eingegraben hat, um letztlich erfolgreich den Keller unter dem Schloss auszugraben. Ein Lehrer führte die Altdorfer in die Geschichte des Ortes ein, führte die dunklen Gewölbe vor und steckte mit seiner Begeisterung an.

Die großartige Mediathek beeindruckt die Altdorfer

Wieder oben, im strahlenden Licht der Herbstsonne, dort, wo die Ruhebank platziert werden soll, die die Altdorfer als Gastgeschenk mitgebracht hatten, dort glänzt Monsieur Selliers Lieblingsprojekt – die Mediathek. Eine sehr großzügige Anlage, hieß es unisono, sehr fein ausgestattet und mit festangestellten Mitarbeitern.

Am nächsten Tag ging es zu einem zweiten Großprojekt, dem Neubau des Kindergartens und der Grundschule. Eingebettet im Park – ruhig, hell und freundlich, mit modernster Ausstattung – fanden die Altdorfer, dass die Region und das Département die Kommune kräftig unterstützt.

Beim Festabend kommen viele Erinnerungen hoch

Dass Liebe durch den Magen geht, bestätigte sich am Festabend: mit Speis und Trank, mit Stimmung und Musik im Gewand der frühen Siebziger. Das ließ Erinnerungen hochkommen: an vergangene Treffen, an die Weihnachtsmärkte, an Schüleraustausch-Aufenthalte, an viele private Verbindungen und Treffen über die Jahre.

Claude Godin hatte mit einem Mammut-Einsatz alte Fotos und Filme gesammelt, geordnet und präsentiert. Das brachte Erinnerungen an die Teilnehmer, die nicht mehr leben, die als Pioniere in diesem Projekt unterwegs waren. Im Kontrast dazu stand der elfjährige Anthony, der im Jugendgemeinderat sitzt und begeistert am Wochenende teilgenommen hat – bis zum späten Ende des Festabends. So entdecken die Partner immer wieder neue Seiten an sich.