Im Verlauf des Prozesses hat sich die Sach- und Rechtslage deutlich verändert. Der Fellbacher soll vier Jahre in Haft. Foto: dpa/Peter Steffen

Im Prozess wegen versuchten Mordes gegen einen 35-jährigen Fellbacher plädiert die Staatsanwaltschaft auf eine vierjährige Haftstrafe. Im Verlauf des Prozesses hat sich die Sach- und Rechtslage deutlich verändert.

Nach sechs Verhandlungstagen innerhalb eines knappen Monats und einer umfangreichen Beweisaufnahme hat sich die Sach- und Rechtslage im Prozess wegen versuchten Mordes gegen einen 35-jährigen Mann aus Fellbach deutlich geändert. In seinem Schlussplädoyer am Landgericht Stuttgart hielt Staatsanwalt Thomas Heuermann den Vorwurf des versuchten Mordes nicht mehr aufrecht und forderte nunmehr eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Haft. Verteidigerin Anja Rößler-Rudolph hielt eine Höchststrafe von drei Jahren für angemessen.

Den Tatablauf hält der Staatsanwalt für im Wesentlichen erwiesen

Den angeklagten Tatablauf hielt der Staatsanwalt jedoch für im Wesentlichen erwiesen: Demnach hatte der trinkgewohnte Angeklagte am Morgen des 9. Februar dieses Jahres einen Joint geraucht, ein Glas Wodka und einen Jägermeister getrunken und nach der Arbeit zusammen mit seinem Chef am Nachmittag weitere zwei bis drei Bier. Auf dem Rückweg von einem Lebensmitteldiscounter, wo er weitere zwei Flaschen Wodka gekauft hatte, sei er einem Bekannten begegnet, den er seit einigen Wochen kannte und bei dem regelmäßig Drogen konsumiert worden seien.

Mit diesem sei er in Streit geraten, weil er ihm vorgeworfen habe, er habe bei den Treffen Drogen und ein Handy mitgehen lassen. Zu Hause nach weiteren Wodka-Mixgetränken sei dem 35-Jährigen diese Ablehnung bitter aufgestoßen und er habe beschlossen, den Bekannten zur Rede zu stellen. Er habe seine Arbeitsjacke im Bewusstsein angezogen, in dieser auch ein Messer bei sich zu haben. Einen Kumpel, mit dem er zusammen getrunken hatte, habe er mitgenommen, um die Bedrohungslage zu verstärken.

Gegen 20.18 Uhr sei der Angeklagte in die Wohnung des Bekannten gestürmt und habe „seiner Aggression freien Lauf gelassen“. Er habe seinen Kontrahenten beleidigt und bedroht und dann das Messer in den Halsbereich gestoßen. „Der Angeklagte genoss die Show und kommentierte den Fluchtversuch seines Opfers mit den Worten ,Ich kriege dich sowieso‘“, führte der Staatsanwalt weiter aus. Den Tod seines Opfers habe er in Kauf genommen. Um zu zeigen, dass er weiterhin der Überlegene sei, habe er noch eine Flasche Doppelkorn und eine Tüte mit Amphetaminen mitgenommen.

Der verletzte Mann, der eine drei Zentimeter breite und neun Zentimeter tiefe Stichwunde erlitten hatte, rief den Notarzt und wurde noch in der Nacht im Krankenhaus versorgt, verließ dieses aber entgegen dem Rat der Ärzte wieder, um sich noch mit dem Angeklagten auszusprechen.

Die Halsschlagader wurde nur knapp verfehlt

„Der Stich war nicht lebensgefährlich, aber die Halsschlagader wurde nur knapp verfehlt“, erklärte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Der Mordvorwurf sei aber nicht zu halten, da der Angeklagte nach dem einen Stich von seinem Opfer abgelassen hatte. Der Mann habe bis heute Schmerzen, die Bewegungsfähigkeit seines Armes sei eingeschränkt.

„Der Angeklagte hatte nie die Absicht zu töten“, entgegnete Rechtsanwältin Anja Rößler-Rudolph in ihrem Schlussplädoyer. Er habe den Mann nur zur Rede stellen wollen, da er von ihm Pillen bekommen habe, die bei ihm Wahnvorstellungen ausgelöst hatten. Von der Verletzung sei nichts zu sehen gewesen. Die Folgen wären nicht so schlimm gewesen, wenn sich der Mann nicht selbst aus dem Krankenhaus entlassen hätte, um noch einmal mit dem Angeklagten zu reden. „Das zeigt im Übrigen auch, dass er keine Angst hatte und es keine Machtdemonstration war“, führte die Anwältin weiter aus. Zudem müsse das Geständnis des Angeklagten strafmildernd gewertet werden.

Anklage und Verteidigung zeigten sich einverstanden, dass der Angeklagte nach einer gewissen Zeit in Haft in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird, um dort eine Therapie zu machen. Das Urteil will das Gericht am 9. Oktober verkünden.