Zum Start in die Saison nehmen die Weil der Städter Narren wie gewohnt die Lokalpolitik ihrer Heimatkommune aufs Korn. Besonderer Störfaktor: Der Verkehr – und das betrifft nicht nur den Autoverkehr.
Wenn es bei der Weiler Narrenzunft politisch wird, dann geht es eigentlich meist ums Kommunale. Einen kleinen Seitenhieb auf das aktuelle Weltgeschehen hat man sich angesichts einer aufwühlenden Vorwoche bei der offiziellen Eröffnung der närrischen Zeit am 11. November dann aber doch nicht verkneifen wollen: Frank Gann, erster Vorsitzender der Narrenzunft Aha, fährt pünktlich um 11.11 Uhr den Wagen des Siebenerrats auf den Marktplatz, um sein Hals ein Schild mit der Aufschrift „We make s’Städtle great again“.
Der erste Hinweis, auf welches kommunalpolitische Thema sich Zunftmeister Daniel Kadasch in seiner Rede vor den Rathausarkaden stürzen wird, folgt sogleich. Ein rollender Blitzer ist Teil der kleinen Fasnetsprozession, es liegt also auf der Hand: Um den Verkehr wird es gehen. Die größten Vergehen der Stadtverwaltung in den Augen der Narren sind die diversen, neueingeführten Tempo-30-Zonen – und diese auch der Grund für die angebliche Verzögerung beim Parken des Siebenerratswagens. „Ewig hat’s gedauert, bis mir endlich auf dem Marktplatz laufet ei“, verkündet Kadasch.
Stillstand in der Keplerstadt
Lauscht man den Narren, steht diese Verzögerung wohl sinnbildlich für den „Stillstand“, der in der Stadt seit Wochen herrsche. „Und bisch a mole a bissle zschnell, steht glei a mobile Blitze und blitzt dich grell“, sagt Kadasch, dicht gefolgt von einer Spitze über den Blitzer, dessen Anschaffung für knapp 150 000 Euro der Gemeinderat vergangenes Jahr beschlossen hatte. Der Blitzer der Narrenzunft, so verspricht man, soll derweil nur jene blitzen, die „noch nicht genug schwanken“.
Ebenso ein Dorn im Auge ist dem Zunftmeister die für einen Verkehrsversuch bunt bemalte Jahnstraße. „Des Konzept blickt bloß koiner“, findet Kadasch. Und dann wäre da noch der „Schilderwald“, der an so mancher Stelle auf ein Tempo-30-Limit hinweisen soll, mitsamt komplizierter Sonderregelungen: Hier nur nachts, da nur für Lkw. „Koi Wunder, dass selbst der Tourist bleibt äba fort“, sagt Kadasch. Und verkündet gleich, dass man aus „geheimer Quelle“ wisse, dass die Stadt bald noch mehr Schilder einführen will.
In Zukunft auch noch Gras- und Sexverbot
Die Narrenzunft wäre nicht die Narrenzunft, wenn sie eben jene geplanten Schilder im Zuge der Transparenz nicht auch gleich mitgebracht hätte. Nummer Eins: Ein durchgestrichenes Cannabisblatt. „Verboten soll werden das Rauche von gmähtem Gras“, so der Zunftmeister. „Dann kannsch zumindest als Autofahrer wieder geben Gas.“ Schild Nummer Zwei: Sexverbot. Das sei, so verkündet es Kadasch, von Seiten der Verwaltung überhaupt nicht mehr erwünscht – weil man Kindergartenplätze und Schulen sparen will. „Drogen, Sex und Alkohol sind unsere schlimmsten Feinde wohl“, so Kadasch. „Doch in der Bibel steht geschrieben: Du sollst deine Feinde lieben!“
Und dann wäre da noch das Schild, das in den Augen der Narren die Lösung aller Probleme ist: Paragrafenverbot. „Des Schildle verbietet den Paragrafendschungel und ist unser Hit“, verspricht der Zunftmeister. „So machen wir die Wirtschaft im Städtle wieder fit!“
Das Hexle ist aufgeweckt
Die Verbesserungsvorschläge zum Stopfen des Weiler Geldbeutels kommt scheinbar auch in der Zuschauermenge gut an, denn die schunkelt und singt bei den musikalischen Beiträgen der Narrenkapelle kräftig mit – und schmettert schließlich auch ein kräftiges „AHA AHA AHA“ in Richtung des Wagens des Siebenerrats. Laut genug, um auch das kleine Hexle – dieses Mal verkörpert vom sechsjährigen Luis – zu wecken, das als Einleitung zur Fasnetssaison aus der bunt bemalten Kiste steigt und dem Publikum fleißig winkt. Dann haut die Kapelle noch einmal schwungvoll auf die Pauke – und schon hat die fünfte Jahreszeit begonnen.
Auf die kommende Saison blickt der Chef der Narrenzunft, Frank Gann, derweil positiv. „Wie immer“, sagt er. Für ihn heißt es die kommenden Wochen aber auch noch: Abwarten und Hoffen. Denn würden die Neuwahlen des Bundestags auf Anfang März und damit auf den Fasnetssonntag fallen, könnten die Wahlen dem großen Umzug der Narren einen Strich durch die Rechnung machen. Den Umzug zu verschieben, wäre laut Gann kompliziert, weil dann viele der aus anderen Ortschaften anreisenden Fasnetsgruppen wegen eigener Termine nicht nach Weil der Stadt kommen könnten. Bei aller Diskussion rund um die Terminfindung in Sachen Neuwahl bleibt der Chef der Narren aber positiv. „Wir können nur früh vorbereiten, was geht“, sagt er.