Katrin Göring-Eckardt MdB, Minister Manne Lucha, Petra Krebs MdL, RKH-Geschäftsführer Jörg Martin und Silke Gericke MdL (von links) im telemedizinischen Zentrum. Foto: Werner Kuhnle

Was sich an den RKH-Kliniken wie Ludwigsburg bewährt, wird auf ganz Baden-Württemberg ausgeweitet. Visionen beziehen gar Hausärzte, Reha-Kliniken, Pflegeheime und die Patienten zuhause mit ein.

Die Telemedizin wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen – da sind sich viele Experten im Gesundheitsbereich und in der Politik einig. An den RKH-Kliniken in der Region wird diese Form der Medizin bereits seit ein paar Jahren angewandt. Heißt: Von der Zentrale in Ludwigsburg aus kann eine Videoschalte in alle Krankenhäuser des RKH-Verbundes aufgebaut werden. Vor der Kamera in Ludwigsburg sitzt dann ein Experte, etwa ein Neurologe oder Mikrobiologe. Die andere Kamera kann vor Ort in jedes Patientenzimmer gerollt werden. Der Arzt vor Ort und der Spezialist in der Zentrale können sich dann direkt austauschen und die ultra-hochauflösende Kamera nutzen.

Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Bundestags, und Landes-Gesundheitsminister Manne Lucha, beide von den Grünen, machten sich am Dienstag in Ludwigsburg ein Bild davon. Sie verfolgten, wie die allwöchentliche Intensivvisite an einem Patienten in Mühlacker erfolgt. Jörg Martin, Geschäftsführer der RKH-Kliniken, betonte bei dem Besuch die vielen Vorzüge der Telemedizin: Patienten könnten wohnortnah bestmöglich durch einen Spezialisten versorgt werden, es brauche weniger Verlegungen, für die Patienten reduziere sich die Wartezeit. Durch die kürzeren Wege wären Besuche durch Angehörige einfacher machbar. Ein großer Punkt sei, dass Kosten reduziert werden könnten – die Erfahrung seit Start der Telemedizin etwa zeige, dass deutlich weniger Antibiotika verschrieben wird. Darüber hinaus könne der Personalmangel an Krankenhäusern besser bewältigt werden. „Und für die Patienten fühlt sich das wie ein Gewinn an, weil sie zusätzlichen Rat eines Experten erhalten“, sagt Jörg Martin.

Bis Jahresende entsteht ein großes Telemedizin-Netzwerk

Was sich laut dem RKH-Chef an seinen Kliniken bewährt, soll im nächsten Schritt auf Baden-Württemberg ausgeweitet werden. Das Land fördert daher die technische Ausstattung von zehn telemedizinischen Zentren (Universitäts- und Großkrankenhäuser) sowie 50 kleineren Kliniken. Diese Installation erfolgt aktuell. „Ende des Jahres werden wir das größte Telemedizin-Netzwerk in Deutschland, wenn nicht in Europa haben“, sagt Manne Lucha erfreut. Er ist überzeugt: Ab Ende 2023 seien alle Patienten in Intensivstationen dadurch optimal versorgt – wo auch immer sie liegen.

Der Austausch zwischen Ärzten bleibt vorerst aber nur verbundintern, also etwa innerhalb der RKH, möglich. Datenschutz-Vorgaben setzen hier Grenzen. Für die Zukunft ist eine baden-württembergweite Cloud angedacht, über die Kliniken sich auch über Verbundgrenzen hinaus austauschen können. Hier ist nun die Politik am Zug. Unter den Tisch fallen soll der Datenschutz dabei nicht, betont Göring-Eckardt: „Zustände wie in China wollen wir nicht.“

Datenschutz bleibt ein wichtiges Thema

Auch die Finanzierung der Telemedizin ist zu klären, etwa für den Fall, dass ein Klinikverbund auf diese Weise Expertise an einen anderen verkauft. Manne Lucha sieht den Handlungsbedarf in Sachen Finanzierung und Vergütung: Die nächsten Budgetverhandlungen müssten um diesen Bereich erweitert werden. „Mit der Ausstattung der Klinken wollten wir so lange aber nicht warten.“ Aktuell gehen die RKH-Kliniken bei der Nutzung der Telemedizin in Vorleistung, erklärt Jörg Martin. Auch die interne Cloud, die genutzt wird, ist in Ludwigsburg verankert. „An anderer Stelle könnte das sicherlich besser und sicherer gelöst werden“, sagt der IT-Verantwortliche Timo Baumann. Auch hier lässt der Datenschutz nichts anderes zu.

Eine Zukunftsvision, die Bettina Jungwirth, Ärztliche Direktorin am Universitätsklinikum Ulm, mit Kollegen anderer Kliniken erarbeitet hat und von der Politik wünscht, ist gar ein noch größeres Netzwerk – mit Hausärzten, Reha-Kliniken und den Patienten zuhause. Der Bereich Pflegeheim könnte künftig ebenfalls einmal eine Rolle spielen.